Interview mit Michael Schankweiler "Menschen kommen vor Steinen"

OBERWINTER · Die Vorbereitungen für die Landessynode der evangelischen Kirche im Rheinland laufen auf Hochtouren. Sie ist mit 214 Synodalen aus 38 Kirchenkreisen das höchste Leitungsgremium für 2,8 Millionen Protestanten zwischen Emmerich und Saarbrücken und tagt seit 1974 in Bad Neuenahr. Diesmal von Donnerstag, 16. Januar, bis Dienstag, 21. Januar. Einziger Synodaler aus dem Kreis Ahrweiler ist Pfarrer Michael Schankweiler aus Oberwinter.

 Pfarrer Michael Schankweiler ist Synodaler aus Oberwinter.

Pfarrer Michael Schankweiler ist Synodaler aus Oberwinter.

Foto: Privat

Herr Schankweiler, als Synodaler sind sie nicht nur schon Routinier, sondern haben auch Heimvorteil. Nutzt das?
Michael Schankweiler: Nun bin ich ja tatsächlich schon viele Jahre in unserer Landessynode. Die Routine verhilft dazu, bei der Durcharbeitung des riesigen Packens an Papier im Vorfeld nicht zu verzweifeln. Einen Heimvorteil habe ich nicht, außer, dass ich immer mal wieder von den Mitsynodalen darum beneidet werde, in was für einer schönen Landschaft wir hier leben.

Synode heißt ja, einen Weg gemeinsam gehen. Wird das nicht immer schwieriger?
Schankweiler: Ich sehe es genau anders herum. Gerade weil es immer schwieriger wird, benötigen wir den synodalen Prozess, das heißt die Beteiligung vieler sachkompetenter Menschen aus Theologie, Juristerei, Wirtschaft, Sozialarbeit, Verwaltung und anderer Fachgebiete an der Lösung anstehender Fragen. Wir Evangelischen halten uns da an den Züricher Reformator Ulrich Zwingli: Intelligent ist man nur gemeinsam.

Und die Finanzen? Auch im Kreis Ahrweiler mussten schon Immobilien von der evangelischen Kirche verkauft werden.
Schankweiler: Um handlungsfähig zu bleiben, muss der landeskirchliche Haushalt in wenigen Jahren um 35 Prozent zurückgefahren werden. Wie das gehen soll, in Verbindung mit dem Wunsch, möglichst viele kirchliche Handlungsfelder zu erhalten, kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Soviel kann ich aus den Synodalunterlagen schon verraten: Dass die evangelische Kirche im Rheinland die Ausgaben für Gebäude, weil sie ja auch darauf anspielen, stark reduzieren will und zukünftig auf eine stärkere personale Präsenz setzen möchte. Menschen, Arbeitsplätze, Begegnung haben Vorrang vor Steinen und Immobilien.

Ihre Synode tagt jährlich. Muss evangelisch jedes Jahr alles neu geregelt werden? Die Synode des Bistums Trier tagt erstmals seit 60 Jahren.
Schankweiler: Nein, die jährliche Synode ist der Normalfall und zeigt an, wie unsere Evangelische Kirche geleitet wird. Nicht der Präses leitet die Kirche oder die Kirchenleitung, auch wenn sie so heißt, sondern die Synode trifft die maßgeblichen Entscheidungen. Synodalbeschlüsse sind für alle bindend. Dass das Bistum Trier nach 60 Jahren auch mal wieder eine Synode abhält, findet mein Interesse, und Bischof Ackermann ist gut beraten, wenn er wie wir für gewichtige Entscheidungen möglichst große Rückendeckung erhält. Über seine Bemerkung, dass er sich auch tatsächlich an die gefassten Beschlüsse halten wolle, habe ich, um ehrlich zu sein, als Protestant ein wenig geschmunzelt.

Sie haben zu ihrer Tagung in Bad Neuenahr auch andere Konfessionen eingeladen.
Schankweiler: Ja, es ist seit jeher eine schöne Tradition, dass Schwesterkirchen und ihre Vertreter eingeladen werden und ihr Grußwort sprechen. Das tut uns allen immer sehr gut. Denn, wenn wir meinen, manchmal vor riesigen unlösbaren Problemen zu stehen und dann sehen, mit was für Herausforderungen oder auch Gefahren Schwestern und Brüder in Indonesien, auf den Philippinen oder auch in Namibia zu kämpfen haben, dann werde ich oft sehr demütig und glaube, wir jammern immer noch auf hohem Niveau.

Geht Ökumene dadurch schneller?
Schankweiler: Ökumene geht immer dann schneller, wenn wir bereit sind, von einander zu lernen und Anteil nehmen am Ergehen der Menschen in anderen Kirchen. Was die Ökumene im Hinblick auf die römisch-katholische Kirche anbelangt, bin ich trotz Papst Franziskus eher skeptisch. Viele Jahre beobachte ich die Entwicklung im evangelisch-katholischen Miteinander, und ich habe nicht den Eindruck, dass sich hier etwas bewegen wird. Vor Ort, in den Gemeinden, werden wir uns weiter bemühen, gut zusammenzuarbeiten. Uns verbindet weit mehr, als uns noch trennt.

Was wird Ihr Hauptthema sein, gibt es überhaupt eine Spezialisierung?
Schankweiler: Aus den vielen Themen möchte ich gerne herausgreifen, dass wir vom Ständigen Theologischen Ausschuss der Landessynode, der ja das ganze Jahr über tagt und dem ich angehöre, eine Schrift zum Thema "Suizid - Selbstmord" vorlegen werden, die sehr einfühlsam und seelsorglich mit diesem Thema umgeht. Die Schrift heißt: Niemand nimmt sich gern das Leben. Dann wird das Arbeitsfeld der Pfarrerinnen und Pfarrer in den Blick genommen unter der Überschrift "Zeit für das Wesentliche". Damit soll den Pfarrerinnen und Pfarrern und den Gemeinden Mut gemacht werden, ihre Kernaufgaben wie Seelsorge, Gottesdienst, Amtshandlungen und Unterricht zu optimieren.

Zur Person

Michael Schankweiler ist Jahrgang 1960, seit 2013 geschieden, Vater von drei Kindern und seit 1998 Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Oberwinter.

Er ist seit 2005 Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland und unterrichtet Neuere Kirchengeschichte an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum.

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