Ein Konzert der Sonderklasse Minutenlanger Applaus in Oberwinters Kirche

Oberwinter · Felix Schönherr dirigiert ein bewegendes Hochschul-Abschlusskonzert. Studierende der Kölner Hochschule für Musik und Tanz haben Jan Dismas Zelenkas „Missa votiva“ in der vollen evangelischen Kirche in Oberwinter interpretiert.

Beim Komponisten schaute das Publikum zwei Mal hin. Bei der Ausführung seines Werks hätten viele sicher gerne noch ein zweites Mal oder länger zugehört. So klar und so sauber und so reizvoll haben Studierende der Kölner Hochschule für Musik und Tanz Jan Dismas Zelenkas „Missa votiva“ in der vollen evangelischen Kirche in Oberwinter interpretiert.

Mit einem bewegendem Orchesterauftakt und markanten „Kyrie“-Rufen des Chors verschafften sich die Akteure unmittelbar und punktgenau Gehör. Bald überlagerten sich die Stimmen der acht jungen Frauen und sieben jungen Männer des Chores, dann fanden sie etwa zum gemeinsamen „eleison“ wieder zusammen. Aufgeregt, zuweilen dramatisch, gestalteten sie den Auftakt des „Gloria“: Wieder und immer wieder wiederholten Mäner- und Frauenstimmen die Worte „in terra pax“, den Wunsch nach Friede auf Erden. Im Credo zog sich das „de caelis“ wie ein Echo durch die Reihen der Sänger und betonte so das Kommen Jesu aus dem Himmel zu den Menschen.

Der Chor präsentierte sich als dynamischer und harmonischer Klangkörper. Geschmeidig agierten im Zusammenspiel auch die 15 Instrumentalisten, gleich, ob federndes Bogenspiel, eine sanft Oboe oder rauschende Orgelklänge gefragt waren. Dazu, und nicht zuletzt, gefielen die Solisten: Konstantin Paganetti (Bass), Kieran Carrel (Tenor), Eva Marie Gemeinhardt (Alt) und besonders Christiane Ritter (Sopran), die nicht nur den umfangreichsten Part der vier Gesangssolisten hatte, sondern auch mit Wärme im Ausdruck und Klarheit über alle Oktaven bestach. Auch Paganettis Stimme trug und sorgte für einen bewegenden Moment, als er von Jesus Christus als dem Höchsten („Altissimus“) in tiefsten Tönen sang. Aufhorchen ließ zudem der Wechselgesang von Chor und Solisten, unterlegt von einem „mitgehenden“ Orchester im „Credo“: Gemeinsam meisterten die Akteure auch die schwierigen Brüche und Zäsuren, die die Partitur vorsieht.

„Strikt polyphone Sätze sowie locker gefügte, harmonisch angereicherte und homophone Sätze wechseln sich mit Arien ab, von denen man vielleicht sagen kann, dass sie Zelenkas Interpretation des galanten Stils darstellen“, erklärte Felix Schönherr zu der Messe, die der böhmische Barockkomponist Zelenka wohl in Erfüllung eines Gelübdes komponiert habe, nachdem er mit Gottes Beistand Gesundheit wiedererlangt habe. Schönherr hatte die Gesamtleitung des Konzerts. Seit Mitte vergangenen Jahres ist der 1985 in Potsdam geborene Kirchenmusiker als Nachfolger von Christian von Essen in Oberwinter tätig.

Und sein engagiertes Dirigat war bei diesem Konzert von einem Gremium von Hochschulvertretern besonders betrachtet worden. Schließlich war das Konzert zugleich Schönherrs Abschlusskonzert des Masterstudiums im Chordirigieren. Am Konzertende war nicht nur er mit sich und seiner Auswahl der Akteure und des effektvollen Werkes zufrieden. Auch das Publikum war nach dem letzten „Dona nobis pacem“ noch ganz gefangen genommen: Ein paar Momente herrschte nach Verklingen des letzten Tons eine erfüllte Stille im Gotteshaus, dann brach sich die Begeisterung der Zuhörer in minutenlangem Applaus Bahn.

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