Forschungsprojekt des Rhein-Ahr-Campus Fachhochschule Remagen untersucht das soziale Miteinander

REMAGEN/BURGBROHL · Die Remagener Fachhochschule untersucht das soziale Miteinander in Burgbrohl. „Sozialkapital in ländlichen Gemeinden“ lautet der Titel des ambitionierten Forschungsprojektes, das ermitteln soll, was die lokale Gemeinschaft zusammenhält.

 Hochschulprofessor Lutz Thieme (r.) und Vertreter des Rhein-Ahr-Campus im Gespräch mit Burgbrohlern.

Hochschulprofessor Lutz Thieme (r.) und Vertreter des Rhein-Ahr-Campus im Gespräch mit Burgbrohlern.

Foto: Martin Gausmann

Die Gemeinschaft bröckelt – selbst auf dem Land. Welche Bedeutung hat da noch Heimat? Zu den Phänomen des demografischen Wandels gehört die zunehmende Landflucht der Bevölkerung. Während Ballungsräume wie Mainz, Koblenz oder Bonn wachsen, droht einigen Kommunen ein Ausbluten. Die Fachhochschule in Remagen will Ursachenforschung betreiben. Dies am Beispiel der 3200-Einwohner-Gemeinde Burgbrohl.

„Sozialkapital in ländlichen Gemeinden“ lautet der Titel des ambitionierten Forschungsprojektes, das ermitteln soll, was die lokale Gemeinschaft (noch) zusammenhält, was Menschen an ihren Wohnort bindet und warum Menschen den Ort, in dem sie aufgewachsen sind, verlassen. „Was kann lokal getan werden, um das soziale Miteinander zu stärken?“, fragt Hochschulprofessor Lutz Thieme, der das Projekt leitet.

Lange wurde davon ausgegangen, dass es überwiegend junge Leute sind, die dem Leben in der Stadt den Vorzug geben. Ein Beleg dafür ist beispielsweise der Run auf Universitätsstädte. Auch der Einstieg ins Berufsleben scheint in den Metropolen leichter zu fallen. Inzwischen wird allerdings auch ein verstärkter Wegzug von älteren Menschen festgestellt, die ihren Lebensabend lieber in einem Umfeld mit städtischen Strukturen verbringen wollen. Trotz hoher Mieten.

Stadtleben bietet Mehrwert an Unterhaltung und Freizeitangeboten

Kein Wunder: Das Stadtleben bietet einen Mehrwert an Unterhaltung und Freizeitangeboten und vor allem eine gute ärztliche Versorgung. Selbst die in den Städten meist gegebene Anonymität wird von vielen inzwischen eher als Gewinn denn als Manko angesehen. Abgasluft und von städtischer Hektik geprägtes Leben wird dem Kuhstallgeruch und der Naturverbundenheit mit Feld, Wald und Wiese gegenüber bevorzugt.

Andere schreckt die Anonymität, die fehlende Hilfe unter Nachbarn und der Mangel an dörflicher Geborgenheit und Gemeinschaft indes ab. Für sie ist eine nur schwer messbare Größe entscheidend für ihr Leben in der Idylle: das „Sozialkapital Dorf“. Das Projekt der Remagener Hochschule soll nun ermitteln, wie „Heimat“ als kleiner vertrauter und überschaubarer Lebensraum in Zeiten der Migration, der Globalisierung und Digitalisierung mit neuem Leben gefüllt werden kann – quasi gegen den Strom.

Für das Forschungsprojekt, das im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung durchgeführt wird, sollen erstmals auch Daten herangezogen werden, die anonymisiert Rückschlüsse auf die Verwurzelung in der Region zulassen. Die Studie ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Fachbereiche Mathematik und Technik sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule. Burgbrohl ist dabei Kooperationspartner.

Nur wenige bei Auftaktveranstaltung

Dort suchen die Forscher nun Probanden. Zielgruppe sind 15- bis 45-jährige Bewohner aus der Ortsgemeinde Burgbrohl. Sie sollen eine App auf ihrem Smartphone installieren, einen Fragebogen online auszufüllen und sollten Google-Nutzer sein. Ihre aufgezeichneten Daten im Untersuchungszeitraum von drei Monaten dienen dazu, „die eigene Ortsgemeinde noch besser zu machen“ Thieme und sein Team wollen wissen: An welchen Orten finden Treffen statt? Wie kann dieser Ort noch besser genutzt werden? Oder was wünschen sich die Bewohner?

Als Fernziel sehen die Forscher die politische und städteplanerische Optimierung von Dörfern und Gemeinden bei gleichzeitiger Erhaltung von Sozialkapital durch die Bindung an den Wohnort.

Zur Auftaktveranstaltung im Haus der Kultur waren allerdings nur wenige gekommen. Ortsbürgermeister Walter Schneider hatte zwar zuvor Flyer an alle Haushalte verteilt, die Resonanz blieb aber bescheiden. „Vielleicht sollten wir die für die Studie in Frage kommende Zielgruppe besser über das Internet ansprechen“, meinte er. Vielleicht ist aber auch das Bedürfnis nach Optimierung der Heimat zu wenig ausgeprägt.

Im Gemeinderat sollen die Untersuchungsergebnisse Anfang des nächsten Jahres vorgestellt werden.

Interessenten können sich für Rückfragen an Dirk Buchholtz vom Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz wenden (buchholtz@hs-koblenz.de).

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