Kultur und Lebensfreude So wichtig sind Kunstgalerien für Remagen

REMAGEN · Remagen genießt aufgrund seiner zahlreichen Galerien, seiner aktiven Künstler und des Arp Museums einen besonderen Ruf. Wir haben uns mit Betreibern, Künstlern und Wirtschaftsförderer Marc Bors unterhalten.

 Kunstaktion beim Kunstsalon: Patrick Feldmanns „Könige der anderen Welt“ vor dem Rathaus.

Kunstaktion beim Kunstsalon: Patrick Feldmanns „Könige der anderen Welt“ vor dem Rathaus.

Foto: Martin Gausmann

Stadt am Rhein, Römerstadt und Stadt der „Kunst, Kultur und Lebensfreude“ ist Remagen. 100 Künstler leben und arbeiten dort. Auffallend viel bildende Kunst bietet sich mehr als 18.000 Einwohnern und den Gästen. Schwerpunkte bilden in Rolandseck das Arp Museum und unabhängig davon die in der Kernstadt angesiedelten Galerien und dauerhaften Kunstorte. Hinzu kommen sichtbare Atelierräume sowie Kunsträume außerhalb der Innenstadt.

Der General-Anzeiger hat einige Betreiber, Künstler und Wirtschaftsförderer Marc Bors nach dem Stellenwert der Galerien im Zentrum Remagens gefragt. Zahlen sie Gewerbesteuer, sorgen sie für eine lebendige Innenstadt? Haben sie Bedeutung für den Einzelhandel, generieren sie Wertschöpfung oder kaschieren sie nur Leerstände? Eines vorweg: Vom hohen Stellenwert sind sie alle überzeugt, doch über einige Fragen, besonders die letzte, auch etwas verärgert. Sie unterstelle den Galeristen oder der Stadt, Leerstand durch Kunst zu beschönigen. Jedoch zielten die mit Kunst Befassten auf Verkaufs-, Arbeits- und Schauräume zu niedrigen Mieten, was in der Folge den Leerstand verringerte. Ein angenehmer, sich nebenbei einstellender Effekt. Heute gibt es kaum leere Läden. Mangels anderer Räume bespielten die Kunstakteure aber ab 2006, als der Verein „Ars Porta International“ um Bruno Wioska die Kunstentwicklung entscheidend vorantrieb, oft Leerstände. So organisierte die Gruppe „Kunst auf Zeit“ mit Margarete Gebauer, Rosmarie Feuser und Black Sura Projekte und Ausstellungen an wechselnden Standorten.

Marc Bors: „Die Remagener Galerien und Kunsträume kaschieren keine Leerstände. Sie sind als dauerhafte Nutzung angelegt, haben feste Öffnungszeiten und sind größtenteils schon über zehn Jahre hier ansässig.“ Artspace K2-Galerist Christoph Noebel, von Haus aus Ökonom, äußert: „Obwohl die Stadt nicht von ihren Grundsteuern profitiert, verbessern die Kunsträume deutlich das Stadtbild, was dazu beiträgt, dass kommerzielle Gewerbe eher dazu neigen, sich niederzulassen, als in einem Ort mit hohem Leerstand.“

Solange nicht-profitable Kunsträume gewinnträchtigen Gewerben keinen Ladenraum streitig machten, also kein Verdrängungseffekt greife, dienten die Kunsträume konstruktiv der Vermarktung. Noebel: „Sie als ‚kaschierter Leerstand‘ zu bezeichnen, ignoriert ihre wirtschaftliche und besonders ihre gesellschaftliche Rolle als Treffpunkt für Kommunikation.“

