Betreiber: "Geschrei in der Region muss aufhören"

Für viele in der Region rund um den Nürburgring sind Kai Richter und Jörg Lindner ein rotes Tuch. Den beiden privaten Betreibern des Rings wird etwa der Vorwurf gemacht, sie würden etablierte Unternehmen ausschalten.

 "Derzeit macht man den Nürburgring zu schlecht", sagen die beiden privaten Betreiber, Jörg Lindner (links) und Kai Richter.

"Derzeit macht man den Nürburgring zu schlecht", sagen die beiden privaten Betreiber, Jörg Lindner (links) und Kai Richter.

Foto: Martin Gausmann

Nürburgring. Für viele in der Region rund um den Nürburgring sind Kai Richter und Jörg Lindner ein rotes Tuch. Den beiden privaten Betreibern des Rings wird etwa der Vorwurf gemacht, sie würden etablierte Unternehmen ausschalten. Mit Richter und Lindner sprachen Bernd Eyermann und Victor Francke.

General-Anzeiger: Stört es Sie, dass Ihr Image hier am Ring nicht besonders gut ist?

Kai Richter: Natürlich stört mich das. Damit muss ich leben. Wir müssen jetzt sehen, dass wir Erfolge produzieren und das, was wir versprochen haben, auch umsetzen. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter hinter uns stehen und unseren Kurs mittragen. Belegschaft und Betriebsrat haben uns dabei mit ihren Leserbriefen auch in der Öffentlichkeit sehr unterstützt.

GA: Die CDU wirft Ihnen vor, sie hätten öffentliche Gelder schamlos ausgenutzt, um private Gewinne zu erzielen - ohne erkennbaren Nutzen für den Ring.

Richter: Das kann man unter Wahlkampf abhaken. Niemand dieser Vertreter, die das über mich behaupten, hat jemals das Gespräch mit mir gesucht und kann das in irgendeiner Weise belegen.

GA: Aber es trifft Sie doch sicher, wenn es heißt, Sie seien am Nürburgring untragbar?

Richter: Das lässt mich auch nicht kalt. Aber grundsätzlich interessiert mich hier nur der Erfolg meines Unternehmens. Wir haben hier die Aufgabe zu bewältigen, den Nürburgring auf gesunde Beine zu stellen, damit wir die knapp 400 Mitarbeiter entlohnen können. Dann müssen wir eine Pacht an den Besitzer, das Land Rheinland-Pfalz, bezahlen und dann sollte für uns auch noch etwas übrig bleiben.

GA: Sie haben angekündigt, umbauen zu wollen. Was wird sich denn ändern?

Richter: Beim Ringwerk wird sich nichts ändern. Im Gegenteil: Ab Juni soll der Ringracer fahren. Das Event Center und die Ringarena mit ihren 3500 bis 4200 Sitzplätzen dagegen sind nicht wirtschaftlich zu betreiben. Bei Veranstaltungen mit erstklassigen Künstlern müssten wir zum Beispiel sehr hohe Ticketpreise nehmen. Die würde dann aber keiner bezahlen. Bei zweitklassigen Künstlern würden zu wenige Besucher kommen. Da sind konzeptionelle Fehler gemacht worden, weil man nicht wusste, wie man diese Orte nutzen könnte.

GA: Was setzen Sie dagegen?

Richter: Wir haben ein innovatives Konzept entwickelt, mit dem wir dauerhaft Einnahmen generieren.

GA: Das wie aussieht?

Jörg Lindner: Wir werden wahrscheinlich Boulevard, Ringarena und Event Center als einen Raum sehen und einheitlich nutzen.

GA: Sind da neue Investitionen erforderlich?

Lindner: Ja.

GA: Reichen die sieben Millionen Euro aus, die das Land noch für Umbauten einkalkuliert hat?

Lindner: Jetzt Zahlen zu nennen, wäre unseriös. Wir müssen uns erst über das bauliche und betriebliche Konzept einigen, dann können wir kalkulieren.

GA: Aber der Steuerzahler müsste zwei Jahre nach der Eröffnung schon wieder tief in die Tasche greifen.

Lindner: In der Hotellerie haben wir das oft, dass wir ein oder zwei Jahre nach der Eröffnung umbauen, weil wir merken, dieser oder jener Bereich funktioniert nicht. Das sind Dinge, die muss man gar nicht skandalisieren.

GA: Die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner hat im Wahlkampf gefordert, den Ring dem Motorsport zurückzugeben.

Richter: Das ist doch nur eine Floskel.

GA: Aber sie wollte damit den hohen Stellenwert des Motorsports für den Ring deutlich machen.

Lindner: Ob in Silverstone, Monza, Hockenheim oder hier, überall ist der Motorsport defizitär. Die Besucherzahlen sind rückläufig. Also hat man sich hier richtigerweise überlegt, das Umfeld attraktiver zu machen. Deshalb war es richtig, diese Gebäude zu errichten. Hätte man es besser machen können? Ja.

GA: Lässt sich denn der Motorsport von dem Rest trennen?

Richter: Nein. Niemand, der sich nicht intensiv mit dem Nürburgring und den verschiedenen Veranstaltungsformaten beschäftigt hat, versteht, welche Abhängigkeiten zwischen dem Motorsport und den verbundenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bestehen.

GA: Zum Beispiel?

Richter: Nehmen Sie die Formel 1. Die Rennstrecke ist zehn Tage belegt. Ich muss dem Veranstalter aber in dieser Zeit auch Logen und Flächen auf dem Boulevard zur Verfügung stellen. Die kann ich in dieser Zeit nicht anders, nicht besser vermarkten.

GA: Ihre Kritiker machen dagegen die Rechnung auf, dass mit dem Motorsport Verluste in anderen Bereichen ausgeglichen werden.

Lindner: Das stimmt nicht. Der Motorsport funktioniert für sich alleine eben nicht. Das blenden die Kritiker aus.

GA: Woran machen Sie das fest?

Richter: Wir haben die einzelnen Rennen betriebswirtschaftlich hinterfragt und eine Deckungsbeitragsrechnung gemacht. Dabei haben wir gesehen, dass die Preise für die Vermietung der Rennstrecke stabil geblieben sind, die gestiegenen Belastungen aber vom Nürburgring getragen werden mussten. Etwa im Umweltbereich oder beim Schallschutz. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir die Kosten wieder auffangen können, ohne den Motorsport viel teurer zu machen.

GA: Warum erzählen Sie das nicht so oder so ähnlich Ihren Kritikern?

Lindner: Wir haben sie ja eingeladen, es ist bisher aber niemand gekommen. Wir hoffen, dass es jetzt, wo der Druck des Wahlkampfes mal weg ist, zu einem Gespräch mit Frau Klöckner und den anderen Kritikern kommt.

GA: Was erwarten Sie von einer Beteiligung der Grünen und ihrer Spitzenkandidatin Eveline Lemke an der künftigen Landesregierung?

Lindner: Wir freuen uns auf ein konstruktives Gespräch mit Frau Lemke, wo wir ihr die Fakten darlegen können.

GA: Im Wahlkampf war die Rede davon, dass die Verträge verändert werden müssten.

Lindner: Wir haben hier einen Pachtvertrag, der über 20 Jahre plus zwei Mal fünf Jahre Verlängerungsoption läuft. Das ist ein handelsrechtlich wirksamer Vertrag. Es gibt keine Veränderungsklausel für den Fall, dass sich die politische Konstellation verändert.

GA: Werden Sie die Pacht auf Dauer zahlen können?

Richter: Davon gehen wir aus. Dauerhaft wird entscheidend sein, wie wir die angesprochenen Gebäudeteile einer Umnutzung zuführen können.

GA: Sie betonen immer wieder, dass Sie ein Teil der Region sind. Warum?

Lindner: Die Region sitzt hier in einem Boot. Auf unserer Internet-Seite bieten wir aktiv andere Hotels und das touristische Programm der Eifel mit an. Das Geschrei hier in der Region muss aufhören. Wir nehmen Kritik an und versuchen, die konstruktiv umzusetzen. Wir sind jetzt ein Jahr im Geschäft. Dass nicht von Anfang an alles laufen kann, ist doch klar. Wir sind aber sicher, dass es langfristig für die Region ein wichtiger Schritt ist.

