Ratssitzung in Rheinland-Pfalz Sinzigs Bürgermeister ist verärgert über abgesagte virtuelle Ratssitzung

Sinzig · In Sinzig sollte die erste Online-Ratssitzung in Rheinland-Pfalz an diesem Donnerstag für ein Novum sorgen. Doch jetzt musste die Stadtverwaltung die Videokonferenz abblasen. Das Land hat das Gesetz zu den virtuellen Sitzungen noch nicht hinreichend bekanntgemacht.

 Vorerst bleibt es bei Präsenzsitzungen. In Sinzig sollte am Donnerstag eigentlich die erste Online-Ratssitzung stattfinden.

Vorerst bleibt es bei Präsenzsitzungen. In Sinzig sollte am Donnerstag eigentlich die erste Online-Ratssitzung stattfinden.

Foto: Martin Gausmann

Der rheinland-pfälzische Landtag hatte den Weg eigentlich frei gemacht, die Stadt Sinzig wollte ihn als erste Stadt im Land auch beschreiten: Erstmalig sollte eine Ratssitzung nicht im Rathaus, sondern in der virtuellen Welt stattfinden. Eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnung macht dies möglich. Allerdings muss das am 27. Mai vom Landtag beschlossenen Gesetz noch im Gesetz- und Verordnungsblatt abgedruckt und offiziell verkündet sein, um seine Wirkungskraft zu erhalten. Das war bis Mittwoch nicht geschehen. Sinzigs Bürgermeister Andreas Geron musste am Nachmittag den Rückwärtsgang einlegen: enttäuscht und verärgert.

Zwar hatte der Landtag vor einer Woche die Änderung der Gemeindeordnung für Videositzungen beschlossen. Die Bekanntmachung des Gesetzes blieb jedoch aus, sodass die Rechtsgrundlage zur Durchführung der Sitzung in Form einer Videokonferenz trotz Gesetzesänderung weiterhin fehlt. Geron: „Ich bedaure dies sehr. Wir haben alle Vorarbeiten geleistet. Die Kommunalaufsicht hat der Durchführung der Sitzung als Videokonferenz für den Fall des Inkrafttretens des Gesetzes bereits zugestimmt. Über zwei Drittel der Ratsmitglieder haben sich im Vorfeld für eine Videositzung ausgesprochen. Das bedeutet, wir waren bereit für eine Ratssitzung im neuen Format. Nun müssen wir doch eine Präsenzsitzung durchführen.“

Viele Ratsmitglieder gehören zur Risikogruppe

Gerade vor dem Hintergrund, dass einige Ratsmitglieder zur Risikogruppe für eine Infektion mit dem Coronavirus zählen, hätte Geron sich eine Videositzung gewünscht, zumal wichtige Punkte wie der Nachtragshaushalt behandelt werden sollen. Geron: „Mir ist es unverständlich, dass ein Beschluss des Landtages, der die kommunale Arbeit erheblich vereinfacht, nicht umgehend bekanntgemacht wird. In anderen Bundesländern sind pandemiebedingte Änderungen der Gemeindeordnung längst in Kraft.“

Die nun flott einberufene Präsenzsitzung wird unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln in der Neuen Schulmensa am Dreifaltigkeitsweg stattfinden. Aber: Für Zuhörer steht nur eine begrenzte Kapazität an Plätzen zur Verfügung, teilte Geron mit.

Zuschauer sollten Videokonferenz mitverfolgen können

Dabei war alles ganz anders geplant: Eigentlich sollten die 32 Ratsmitglieder der 17.000-Einwohnerstadt erstmals in der langen Geschichte der an Rhein und Ahr gelegenen Kommune vom heimischen PC, Laptop oder Tablet aus die von Bürgermeister Geron zusammengestellte Tagesordnung abarbeiten. Ob in Küche, Arbeits- oder Wohnzimmer sitzend, sollten sich die gewählten Mandatsträger in die groß angelegte Videokonferenz einklinken, die interessierte Zuhörer von der Schulmensa aus mitverfolgen können sollten. Auf einer großen Leinwand, so die Vorstellung der Stadtverwaltung, hätten Zuschauer die Möglichkeit gehabt, der Debatte in Wort und Bild, Live und in Farbe zu folgen. Daraus wird nun nichts.

Zwischenrufe, wie in Sitzungen gerne hin und wieder üblich, werden also nicht ungehört in der Unendlichkeit des World Wide Web verhallen, sondern zumindest am Donnerstag noch hautnah erleb- und hörbar sein. Für Geron wäre eine erste Online-Sitzung ein Experiment gewesen, das er gerne getestet hätte.

Dennoch kann Geron der Präsenzsitzung nur Gutes abgewinnen: Ein Stadtrat sei aus Individualisten zusammengesetzt, führte er aus. „Es ist nicht gut, sich nicht auf direktem Wege sehen zu können.“ Grundsätzlich könnte er auch im Eilverfahren in Abstimmung mit seinen Beigeordneten wichtige Entscheidungen treffen, die allerdings später vom Rat bestätigt werden müssen.

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