Kabarett in Remagen Viel Sprachwitz und meisterhafte Parodien

REMAGEN · Seit 36 Jahren steht Reiner Kröhnert auf der Kabarett-Bühne. Am Wochenende präsentierte er zwei Dutzend Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft in der Remagener Rheinhalle.

 "Mutti Reloaded" hieß es bei Reiner Kröhnert.

"Mutti Reloaded" hieß es bei Reiner Kröhnert.

Foto: Martin Gausmann

Als Solokünstler parodiert er sich fast drei Jahrzehnte durch die deutsche Polit- und Kulturszene. Und seit nunmehr zwölf Jahren arbeitet sich der Berufssatiriker an der Kanzlerin ab. Mit „Mutti Reloaded“ widmet er seiner Paraderolle zumindest den Titel seines zehnten abendfüllenden Programms, das er vor 350 Besuchern in der Remagener Rheinhalle präsentierte.

Die Merkel-Perücke kommt gleich zum Auftakt zum Einsatz. Keine Frage: Mimik, Gestik und Stimme trifft der nach wie vor begnadete Parodist auf den Punkt. Auch sprachlich kann dem 58-Jährigen wohl kaum jemand das Wasser reichen. Seine sorgsam gewählten Worte klöppelt Kröhnert zu kunstvoll geschliffenen Sätzen, die er mit spielerischer Leichtigkeit zu mitunter poetisch anmutenden Monologen und Dialogen drechselt. Allein der Funke will nicht so recht überspringen. Höchste Konzentration ist gefragt, will man die von Wortwitz und kunstvoll gebundenen (Sprach)schleifchen umhüllten Pointen nicht nur wahrnehmen, sondern auch verstehen.

Das gilt für die eher müde Merkel-Nummer zum Auftakt („Wenn ich eine Wand auf mich zukommen sehe, dann wende ich“) ebenso wie für den sich über Putin auslassenden Daniel Cohn-Bendit und „Drachmentöter“ Wolfgang Schäuble, der sich Varoufakis und die Griechen vornimmt („Wer nicht bereit ist, den Gürtel enger zu schnallen, dem stanz ich gerne noch zwei, drei Löcher ins Leder“). Der Höhepunkt der Verunsicherung ist erreicht, wenn der erfahrene Kabarettist Bundespräsident Joachim Gauck zum schimpfenden Hitler mutieren lässt.

Dass Kröhnert dennoch zu den besten seines Fachs zählt, zeigt er meist dann, wenn er sich mehrere Charaktere auf einmal vornimmt. Etwa beim Gespräch der Merkel-Getreuen Roland Pofalla und Peter Hintze, der sich wünscht, im „Anale Grande der Sehnsucht“ auch einmal dem „Enddarm-Echo lauschen“ zu dürfen. Oder wenn das „präsenile Trio“ Rita Süssmuth, Hans-Jochen Vogel und Norbert Blüm ihre Parteien und letztlich auch die Welt nicht mehr verstehen. Amüsant auch die eingestreuten Talkrunden „Der Intellekt hat viele Gesichter“, in denen Moderator Michel Friedman und Philosoph Rüdiger Safranski unter anderem Daniela Katzenberger („Lässt sich mit Silikon auch das Hirn vergrößern ?“)auf den Zahn fühlt.

Reiner Kröhnerts Parodien sind handwerklich meisterhaft in Szene gesetzt. Seine rhetorischen Fähigkeiten sind brillant und das intellektuelle Niveau unbestritten. Und dennoch wirken nicht nur seine Figuren ein wenig aus der Zeit gefallen. Wer über das nötige Hintergrundwissen verfügt und dem rasant vorgetragenen Sprachwitz hat folgen können, hatte seinen Spaß. Die anderen müssen befürchten, dem Anspruch Kröhnerts nicht gewachsen zu sein. Im Zweifel aber gilt: Kunst und Humor sind Geschmackssache.

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