Anklage gegen Gefangene im Rheinbacher Knast

Was zwei Gefangene im Rheinbacher Gefängnis ihrem Zellengenossen angetan haben sollen, ähnelt im Ansatz erschreckend dem Foltermord-Fall von Siegburg.

Rheinbach/Bonn. Was zwei Gefangene im Rheinbacher Gefängnis ihrem Zellengenossen angetan haben sollen, ähnelt im Ansatz erschreckend dem Foltermord-Fall von Siegburg: Die beiden 26 und 27 Jahre alten Männer sollen den 28-jährigen Mithäftling 2009 wochenlang malträtiert, gedemütigt und erniedrigt und sexuell misshandelt haben.

Doch der zuständige Dezernent der Bonner Staatsanwaltschaft erhob lediglich Anklage wegen Nötigung und gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen - und klagte den Fall zum Rheinbacher Strafrichter an.

Meinung Lesen Sie dazu auch " Falsche Flagge"Eine rechtliche Wertung, die nun in Justizkreisen auf Unverständnis stößt, denn ein Strafrichter hat nur eine Strafgewalt bis zu zwei Jahren Haft. Das aber, so Bonner Strafrechtsexperten reiche angesichts dessen, was passiert sein soll, nicht aus. Vor allem, wenn man die Vorstrafen der beiden Männer berücksichtige.

Ende April begann laut Anklage das Martyrium des 28-jährigen Häftlings, der wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz hinter Gittern gelandet war. Er lag zusammen mit den beiden Angeklagten auf einer Drei-Mann-Zelle und war ihnen laut Anklage hilflos ausgeliefert. Und so sollen die beiden den 28-Jährigen unter Androhung von Schlägen gezwungen haben, Urin zu trinken und Exkremente zu essen.

Eine Art von Quälerei und Erniedrigung, wie sie auch die drei Täter von Siegburg bei ihrem Opfer angewandt hatten. In Todesangst soll auch der Rheinbacher Häftling getan haben, was von ihm verlangt wurde.

Das aber war laut Anklage noch längst nicht alles: Da die beiden Angeklagten verbotenerweise ein Handy auf der Zelle gehabt haben sollen, zwangen sie den 28-Jährigen laut Anklage mehrfach, sich das Gerät in den After zu stecken, wenn Zellenkontrollen drohten. Aus Angst vor Misshandlung soll der ihnen gehorcht haben.

Und überdies sollen sie etwas getan haben, was auch die Täter im Siegburger Gefängnis ihrem Opfer antaten: Der 26-Jährige hielt den Mitgefangenen laut Anklage fest, damit ihm der ältere die Hose herunterziehen und einen Besenstil in den Körper stoßen konnte. Das Bonner Jugendschwurgericht hatte ein ähnliches Vorgehen im Foltermord-Prozess als Vergewaltigung in besonders schwerem Fall gewertet.

Doch der Staatsanwalt in diesem Fall verneint die sexuelle Komponente dieser Tat und klagte die mutmaßlichen Täter dementsprechend nicht wegen Vergewaltigung an, was mit Haft bis zu 15 Jahren geahndet werden kann. Am 5. Juni 2009 wagte es der 28-Jährige laut Anklage endlich, sich zu wehren, und zeigte seine beiden mutmaßlichen Peiniger an. GA-Informationen zufolge sollen zu dem Zeitpunkt Hämatome an seinem Körper darauf hingedeutet haben, dass ihm nicht nur mit Prügel gedroht worden war.

Nach GA-Informationen sind beide Angeklagten seit langem justizbekannt - und wegen Gewaltdelikten verurteilt: So musste der aus Bonn stammende 27-Jährige insgesamt drei Jahre und neun Monate Haft absitzen und war zuletzt wegen Raubes verurteilt worden, der 26-jährige Sankt Augustiner war schon als Jugendlicher straffällig geworden, zuletzt ebenfalls wegen eines Raubdeliktes verurteilt worden und hat zurzeit noch einige Monate hinter Gittern vor sich.

Er wurde inzwischen ins Gefängnis nach Aachen verlegt, und auch das mutmaßliche Opfer sitzt nicht mehr in Rheinbach. Der Strafrichter muss nun entscheiden, ob er den Fall tatsächlich verhandelt oder doch lieber überprüfen lässt, ob er nicht vor ein Bonner Gericht mit einer höheren Strafgewalt gehört.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort