Insel Nonnenwerth Verwurzelte Erinnerung an Franz Liszt

ROLANDSECK · Anlässlich seines 30. Geburtstages pflanzte der Musiker einst eine Platane auf der Insel Nonnenwerth. Überhaupt löste er einen echten Tourismus-Boom aus.

 Auf der Insel Nonnenwerth: Die Platane, die Franz Liszt zu seinem 30. Geburtstag pflanzte.

Auf der Insel Nonnenwerth: Die Platane, die Franz Liszt zu seinem 30. Geburtstag pflanzte.

Foto: Ginzler

2011 feiert die Musikwelt den 200. Geburtstag des großen Klaviervirtuosen und Komponisten Franz Liszt. In Österreich und Ungarn würdigt man den weltbekannten Meister der klassischen Musik des 19. Jahrhunderts mit zahlreichen Veranstaltungen. Gleichfalls in Deutschland. Denn während der weltbekannte Tonkünstler jahrzehntelang durch Europa tourte, baute er auch zu vielen deutschen Regionen und Orten eine besondere Beziehung auf. Darunter zu einer damals besuchten Perle der Rheinromantik: Nonnenwerth.

„Im Schatten seiner alten hohen Nussbäume gleicht es einem in Silber gefassten Smaragd“, schwelgte Johanna Schopenhauer, die das „schöne Eiland Nonnenwerth“ 1828 besuchte. Oft kam Ernst Moritz Arndt, Freiheitsdichter und Bonner Professor, in diese „von zahllosen Vogelstimmen durchklungene Au“.

Dichter und Maler der Rheinromantik liebten Rolandseck und die Insel. Grafiken und Gemälde zeigen ihn immer wieder, den beseelten Blick auf das besiedelte linke Rheinufer, Nonnenwerth und das Siebengebirge, wo Rolandsbogen, Drachenfels und Insel, Bäume, Fluss und Himmel ihre natürlichen und kulturgeschichtlichen Reize zu einer romantischen Ideallandschaft verbanden.

In Rolandseck lässt sich der Traum angesichts Verkehrsdichte, Lärmpegel und Bausünden so heute nicht mehr träumen. Aber Nonnenwerth fasziniert immer noch. Damals zog es magisch an. Selbst ein Star von Weltruhm erlag dem Sog. So schätzte Margarete von Cordier, damalige Eigentümerin der Insel, sich glücklich, als im Sommer 1841 erstmals Franz Liszt, begleitet von Lebensgefährtin Marie Gräfin d' Agoult und den gemeinsamen drei kleinen Kindern, eintraf. Sie logierten im ehemaligen, zur Gastwirtschaft umgewandelten Kloster, suchten Ruhe nach rastlosen Konzertreisen, planten gar, die Insel zu erwerben. Ruhe aber gab es, sobald die Ankunft des musikalischen Universalgenies bekannt wurde, keine mehr.

Von Cordier notierte am 8. August: „Außer verschiedenen Liedertafeln eine Unmenge Gäste! Vor- und nachmittags kamen zahlreiche Züge und Kähne voll Menschen. Das ganze Eiland voller Gäste, der Garten prangte infolge aller brillanten Toiletten wie ein einziges buntes Blumenbeet.“ Vom 14. August heißt es: „Nachmittags war wieder des Jubels und Trubels kein Ende. Bewimpelte Kähne der Bonner Musensöhne en masse! Im großen Saal ward gespielt und getanzt. Alles in vollem Enthusiasmus! Die jungen Damen haben Liszts Stube mit Blumen und Laub geschmückt, ihm Vivat zugerufen. Er spielte ihnen vor und hat dann sogar im großen Saal mit ihnen Blindekuh gespielt!“ Seit Superstar Liszt auf der Insel weilte, waren die Gastwirtschaft mit ihren Sälen und die rund fünfzig Gastzimmer ständig überfüllt.

Geschmückte Schiffe und Kähne mit Uferbewohnern

Um den Meister zu seinem Benefizkonzert zugunsten des Kölner Doms (23. August) abzuholen, reisten tags zuvor per Dampfer 340 Musiker der Kölner Philharmonischen Gesellschaft an, begrüßten den Wohltäter mit Gesang in der Klosterkapelle und nahmen mit ihm in Rolandseck ein Festmahl ein. Zurück auf Nonnenwerth erwarteten sie unzählige geschmückte Schiffe und Kähne mit Uferbewohnern. Auf der Insel wimmelte es von Menschen, die Liszt durch sein Spiel auf dem Flügel beglückte. Das Konzert, das er am nächsten Tag in Köln gab, brachte einen hohen Betrag für die Vollendung des Domes ein.

Trotz seiner „Belagerung“ auf der Insel besuchte Liszt von dort aus Köln, Bonn, Koblenz und andere Rhein-Städte, wo seine Darbietungen stürmisch bejubelt wurden. Und auf Nonnenwerth, das er auch für seine Sommerfrische 1842 und 1843 wählte, komponierte er auch seine ersten Männerchöre und rheinromantische Lieder. Ein letzter rauschhafter Höhepunkt während des Aufenthalts im Jahr 1841 war der 30. Geburtstag. Da er das Fest am 22. Oktober allein zu begehen wünschte, überraschten ihn seine Verehrer am Vortag mit einer glanzvollen Huldigung im großen Festsaal, wo der Jubilar im Lorbeer und Rosen verzierten Sessel Platz nahm. Als Geschenke gab es 200 Austern, Pastete, einen Wildschweinkopf, eine 30-Lichter-Torte, eine Mappe mit Insel-Gemälden, Feuerwerk und Kanonenknall.

Der so Gefeierte revanchierte sich mit Klavierspiel. Noch vor dem Dessert pflanzte er auf Wunsch von Frau Cordier ein mit Bändern geschmücktes Bäumchen. Diese 170 Jahre alte Platane, ein verwurzeltes Andenken, ist zu einem der prächtigsten Inselbäume herangewachsen. Auch Liszts Lied „Die Zelle von Nonnenwerth“ nach einem Gedicht des Fürsten Felix Lichnowsky erinnert an des Künstlers umschwärmte Zeit auf der Insel.

Es beschließt mit den Worten: „Dies – das letzte meiner Lieder – ruft dir: Komme wieder, komme wieder!“

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