Remagener Klassik-Reihe Leid und Leichtigkeit auf der Posaune

REMAGEN · Kölner Musikhochschüler bringen ihrem Publikum die klanglichen Möglichkeiten der Posaune nahe und lassen die Mauern der Rheinhalle erzittern.

 Das Posaunenensemble der Kölner Hochschule für Musik und Tanz überzeugte die Zuhörer. GAUSMANN

Das Posaunenensemble der Kölner Hochschule für Musik und Tanz überzeugte die Zuhörer. GAUSMANN

Foto: Martin Gausmann

Ob sie wüssten, worauf sie sich eingelassen hätten, fragte Ulrich Flad die Zuhörer beim jüngsten Konzert innerhalb der Remagener Klassik-Reihe. Und ob sie keine Angst hätten, dass die Mauern ihrer Rheinhalle einstürzten, sagte er mit Bezug auf die angeblich durch Posaunen eingestürzten biblischen Mauern von Jericho. Schließlich war Flad beim dritten Gastspiel dieser Art mit großem Aufgebot an Posaunen gekommen. 16 seiner Schüler hatte der Professor für Posaune an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und erste Posaunist im Orchester der Bayreuther Festspiele mitgebracht, die in diversen Besetzungen und auch mal vereint musizierten.

Da wurde es durchaus auch mal ordentlich laut. Die gute Nachricht: Die Mauern fielen nicht ein. Und eine schlechte Nachricht gab es nicht. Außer vielleicht, dass man den jungen Musikern noch viel mehr als die rund 60 Zuhörer gewünscht hätte. Zumal sie, nicht zuletzt weil das Ensemble im Februar die Aufnahme einer CD plant, sehr engagiert und inspiriert und inspirierend zu Werke gingen. Dazwischen gab es „lustige Überraschungen“, wie Flad ankündigte. Dazu gehörten unter anderem die launigen Moderationen der jungen Studierenden, die zuweilen in anderen Sprachen, aber mit Übersetzung, erfolgten.

Schon bei Eric Ewazens „Fantasy and Double Fuge“ oder Enrique Crespos Bruckner-Etüde für das tiefe Blech demonstrierten sie langen Atem und saubere Intonation, auch auf der Kontrabassposaune, die extra tief brummte. Auf barocken Instrumenten wussten vier der Studierenden in einer Sonate von Giovanni Gabrieli ebenso zu überzeugen wie bei der „Registrierung“ der Passacaglia in c-Moll von Johann Sebastian Bach, bei der eindeutig auszumachen war, dass es sich ursprünglich um eine Komposition für Orgel handelte. „Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen?“ hieß die Motette nach Johannes Brahms, bei der schon zum Auftakt ein langer auf einen kurzen Ton folgte. Auch in der Wiederholung grub sich diese eindringliche Frage nach dem Warum, nach dem Grund für das Böse in der Welt, wie ein Verzweiflungsruf in die Gehörgänge der Zuhörer. Unglück, Gram und Mutlosigkeit drückte die Realisation aus, die nach einer Zäsur dennoch zu einem versöhnlichen, ja sogar geradezu zuversichtlich bis frohen Ende fand.

Das Programm führte von der Renaissance über die Romantik in die Moderne. Energiegeladen, leidenschaftlich und dynamisch begegneten die jungen Akteure den temperamentvollen „Schwedischen Tänzen“ Max Bruchs, wobei sie mehr als eine technische Herausforderung auf ihren Instrumenten meisterten. Auch ohne das Dirigat ihres Professors kamen sie beim „One Note Samba“, unterstützt durch Perkussion, nicht aus dem Takt. So gut gelaunt wie die fast zwei Stunden gestalteten sie den Schluss des Konzerts. Zum Jazz-Standard „Frankie and Johnny“ sah der Zuhörer förmlich vor dem geistigen Auge Fred Astaire mit schierer Leichtigkeit übers Parkett steppen auch wenn eine tragische Beziehungsgeschichte dahinter steckte. Und die Zugabe „Send in the clowns“ mit allen Posaunisten gemeinsam setzte einen würdigen Schlusspunkt.

Der Schlussapplaus bewies, dass das Ensemble wieder einige Fans mehr für ihr Instrument gewinnen konnte. Von Angst und Endzeitstimmung wie bei den Posaunen von Jericho keine Spur mehr, aber das seien damals sowieso keine Posaunen sondern Widderhörner gewesen, sagte Flad.

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