Tatsächlich trifft „non-profitabel“ für fast alle Atelier- und Kunsträume der Stadtmitte zu. Es gibt nach Bors ohnehin nur acht solche Räume unter registrierten rund 140 Ladenlokalen im Flächenmanagement der Remagener Innenstadt, die dennoch „schon rein optisch einen besonderen Stellenwert im Branchenmix“ darstellen. Der gemeinnützige Verein Künstlerforum(Küfo), die Produzentengalerien Modernart Showroom(M.A.SH.) und Artspace K2, die kleinen Künstlerateliers Kerma, Studio Mono und l’atelier sowie der sporadisch im Café Xokominz aktive Kunstraum Remagen Mitte(KRM) fallen aus steuerlicher Sicht unter die Rubrik der „Liebhaberei“. Herbert Höcky vom KRM macht es „Spaß, Kunst zu zeigen“. Almuth Leib, Eva Töpfer und Janko Arzensek, verantwortlich im M.A.SH., betreiben, so Leib, „die Galerie aus Liebe zur Kunst, möchten den Ort, wo wir leben, mitgestalten!“ Und Malerin Erika Klassen im Kerma betont: „Ich betreibe ein Atelier, kein Gewerbe und freue mich über Besucher.“

Gefragt, ob Galeristen Gewerbesteuer bezahlen, antwortet nur Rosemarie Bassi „mit einem dicken ‚Ja‘“. „Wir Galeristen nehmen viel Geld in die Hand, um Kunst zu vermitteln.“ Das treffe insbesondere auf ihre Galerie Rosemarie Bassi zu, mit 360 Quadratmetern die größte am Ort und zugleich Europäisches Kulturzentrum, um sie im Fokus kunstaffiner Aufmerksamkeit zu halten. Ausstellungen à la Bassi sind kostspielig, ebenso die monatlich rund 1200 per Post versendeten Einladungen und etwa 3000 gedruckten Einladungen pro Ausstellung. Zudem verschickt sie unzählige E-Mails an die Freunde der Galerie, „um kunstverständige Menschen nach Remagen einzuladen“. Seit 40 Jahren ist die „Grande Dame der rheinland-pfälzischen Galerienszene“, wie die FAZ sie titulierte, als Remagener Galeristin „mit viel Herzblut für die Kunst“ aktiv. „Ich habe Remagen an vielen Orten als Stadt der Künste bekannt gemacht und viele kaufkräftige Menschen in die Innenstadt gelockt.“ Mancher nennt Bassi „das Zugpferd“ der interessanten Kunst- und Kulturszene, zu deren Entstehen sie maßgeblich beigetragen hat.

Den Stellenwert der zentralen Kunsträume weist die „Wertschöpfung“ aus, ob materiell oder immateriell. „Die Galerien beleben das kulturelle Leben in Remagen und leisten somit einen Beitrag zur Lebensqualität, was wiederum als wichtiges Argument in der Stadtvermarkung genutzt werden kann“, sagt Noebel. Aus diesem Grund kommen Touristen, und Menschen verlegen ihren Wohnsitz nach Remagen. Leib spricht vom hohen Stellenwert, da die Kunst „Besucher in die Stadt zieht, sie zusätzlich belebt und ihr ein positives Image gibt. Sie besuchen fast ausnahmslos Cafés oder Restaurants, im Sommer am liebsten an der Rheinpromenade.“ Für Leib ist die Wertschöpfung „offensichtlich“, auch für die Kreativen: „Die Szene wirkt anziehend auf andere Kunsttätige, es gründen sich immer wieder neue (Schau)-Ateliers und Kunstorte.“ Auch Bors erklärt: „Die Galerien tragen neben den vielen inhabergeführten Geschäften und der Gastronomie zum attraktiven und besonderen Flair unserer Innenstadt bei.“ Zu den Vernissagen kommen wochenends Gäste von weither. Bors: „Das bringt zusätzliche Wertschöpfung und teils auch zusätzliche Gewerbesteuern in die Stadt. Aber auch der Einzelhandel und die Gastronomie profitieren durch die Kunst – indirekt durch die Attraktivitätssteigerung der Innenstadt und direkt über zusätzliche Besucher zum Beispiel bei Veranstaltungen wie dem Kunstsalon oder dem LebensKunstMarkt, die es ohne die Remagener Kunstszene so nicht gegeben hätte.“

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