Gastronom aus Marienthal Björn Schaarschmidt wagt Neuanfang nach TV-Verriss von Rosin

MARIENTHAL · TV-Sternekoch Frank Rosin war im Frühjahr bei „Schaarschmidt an der Ahr“ zu Gast und fand eine "Küche des Grauens" vor. Björn Schaarschmidt erinnert sich an diese "regelrechte Hinrichtung" und wagt nach dem TV-Verriss nun einen Neuanfang.

Der 21. März war so etwas wie ein Wendepunkt im Leben des Björn Schaarschmidt: In den deutschen Wohnstuben flimmert „Restaurantretter“ Frank Rosin über die TV-Flachbildschirme. Der Sternekoch sollte vor den Augen der Fernsehzuschauer mal wieder aufräumen, nachdem den Küchenmeister aus Dorsten ein Hilferuf von der Ahr ereilt hatte. Für Björn Schaarschmidt, der zwischen Marienthal und Walporzheim ein Restaurant betreibt, kam die Ausstrahlung über den Privatsender Kabel eins seinerzeit einem Desaster gleich.

Schließlich hatte der Gourmet-, Kochtopf- und Pfannenfachmann aus dem Ruhrgebiet bei seinem Besuch an der Ahr eine „Küche des Grauens“ vorgefunden: Berge von dreckigem Geschirr, der endgültigen Verrottung ausgesetztes Obst und dem Verfall preisgegebenes gammeliges Gemüse. Damit ist nun Schluss – Küchenchef Schaarschmidt geht einen neuen Weg.

„Alle negativen Gedanken habe ich verbrannt. Mit der Vergangenheit habe ich abgeschlossen“, so der 43-jährige Koch, dem selbst Rosin milde bescheinigt hatte, zwar nichts auf die Kette zu bekommen, aber sehr wohl kochen zu können. Nach der für Schaarschmidt so verheerenden TV-Sendung sei der Gescholtene am Boden zerstört gewesen: „Vieles ist falsch dargestellt worden. Ich habe mich nur noch über mich selbst wahrgenommen. Wut und Verzweiflung hatten sich breitgemacht. Es war ja eine regelrechte Hinrichtung“, erinnert sich der Restaurantbesitzer, dessen Betriebsschieflage in etwa dem Neigungswinkel der Weinsteillage an der „Dernauer Schieferlay“ gleichkam.

"Reputation war von jetzt auf gleich weg"

In die Waage gebracht hat Rosin ihn freilich nicht. Im Gegenteil: „Selbst langjährige Stammkunden, ja selbst Menschen, die mich mögen, kamen nicht mehr. Meine Reputation war von jetzt auf gleich weg. Rosins Sendung hat die Realität äußerst verzerrt wiedergegeben“, erinnert sich Schaarschmidt, dessen Mutter eine preisgekrönte Köchin war und dessen Vater im Bad Godesberger Villenviertel sehr erfolgreich ein hochgelobtes Bistro betreibt.

Dort arbeitet Sohn Björn nun montags, dienstags und mittwochs. Donnerstag, Freitag und am Wochenende schwingt er in seinem eigenen Geschäft an der Ahr den Kochlöffel und lässt das Möhrenschälgerät über die Karotten sausen. Nach der verhängnisvollen Sendung, in der auch von hohen Schulden die Rede war, habe er den Schalter umgelegt, sagt Schaarschmidt. „Ich will das Haus zum Erfolg führen. Kochen kann ich ja“, so sein Credo. Ein Neuanfang musste her. Nun ist er gemacht: Statt Geflügel und Lamm, statt Forelle aus dem Smoker und Rippchen vom Grill gibt es nun Flammkuchen mit Munsterkäse, Tomaten-Erdnuss-Suppe, Linsen-Curry mit Paprika und Mangold, Käse mit Feigensenf.

Neues Restaurant mit neuer Zielgruppe

Schaarschmidts neue Zielgruppe sind Vegetarier und Veganer. „Das ist ein ganz anderes Publikum“, hat er festgestellt. Seit drei Wochen gibt es die neue Speisekarte, die gut angenommen werde. Die Gästestruktur habe sich verändert. Es seien nun mehr junge Leute, die in seinen inmitten von sattem Grün zwischen Ahr und den Hängen der Weinberge gelegenen Betrieb kämen. „Denen ist es egal, ob das Dach der Terrasse kaputt ist. Die wollen gute und natürliche Produkte. Und die bekommen sie bei mir“, verspricht Schaarschmidt.

Ruhe, Erholung und Wohlbefinden biete er neben seinen Speisen und Getränken. Der Gast wisse das zu schätzen. Aus den Großstädten rückten Veganer und Vegetarier an, um sich mit Möhren, Cocochips und Rucola verwöhnen zu lassen. Alles sei wieder im Fluss im Schaarschmidt-Leben, seit er sich nicht mehr in der „Mitleidsnummer“ befinde, unterstreicht der Koch. „Ich bin kein Chaot“, stellt er klar – auch wenn Frank Rosin ihn völlig anders dargestellt habe. „Ich bin Künstler und brauche meinen Freiraum, um mich entfalten zu können“, erklärt der im Aufwind befindliche Meister am Herd.

Weder Frank Rosin noch dessen Fernsehteam hätten sich je wieder bei Schaarschmidt gemeldet. Vom „Restaurantretter, der aufräumt“ habe er einfach nichts mehr gehört. Von seiner Bank schon. Aber auch hier seien alle Wogen, die durch die TV-Sendung entstanden seien, wieder geglättet. Zumal die angeblichen Schulden des Gastrobetriebes rund 90 Prozent geringer seien, als im Fernsehen behauptet.

Fernseher bleibt aus

Mit dem Kapitel „Rosin“ hat der Koch von der Ahr nach eigenen Angaben gänzlich abgeschlossen. Nicht nur, dass er sich die Sendungen des Schalke 04-VIP-Kochs nicht mehr anschaue, der Fernseher bleibe inzwischen rund um die Uhr aus. „Ich weiß, was die mit einem anrichten können“, so das Fazit des neuen Rohkostverfechters und Freundes fleischloser Gerichte.

„Im Fluss“ heißt sein altes-neues Restaurant. Schaarschmidt ist sich nun sicher, dass auch in seiner Zukunft alles im Fluss bleibt: „Daran und dafür arbeite ich.“

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