Villa Musica in Remagen Sprunghafte Jugend

REMAGEN · Farbig und fordernd gestalten die „First Lady“ des Horns und junge Bläser-Stipendiaten ihr Konzert.

 Bläserquintett mit Hornistin Marie-Luise Neunecker bei dem Konzert in Remagen.

Bläserquintett mit Hornistin Marie-Luise Neunecker bei dem Konzert in Remagen.

Foto: Martin Gausmann

Das Musikinstrument des Jahres 2015 stand im Mittelpunkt des jüngsten Konzerts der rheinland-pfälzischen Landesstiftung Villa Musica in Remagen. Es ist das Horn, das in Remagen zudem gespielt wurde von der „First Lady“ des Horns, Marie-Luise Neunecker. Die gebürtige Rheinhessin, die als Hornistin einst international eine Männerdomäne eroberte, ließ beim Konzert im Rheinhallenfoyer Möglichkeiten ihres Instruments erahnen, das als eines der ältesten und wegen seiner diffizilen Klangerzeugung als eines der schwierigsten Instrumente gilt. Die Zuhörer erlebten aber auch, warum das Horn einen Ruf als Verbindung zwischen den Instrumenten in einem Orchester hat und mit seinem Tonumgang von fast viereinhalb Oktaven mit fast jeder Instrumentengruppe mitspielen kann.

Mit einem Bläserquintett bestehend aus jungen Villa-Musica-Studenten war Neunecker angereist: Anna Pajak (Flöte), Marie Tsuji (Oboe, Englischhorn), Nemorino Scheliga (Klarinette), Taavi Orro (Klarinette, Bassklarinette) und Ujeong Kim (Fagott). Zwar stand das Horn rein räumlich im Mittelpunkt, indem die Professorin und Leiterin des Konzerts von den Studierenden auf der Bühne eingerahmt wurde, aber musikalisch fügte sich das Horn auf reizvolle Weise in das schillernde Klanggemälde ein, das die Akteure gemeinsam erzeugten.

Wobei sie schon mit ihrem ersten Stück durchaus Ansprüche an ihr Publikum stellten. Komponiert von einem „Klassiker der Moderne“, dem vor zehn Jahren verstorbenen Ungarn György Ligeti, gehen dessen „Sechs Bagatellen“ auf ein Bauprinzip zurück, das mit nur ganz wenigen Tönen in ständigen Varianten der Klangfarbe und Rhythmen arbeitet. Das Finale war wegen seiner Dissonanzen gar in den 50er Jahren in Ungarn verboten. Vertrauter und geradezu besänftigender fürs Ohr gestaltete sich danach Carl Nielsens „Bläserquintett, opus 43“. Die Komposition des „dänischen Richard Strauss“ wartete auf mit leichtem, zuweilen heiteren Tonfall, tänzerischen Elementen, volksliedhaften Themen und einem Variationensatz, in dem jedes Instrument solistisch vorgestellt wurde, eine Jagdfanfare für Horn solo inklusive.

Bei Wolfgang Amadeus Mozarts Andante in F-Dur, KV 616, standen Horn und Fagott als dunkelste Elemente dem hohen Spiel der Flöte gegenüber. Verspielt wirkte das Werk auch dank der Oboe, während das Horn das Zusammenspiel um insbesondere rhythmische Passagen bereicherte. Ihre Klasse demonstrierten die Akteure noch einmal mit Leos Janaceks Suite für Bläserquintett mit dem Titel „Mladi“, was aus dem Tschechischen übersetzt „Jugend“ bedeutet.

Am Anfang schien das Horn zu galoppieren, wenig später wirkte es wie ein ruhender Pol nach schier entfesselten Läufen. Dazu kam effektvoll dunkles Vibrieren, eine brummende Bassklarinette und ein mehr als nur Akzente setzendes Fagott, die zu einem vielschichtigen Höreindruck beitrugen. Die Jugend, die Janacek beschrieb, war mal heiter, mal voll düsterer Stimmung, aufmüpfig, beharrlich, dynamisch und sprunghaft. Farbig und fordernd im Ausdruck, vital und brillant in der Durchführung verdienten sich die Interpretationen ebenso wie die Interpreten einen langen Applaus.

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