Alles echt - bis auf den Kanzler Adenauer

Am Originalschauplatz in Rhöndorf wird ein Dokudrama über Konrad Adenauer gedreht. Vor der Originalkulisse zu drehen, das war schon etwas Besonderes für die Filmleute. Und anstrengend.

Bad Honnef-Rhöndorf. "Gab's damals sonntags Brötchen?" Regisseur Stefan Schneider schaute skeptisch auf den Frühstückstisch von Konrad Adenauer. Ausstatter Volker Tobian hatte sie extra noch im Café Profittlich besorgt. "Zu Adenauer passt ohnehin eher Brot", meinte Schneider.

Also musste einer von der Crew schnell zum Bäcker. Es wurde umdekoriert für Adenauers Frühstück am Sonntag, 13. August 1961. Und Hauptdarsteller Joachim Bißmeier schlüpfte aus dem dreiteiligen Anzug in den Schlafanzug. Die Bettszene wurde vorgezogen. Im Wohnhaus des ersten Bundeskanzlers filmte am Montag das Filmteam "Gruppe 5" für das Fernseh-Dokudrama "Konrad Adenauer" einige Sequenzen.

Das Dokudrama Ende des Jahres soll das 90-minütige Fernseh-Dokudrama der "Gruppe 5" fertig sein. Wahrscheinlich wird der Film, der im Auftrag der ARD entsteht, im Sommer 2012 ausgestrahlt. Adenauers Frau Gussie wird von Karolina Vera gespielt, Rudolf Augstein von Johannes Zirner, Franz-Josef Strauß von Bernhard Ulrich. Fünf Drehtage waren für Rhöndorf angesetzt. Gefilmt wurde auch im Palais Schaumburg und im Gerling-Quartier in Köln. Für den Originalschauplatz Rhöndorf gab der Stiftungsvorstand grünes Licht. "Wir sind von der Stiftung ganz toll unterstützt worden", betont Stefan Schneider. "Wir haben natürlich durchdacht, ob das Filmen mit der Würde des Hauses vereinbar ist", so Stiftungs-Geschäftsführerin Corinna Franz. "Es war eine wunderbare Zusammenarbeit."Auch die Szene im Schlafzimmer, mit der dieser Streifen beginnen wird: Das Telefon klingelt. Haushälterin Resi Schlief hebt ab und weckt den Alten. Kanzleramtschef Hans Globke am anderen Ende der Leitung teilt mit: "In Berlin ist der Teufel los." Die Sektorengrenze wurde abgeriegelt.

Vor der Originalkulisse zu drehen, das war schon etwas Besonderes für die Filmleute. Und anstrengend. Schließlich musste die Ausrüstung die vielen Treppen zu Adenauers Wohnhaus hochgeschleppt werden. Im Speisezimmer war der Tisch mit Adenauers Geschirr gedeckt, das normalerweise im Archiv der Stiftung aufbewahrt wird.

Weiße Kanne, Tasse und Teller mit gold-blauem Rand. Butterdose und Marmelade standen bereit. Im Vergleich dazu viel aufwendiger war die Kulisse für die Rhöndorfer Konferenz 1949, bei der Adenauer seine Kanzlerschaft klar machte. Da mussten zunächst die Präsente aus den Räumen verschwinden, die Adenauer ja erst zu Kanzlerzeiten erhielt.

Für die opulente Bewirtung der Gäste, die der schlaue Fuchs von seinen Plänen überzeugen wollte, wurde bei Peter Profittlich eine Buttercremetorte bestellt. Neues Obst füllte Volker Tobian in alte Weckgläser. Weinflaschen wurden mit Etiketten von damals versehen. Franz-Josef Strauß schwärmte noch in seinen Memoiren von den Köstlichkeiten aus Küche und Keller.

Auch Szenen mit Spiegel-Chef Rudolf Augstein wurden in Rhöndorf aufgenommen. Da zeigt Adenauer dem Zeitungsmann seine Erfindung, die Gartenharke mit Klopfer. Wie hat sich Joachim Bißmeier der Figur Adenauer genähert? "Ich habe Biografien über ihn gelesen, ich habe mir Filmmaterial angesehen, um typische Eigenarten auf mich wirken zu lassen", so der Schauspieler, der sich bisher vor allem als starker Theatermann verdient machte und zunächst ein wenig skeptisch war, als ihm die Rolle angetragen wurde.

Nach Lesen des Drehbuchs von Werner Biermann und einem Telefonat mit dem Regisseur willigte er ein. "Ich bin ja mit Adenauer aufgewachsen", sagte Bißmeier, 1936 in Bonn geboren.

Erstmals hörte der Schauspieler als Zehnjähriger den Namen Adenauer, als sein Großvater nach einem Vortrag im Radio schwärmte: "Das ist der Mann, den wir jetzt brauchen." Als die Wiederbewaffnung anstand, rieb sich Adenauers Darsteller allerdings am Original. "Ich wollte nicht zur Bundeswehr und war dann auch um sechs Wochen zu alt."

Aber die schnelle Anerkennung Deutschlands bei den ehemaligen Kriegsgegnern, der wirtschaftliche Aufstieg: "Das war ja ein unglaublicher Erfolg. Ich sehe Adenauer jetzt sehr viel differenzierter, ich schätze seine Leistung viel höher ein." Auch Regisseur Schneider erlangte ein verändertes Adenauer-Bild durch die Beschäftigung mit der Hauptperson dieses Dokudramas, der durch Archivmaterial und durch Gespräche mit Zeitzeugen ergänzt wird. "Schlagworte und falsche, kolportierte Klischees kannte ich. Aber Adenauer ist eine beeindruckende Persönlichkeit."

Der Film wird die Berg- und Talfahrt des berühmten Rhöndorfers dokumentieren, mit dem Hauptaugenmerk auf die Zeit zwischen 1933 und 1961.

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