Am Mittwoch bleiben die Arztpraxen zu

Niedergelassene Mediziner im Kreis Neuwied protestieren gegen die Sparpolitik

Kreis Neuwied. (cla) Wer am Mittwoch einen niedergelassenen Arzt aufsuchen will, bleibt vor verschlossenen Türen stehen: In Unkel, Linz und Bad Hönnigen haben sich etwa 60 Ärzte und Psychotherapeuten ihren Kollegen aus der ganzen Bundesrepublik angeschlossen und halten die Türen ihren Praxen ab sofort mittwochs geschlossen. Nur lange im Voraus vereinbarte Termine können wahrgenommen werden, für "Spontan"-Besuche beim Hausarzt oder Spezialisten müssen sich die Einwohner des Kreises einen anderen Tag der Woche aussuchen.

"Natürlich ist die Notfallversorgung der Patienten gesichert. Die Belegschaften der Krankenhäuser sind an diesem Streik nicht beteiligt, es geht hier ausschließlich um die Sparpolitik gegenüber den niedergelassenen Ärzten", beruhigt der Linzer Internist Karsten Lenz. "Aber mittwochs werden von uns bis Weihnachten keine Routineuntersuchungen mehr durchgeführt", bekräftigt er.

Gleichwohl äußert Lenz zufrieden, dass nach dem ersten großen Ärztestreik im November in Köln die Kollegen aus dem Neuwieder Kreis bei einem Treffen am 1. Dezember sofort bereit waren, ebenso Flagge zu zeigen wie viele Mediziner bundesweit. "Die Ärzte aus dem Westerwaldkreis und Altenkirchen haben schon in der vergangenen Woche am Mittwoch zugemacht. Es ist wirklich Zeit, dass auch wir demonstrieren, dass wir die Einbußen bei der Abrechnung mit den Kassen nicht mehr hinnehmen können", so Lenz.

Der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, kritisierte beim "nationalen Protesttag" in Köln, dass die Honorare der rund 133 000 Kassenärzte in den vergangenen Jahren deutlich gesunken seien und Praxisschließungen und Entlassungen drohten. "Bei vollen Praxen und vollen Terminkalendern schlittern viele Ärzte in die Insolvenz", erläuterte er.

Seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform seien bereits mehr als 100 000 Arbeitsplätze in Praxen vernichtet worden. "Für eine zehnminütige Beratung und Untersuchung erhält ein Arzt heute bei einem Drittel der Patienten nur noch 75 Cent als endgültiges Honorar. Das ist einfach nicht nachvollziehbar und kann nicht funktionieren", ärgert sich der Internist aus Linz.

Dass den Ärzten nun endgültig der Kragen platzte, ist seiner Aussage nach auch auf eine Bemerkung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zurückzuführen, die Liquidationen bei Privatpatienten zu reduzieren. Dies würde, ist sich Lenz sicher, für einen Großteil der Ärzte die Insolvenz bedeuten.

Stephan Adam, Chefarzt am Linzer Krankenhaus, ist sich sicher, dass am Mittwoch mehr Menschen als sonst den Weg in die Notaufnahme finden werden, um sich behandeln zu lassen. Mit mehr Personal kann er gleichwohl nicht aufwarten: "Die ambulanten Patienten werden sich auf längere Wartezeiten einrichten müssen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Steiniger Weg
Kommentar zur digitalen Patientenakte Steiniger Weg
Aus dem Ressort