GA: Und trotzdem haben viele etablierte Unternehmen in der Region immer noch den Eindruck, sie würden herausgedrängt.

Richter: Das sind drei oder vier wirtschaftlich Interessierte, die ihr gesamtes unternehmerisches Engagement auf der Basis Nürburgring aufgebaut haben. Wenn man sich die mal genau anschaut, sind die schnell entzaubert.

GA: Wie meinen Sie das?

Richter: Die Scuderia Hanseat hat die Strecke für ihre Sportfahrerlehrgänge früher für den Bruchteil des Preises gemietet, für den sie ihn weiter vermarktet hat. Die hatten hier rund 250 Teilnehmer a 2 900 Euro an zwei Tagen und erwirtschafteten damit über 700 000 Euro. Davon hat der Nürburgring etwa 40 000 Euro bekommen. Die Scuderia Hanseat war nicht bereit dazu, den Nürburgring entsprechen partizipieren zu lassen, also hat der Ring ihr den Streckentermin nicht gegeben. Jetzt machen wir uns Gedanken darum, wie diese Motorsportinteressierten die gleiche oder eine bessere Leistung erhalten können, zu einem angemessenen Preis. Wir machen dadurch den Motorsport nicht unmöglich, sondern machen ihn wirtschaftlicher und sichern ihn für die Zukunft.

GA: Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, hier am Nürburgring einzusteigen?

Richter: Wir sehen die großen Potenziale. Derzeit macht man den Nürburgring zu schlecht. Wir versuchen vieles gemeinsam, haben kleinere und größere Erfolge und den unternehmerischen und sportlichen Ehrgeiz zu zeigen, dass wir Recht behalten haben, dass wir das richtig gemacht haben.

GA: Sie wollen es den Kritikern zeigen.

Richter: Man hat ja vom ersten Tag an versucht, uns zu bekämpfen. Man hat Angst gehabt vor einem großen Betreiber, der hier alles platt macht. Wir haben hier selbst 35 Millionen Euro investiert ohne Steuermittel. Das erste Vier-Sterne-Hotel und die 100 Personalwohnungen in Adenau habe ich komplett mit meinen zwei Partnern mit Hilfe von Eigenkapital und Fremdkapital einer ausländischen Bank finanziert. Und vieles wie der Ferienpark funktioniert auch schon.

GA: Zurück zur Formel 1. Der Vertrag läuft aus. Wird es das Rennen auch in zwei Jahren noch auf dem Nürburgring geben?

Richter: Wir wünschen uns das. Wir sind in Verhandlungen mit Bernie Ecclestone. Aber eins muss klar sein: Ecclestone will an der Formel 1 verdienen. Das ist überall in der Welt so. Ob und was das Land dafür bereit ist zu zahlen, das wird sich in den Koalitionsverhandlungen zeigen.

GA: Welche Bedeutung hat die Formel 1 für die Eifel?

Lindner: Zwei Wochen lang sind die Betten der gesamten Region voll. Wer jetzt also die Formel 1 in Frage stellt, stellt auch die Einnahmen der Region in Frage. Der Nürburgring selbst kommt auch ohne die Formel 1 aus, die Frage ist nur, ob die Region auf diese Wertschöpfung verzichten kann. Wir glauben nicht.

Zur PersonKai Richter, Absolvent der Betriebswirtschaftlichen Fachschule Calw, der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft und später Prokurist eines Bauträgerunternehmens und Diplom-Kaufmann Jörg Lindner sind seit einem Jahr Betreiber des Nürburgrings. Lindner entstammt der gleichnamigen Hoteliers-Familie. Richter arbeitete für die Dorint-Unternehmensgruppe auf Mallorca, wo er an der Entwicklung eines Golfresorts mitwirkte. Danach gründete er in Köln und auf der Mittelmeerinsel sein erstes Unternehmen, das sich mit der Vermarktung von Ferienimmobilien beschäftigte. Die Lindner Unternehmensgruppe wurde 1959 gegründet und wird in zweiter Generation von der Familie geführt. Zum Immobiliendienstleister gehört auch das Unternehmen "Lindner Hotels & Resorts". Jörg Lindner steht mit Richter in der Nürburgring-Betriebsgesellschaft in der Gesamtverantwortung.

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