Maßnahmen zur Renaturierung Anwohner kritisieren Hochwasserschutz in Unkelbach

Unkelbach · Unkelbacher kritisieren bei einer Info-Veranstaltung der Stadt Remagen die Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Ein Bürger drohte gar dem Plenum mit dem Einschalten der Staatsanwaltschaft, sollten die Renaturierungsarbeiten beginnen.

 Volles Haus in der Unkelbacher Mehrzweckhalle bei der Info-Veranstaltung zum Hochwasserschutz.

Volles Haus in der Unkelbacher Mehrzweckhalle bei der Info-Veranstaltung zum Hochwasserschutz.

Foto: Martin Gausmann

Groß war der Andrang in der Unkelbacher Mehrzweckhalle am Montagabend. So groß, dass die dortige Informationsveranstaltung zu geplanten Arbeiten am Unkelbach erst mit 20 Minuten Verspätung beginnen konnte. Nach gut zwei Stunden endete sie damit, dass ein Bürger dem Plenum mit dem Einschalten der Staatsanwaltschaft drohte, sollten die Renaturierungsarbeiten beginnen. Das war der Gipfel einer ganzen Serie von Vorwürfen und Anfeindungen, die sich die Informierenden anhören mussten.

Aber der Reihe nach: Bürgermeister Björn Ingendahl, der den Infoabend moderierte, hatte rund ein Dutzend Gäste aus Verwaltung und verschiedenen Planungsbüros mitgebracht, die Rede und Antwort zur sogenannten „Maßnahme 14“ aus dem Remagener Hochwasserschutzkonzept, das nach mehreren Starkregenereignissen 2018 vorgestellt wurde, stehen sollten.

Die Maßnahme sieht umfangreiche Arbeiten am Bachbett in Höhe der Straße „Am Mühlenweg“, zwischen den Häusern Nummer 19 und 39, vor. Auf einer Länge von 310 Metern soll dort das Bachbett angehoben werden, in der Spitze bis zu 1,50 Metern.

Ingendahl erläuterte die Historie der Maßnahme und auch, dass diese im Ort schon vorgestellt wurde, wenn auch ohne genaue Massenangaben. Dass man die Bevölkerung und insbesondere die Anwohner dennoch vorab noch einmal genauer hätte informieren müssen, räumte der Bürgermeister ein. „Keiner hat ein Interesse, eine Maßnahme durchzuführen, die nichts nutzt“, machte Ingendahl die Ziele der mit der Anhebung der Sohle geplanten Verbreiterung des Bachs deutlich.

 Der Unkelbach kann nach Starkregen zur Gefahrenquelle werden.

Der Unkelbach kann nach Starkregen zur Gefahrenquelle werden.

Foto: Martin Gausmann

Oberbehörden können das Thema an sich ziehen

Dorothee Weber vom Ingenieurbüro Becker aus der Kreisstadt erläuterte die Maßnahme und die mit ihr einhergehenden Arbeiten, die unter anderem die Einrichtung einer Baustraße, eines Lagerplatzes und das Einbringen großer Mengen Gesteins in den Bach aus Richtung des nördlichen Berghangs durch Schüttungen beinhalten.

Patrick Sehy vom Landschaftsplanungsbüro Wilhelm erklärte die notwendigen und durchgeführten Tätigkeiten und Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Bewertung, die die Präsenz einer Reihe von geschützten Tierarten bestätigte, unter anderem der Haselmaus oder eines Grasfroschs. Warum man sich nun dieser Maßnahme und nicht den vermeintlich dringenderen Vorhaben am Ortseingang von Oedingen aus widme, erläuterte der Bürgermeister auch. Demnach seien die Zuständigkeiten zwischen oberen und unteren Wasser- und Naturschutzbehörden auch vier Jahre nach dem letzten Starkregen noch ungeklärt. „Wir sind ein Spielball der Behörden“, so Ingendahl, der klarmachte, die oberen Behörden könnten das Thema kraft Gesetzes an sich ziehen.

Immer wiederkehrende Vorwürfe in den Diskussionen mit der Bevölkerung betrafen dann die Frage nach der Notwendigkeit der Arbeiten, die noch nicht weitergeführten Maßnahmen an der Bachverrohrung am Ortseingang, aber auch die nach Ansicht der Bürger mangelnde Pflege des Unkelbachs durch die Stadt Remagen. Ortsbeirat Norbert Brüggemann (FBL) beklagte zudem eine „mangelhafte Informationspolitik der Verwaltung“. Ex-CDU-Ortsbeiratsmitgied Walter Jung hatte sich intensiv mit den anstehenden Arbeiten beschäftigt und befürwortete, dass den Anliegern keine Kosten entstehen. Jung ging auf den Bach als Ganzes ein, erinnerte die Stadt an ihre Verpflichtung zur Sauberhaltung und monierte, dass Einzelmaßnahmen aus der Bevölkerung nicht koordiniert würden. Jung bezweifelte, dass Erosionen erst in jüngerer Zeit aufgetreten sind. Zudem befürchtet er, dass der Bach bei Niedrigwasser unter der Aufschüttung verschwinden wird. Er bezweifelte, dass die Maßnahme im Kostenrahmen von 220.000 Euro bleiben wird.

Das Gros seiner Befürchtungen versuchten die Fachplaner zu entkräften. Um die Sichtung und mögliche Säuberung des Bachlaufs von aufgelaufenem Sediment werde man sich umgehend kümmern, sagte der Bürgermeister zu.

Reinhold Langen, der sich beruflich mit der Begutachtung von Leistungen der Landschaftsarchitektur und -planung befasst, ging noch weiter. Er sieht die Aufschüttung auf Lehmboden als falsch und die Maßnahme generell als zu teuer an. Langen verwies auf eine Broschüre des Landesamtes für Wasserwirtschaft zur wirksamen und kostengünstigen Entwicklung von Gewässern und regte statt teurer Schüttungen, bei denen es zu abruptem Anstieg des Wassers komme, die Einbringung von Pfählen zur schrittweisen Erhöhung des Wasserspiegels an. „Das kann der städtische Bauhof in Eigenregie machen“, so Langen. Man werde auch diese Möglichkeit prüfen, sagte Bürgermeister Ingendahl zu. Gleiches betrifft mögliche Probleme der Bachanlieger beim künftigen Einbringen von Oberflächenwasser in einen Bach mit höherem Wasserspiegel.

Langen ging noch weiter. Er warf den Planungsbüros vor, im Umweltverträglichkeitsgutachten keine Aussagen zu Planungsalternativen gemacht und damit nicht nach dem Minimierungsgrundsatz geprüft zu haben. „Hier liegt eine schlechte, unvollständige und mangelhafte Leistung vor“, so Langen, der der Verwaltung androhte, dass bei Beginn der Arbeiten wegen der genannten Punkte „der Staatsanwalt auftauche und die Maßnahme einstelle“.

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