Eine Fest für Schlager- und Karnevalsfreunde Kulturwerkstatt wird zur Kölsch-Kneipe

REMAGEN · Akteure machen Publikum und Spielort beim Rheinischen Wirtshaus-Musical zum Teil der Inszenierung.

 Unterhalten im Rheinischen Wirtshaus: Many Lohmer und Christoph Heiner (rechts).

Unterhalten im Rheinischen Wirtshaus: Many Lohmer und Christoph Heiner (rechts).

Foto: Martin Gausmann

Die imaginäre Grenze zwischen Bühne und Publikumsraum wurde durchbrochen. Immer wieder und mit allen Konsequenzen. Die Akteure unterteilten ihr Publikum in "die vom Ordnungsamt", "die Trauergemeinde von Tante Soffi" und den "Gesangverein an der Theke" und raunzten schon mal gespielt schnoddrig in Köbes-Manier einen Zuschauer an, staunten aber ihrerseits auch nicht schlecht über manche Kommentare aus dem Saal.

Mitmachen und Mitsingen ist das Konzept beim "Rheinischen Wirtshaus-Musical", das die ausverkaufte Kulturwerkstatt zur Kölsch-Kneipe machte und die hundert Zuschauer sowie den Spielort zum Teil der Show. Bei Tischbewirtung, natürlich mit Kölsch, entsponn sich die unschwer zu verfolgende und von manchem Klischee zehrende Geschichte um die Wirtsleute Gottfried und Annemie Himmelreich (gespielt von Many Lohmer und Carmen-Marie Zens). Er will Karriere als Sänger machen und hat daher nur seinen ersten großen Auftritt in Bergheim und sein Interview mit der "sehr berühmten" und etwas überdrehten TV-Moderatorin "Mareike von Pro 11" (Johanna Cora Müllers) im Sinn, die ihn groß rausbringen will.

Derweil engagiert sie den aus Westfalen stammenden Gisbert Biermann (Peter Thomas) als eifrigen "Aushilfswirt" und "Wirtschaftsexperten", der das Gasthaus in ein feines Speiselokal verwandeln möchte. Dagegen ist nicht nur der langjährige Kellner und Faktotum des Hauses, Manuel (Christoph Heiner), dessen spanischer Akzent im Kölschen Kauderwelsch auch gerne mal für den ein oder anderen Lacher sorgte und dessen Interpretation von "Eimol Prinz ze sin" mit rollendem "R" manchem einen Sonderapplaus wert war.

Gleiches galt für "Immi" Gisberts Versuch, die Kölsche Speisekarte ins Hochdeutsche zu übersetzen: "Jrompere" als Zuschauervorschlag für "Äädappel" machte ihm nicht wirklich das Leben leichter. Aber ganz eigenständig machte er aus "Decke Bunne met Speck" "große Bohnen an Bauch vom iberischen Hausschwein". Nur beim Bier blieb Annemie hart, und "Pils" duldete sie ausschließlich als "Pilz": "Ein Pilz kommt bei uns im Herbst in die Pfanne und ansonsten geht man damit zum Arzt."

Freunde frotzeligen und klamaukigen Wirtshaushumors kamen bei der Sonderveranstaltung der Stadt Remagen in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Altes Jugendheim ebenso auf ihre Kosten wie alle Fans von Schlagern und Karnevalsliedern, die die Akteure oft indes mit einem veränderten, wenn auch schnell lernbaren Text versehen hatten: Aus Udo Jürgens' "Ich war noch niemals in New York" wurde "Ich war noch niemals in Köln-Deutz", aus Abbas "Dancing Queen" wurde "Fernsehstar" und aus "Griechischer Wein" "Kölle am Rhein".

Schon beim ersten Lied, "Die beste Kneipe der Welt", war das amüsierfreudige Publikum mit Singen, Schunkeln und Klatschen engagiert dabei und blieb es bis zum Happy End zum Titelsong "Sulang mer singe".

Was dazwischen passierte, war nur zum Teil vorgezeichnet. Hieß es eingangs noch "Manuel, der selbe Anfang wie jeden Abend" wurde daraus eine Inszenierung, bei der sich selbst Prodzent, Drehbuchautor und Regisseur Klaus Pepper nach anderthalb Jahren auf Tour mit dem Stück die Augen rieb: "So viel haben die noch nie improvisiert. Sie lassen sich von den Zuschauern tragen."

Und auch Remagens Verkehrsamtchef Martin Tillmann war aus dem Häuschen: "Das ist eine ganz andere Show als ich sie in Bonn gesehen habe." Zum "Running Gag" wurde der Mechanismus der Tür, die neben der Bühne zu den Toiletten der Kulturwerkstatt führt und nur vermeintlich einen Fehler, sondern eigentlich eine Feder hat. Schier verzweifelt und in aufreizender Pose machte sich Mareike im Zuschauerraum auf die Suche nach einer funktionierenden Steckdose.

Und spontan tanzten Gisbert und Manuel nicht nur zwischendurch auf der Bühne Sirtaki, sondern am Schluss wagten auch die Akteure und einzelne Zuschauer ein Abschlusstänzchen.

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