Volksbank Rhein-Ahr-Eifel Aus der Not heraus geboren

KREIS AHRWEILER · Was einer nicht vermag, vermögen viele. Dies ist so etwas wie ein Leitmotiv der Genossenschaften, die es an Rhein und Ahr seit vielen Jahrzehnten beispielsweise im Weinbau und Weinvertrieb gibt. Auf einem anderen Gebiet sind die Genossenschaften genauso erfolgreich: Im Bankgeschäft. Vor 150 Jahren wurde die heutige Volksbank Rhein-Ahr-Eifel gegründet.

Die Schalterhalle der Volksbank in Bad Neuenahr Anfang der 60er Jahre.

Die Schalterhalle der Volksbank in Bad Neuenahr Anfang der 60er Jahre.

Foto: Volksbank

„Die Bäume mit tiefen Wurzeln sind die, die hoch wachsen“, heißt es. Bei der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel ist diese tiefe Verwurzelung in der Region gegeben. Nun wird die Bank 150 Jahre alt. Schaut man auf die bescheidenen Umstände zurück, unter denen das Kreditinstitut 1866 in Antweiler aus der Not heraus entstanden ist, kann man feststellen, dass aus der damaligen kleinen Pflanze ein großer Baum mit stabilen Ästen geworden ist.

Das Leben der ländlichen Bevölkerung in der Eifel war Anfang des 19. Jahrhunderts von Armut, Hunger und Elend geprägt. Der Revolutionskrieg hatte den Landstrich nicht verschont. Der Lohn reichte kaum fürs Brot. Das Wenige, das von den kargen Ernten blieb, plündern die durchziehenden französischen Truppen.

Im Westerwaldörtchen Weyerbusch war die Situation ähnlich, denn in den Jahren 1846/47 stiegen die Getreidepreise infolge von Missernten in ganz Deutschland stark an. Dort aber gab es einen Bürgermeister, dessen Namen auch heute noch jedem geläufig ist: Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Er initiierte eine wegweisende Hilfsaktion. Aus staatlichen Beständen wurde der verarmten Bevölkerung Mehl zur Verfügung gestellt, ursprünglich mit der Auflage, dass das Mehl gegen Bezahlung abzugeben sei. Eine Anweisung, die Raiffeisen umging, indem er die wohlhabenderen Bürger im „Weyerbuscher Brodverein“ zusammenschloss. Die Vermögenden zahlten in einen gemeinsamen Fonds ein, lösten die Mehllieferung bei Vater Staat aus und kauften zusätzliches Brotgetreide und Kartoffeln.

„Raiffeisen ließ ein Backhaus einrichten, in dem das Mehl zu Brot verarbeitet wurde, das Bedürftige nun zur Hälfte des Marktwertes erwerben konnten. Barzahlen mussten nur die, die es sich leisten konnten. Die ärmeren Bürger konnten Brot gegen Schuldscheine erwerben, die in besseren Zeiten samt Zinsen zurückgezahlt wurden“, steht in der Festschrift geschrieben, die nun von der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel vorgelegt wurde.

Während Raiffeisen im Westerwald die landwirtschaftliche Bevölkerung nach Kräften unterstützte, kämpfte Hermann Schulze-Delitzsch andernorts für die Verbesserung der schlechten wirtschaftlichen Lage der Handwerker. Die kleinen Gewerbetreibenden waren auf private Darlehensgeber angewiesen, die jedoch meist wucherische Zinssätze verlangten.

1849 rief Schulze-Delitzsch zwei Einkaufsgenossenschaften für Tischler und Schuhmacher ins Leben. Im nächsten Schritt übertrug er diese Idee auf den Bankenbereich. Die Genossenschaftsmitglieder sollten die Möglichkeit haben, aus ihren eingezahlten Beiträgen Kredite zu günstigen Zinskonditionen zu nehmen.

Raiffeisen gründete indes 1849 den „Flammersfelder Hülfsverein“ und sammelt systematisch alle auf dem Land verfügbaren Geldbeträge, um damit Wucherkredite abzulösen und dem „kleinen Mann“ die Chance zu bieten, Kredite zu fairen Bedingungen aufzunehmen. Das Geld, das für die Kredite zur Verfügung gestellt wurde, musste der Verein selbst aufnehmen, die Mitglieder hafteten dafür solidarisch mit ihrem gesamten Vermögen. „Nach den Prinzipien der Solidarität, Demokratie und der Hilfe zur Selbsthilfe gründete er im Jahr 1864 den Heddesdorfer Darlehnskassenverein, der als erste ländliche Kreditgenossenschaft und als Vorläufer heutiger Genossenschaftsbanken gilt“, hält die Voba-Festschrift fest.

Auch in Antweiler folgten Taten: 1866 fanden sich 49 Pioniere zusammen und gründeten den „Darlehnskassenverein für die Bürgermeisterei Antweiler“. Der Vorläufer der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel war geboren.

Die Arbeit der Genossenschaft war so erfolgreich, dass man schon drei Jahre später beschloss, auch das Spargeschäft aufzunehmen. Das Genossenschaftsmodell zog weitere Kreise: In Andernach und Burgbrohl erfolgten die nächsten Gründungen von Genossenschaftsbanken.

In den 34 Jahren nach der Pioniergründung in Antweiler wurden im heutigen Geschäftsgebiet der Jubiläums-Bank bis 1900 bereits 37 von den insgesamt 72 Vorgängerinstituten der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel gegründet.

Nach den zwei Weltkriegen, in denen die Bankgeschäfte zum Teil in Notbetrieben fortgeführt wurden, ging es dank des Wirtschaftswunders steil aufwärts. Die Geschäfte der Banken boomten, die Kreditnachfrage war groß, Zweigstellen wurden eingerichtet.

Mit dem Vertrag von Maastricht Anfang der 90er Jahre rückte die Bankenwelt enger zusammen. Das Zeitalter der Fusionen begann. Die Volksbanken der Region schlossen sich zu zwei größeren Einheiten zusammen: zur Volksbank Vul-kaneifel und zur Volksbank Rhein-Ahr. Gemeinsam brachten es die beiden Häuser zur Jahrtausendwende auf 48 667 Mitglieder. Im Jahre 2000 verschmolzen die beiden Genossenschaftsbanken.

Was 1866 in Antweiler mit 49 Gründungsmitgliedern – zu denen auch eine Frau zählte – begann, ist zu Beginn des Jahres 2016 mit über 85 000 Mitgliedern eine der mitgliederstärksten Interessenvertretungen in Rheinland-Pfalz geworden.

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