Lebenskunstmarkt in Remagen Markt trumpfte erneut als Fest für alle Sinne auf

REMAGEN · Samstagnachmittag, in Remagen: Der elfte Lebenskunstmarkt hat die Stadt am Rhein voll im Griff, macht sie zum wogenden Zentrum für Kunst, Kunsthandwerk, Genüsse und Musik.

 Lebenskunstmarkt: Da greift der Flic zum Akkordeon und der Postillon singt mit.

Lebenskunstmarkt: Da greift der Flic zum Akkordeon und der Postillon singt mit.

Foto: Martin Gausmann

Das weckt trotz Wolken Urlaubsstimmung wie am Mittelmeer. "Ein Eis, ein Eis", fordert Julia, an Mamas Ärmel hüpfend. Aber Tina und Klaus führen im Gewimmel noch die "Kunst-oder-Käse-Debatte". Sie will "diesmal richtig viele Bilder sehen" und ein Mitbringsel für Omi finden. Ihn interessiert "Gutes für Gaumen und Ohren". Als die Kleine fröhlich "wir machen alles" ruft, geht die Familie einfach der Nase nach.

Das heißt in der Josefstraße, dem verführerischen Duft von Wurst, Käse und Gebäck zu folgen. Klaus ist dabei, als am Käsestand Jean-Louis Picca aus Aix en Provençe gerade eine Runde Brie schmeißt. Auch Julia darf zugreifen. Aus dem reichen Angebot hat es der Siebenjährigen ausgerechnet der sehr pikante Canon angetan.

"Ist lecker", schwärmt sie augenrollend, während Tina nebenan über Unmengen Salamisorten von Wildschwein, Esel, Ente und Hausschwein staunt, mit und ohne Roquefort, Feigen, Lavendel und Knoblauch: "Irre". Gegenüber gibt es bei Laurant Dominguez in leuchtend Pink, Lila und Grün "Macarons", zartes Baisergebäck mit Mandelmehl, und einige Schritte weiter präsentiert Nicolas Magurno sein Oliven-Eldorado. Andere Wohlgerüche entströmen den Seifen, und kosmetische wie medizinische Wohltaten hält der Bonner Martin Singer mit Arganöl, "das flüssige Gold Marokkos", bereit.

Am Marktplatz trennt sich das Trio. Denn Bigband-Töne ziehen Klaus unweigerlich zu den "FGAN-Lunchbreakers", die vor dem Rathaus Jazz- und Dixiesound unter die Leute bringen, gefolgt von der Showtanzgruppe Las Flamencos in herrlichen Kostümen. Julia darf zu einer der Mitmachaktionen. Sie wählt Regenbogen-Drehbilder bei Judith Lemke, "da kann ich mit der Gabel Farbe verteilen". Bevor Mama, Papa, Kind wieder zusammenkommen, um sich mit Toskanabraten, Gambas, mediterranem Gemüse-Eintopf oder Pfanne "Cocolores" einheimischer Gastronomen zu stärken, bleibt Tina Zeit für ihre Streifzüge.

Ihr gehen die Augen über angesichts gefühlter unendlicher Bilderwelten in den Galerien Artspace K2, Rosemarie Bassi, Modern Art Showroom und Kunstraum Remagen Mitte sowie Kunst in rund 20 Zelten der Lebenskunstmarkt-Galerie, wo man lokale und regionale Künstler antrifft. Dazu teilen sich BBK-Neulinge und Mitglieder von Art am Rolandsbogen mit Kreativen, die ihre Ateliers öffnen, das Künstlerforum, sind Maler in der Kulturwerkstatt vertreten und wird das Katholische Pfarrzentrum von der Gruppe RheinArt bespielt.

Das Präsent für Omi vermutet Tina irgendwo in der Fülle von Produkten aus Keramik, Leder, Glas, Metall oder Stoff der Kunsthandwerker. Dass es in Remagen "ganz viele Stände mit Niveau" gibt, wie nicht nur eine ältere Stammbesucherin aus Bad Neuenahr meint, sondern immer wieder von Gästen und Ausstellern zu hören ist, macht die Sache nicht einfacher - kein Wunder bei mehr als 200 Marktbeschickern insgesamt.

Hingucker von exquisit bis originell, nützlich bis rein dekorativ ziehen die Aufmerksamkeit an. Besteckkünstler Arno Münch verwandelt altes Silber in Gabel-Armspangen und Ringe. Rena Senkowski verblüfft durch Schmuck aus farbigem Papier. Hell türkisblau und sandfarben töpfert Maria Ziaja Geschirr und Carsten Wirths offeriert tolle Feuertonnen. Durch die Front bezirzen Rita Nittenwilms hippe "Deckeltaschen".

Und aus der Drechselstube Bertold Stangs kommen schöne Holzstifte mit Intarsien auf engstem Raum. Der "Geldschneider" Ulrich Sandrock ist nicht zu verwechseln mit einem Beutelschneider, sondern sägt aus Münzen filigrane Kunstwerke. Sogar Engel für alle Lebenslagen sind vertreten. Sie zaubern, wie von Schöpferin Katja Düser beabsichtigt, treuherzig-heiter den Besuchern ein Lächeln aufs Gesicht. Auch Julia, die plötzlich mit Gefrorenem auftaucht, kann nicht anders, weshalb sie das Lecken vergisst.

So fließt beim Markterlebnis eben alles zum großen Wohlfühlstrom zusammen, der Rhein und das Mittelmeer und ein Eis von Julia.

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