Friedensmuseum in Remagen Buch kehrt nach Irrfahrt zurück

REMAGEN · Ein "uraltes Büchlein", das 1945 Remagen verließ, werde in die Stadt zurückkehren, verlautete das Friedensmuseum. Nun erfolgte die denkwürdige Übergabe durch Patricia Kirk-Trimble, Beschäftigte des US-Militärstützpunkts in Wiesbaden, an Museumsgründer Hans Peter Kürten. Damit schließt sich ein Kreis, und dennoch bleiben Fragen.

 Hans Peter Kürten und Patricia Kirk-Trimble.

Hans Peter Kürten und Patricia Kirk-Trimble.

Foto: Martin Gausmann

Der ehemalige US-Soldat James E. Routh aus North Carolina, autorisierte die Frau seines Neffen als Überbringerin. Begleitet von Freundin Carol Mckinney, händigte sie nach dem Besuch des Museums neben dem Buch auch einige Seiten Kriegserinnerungen und einen Katalog mit grafischen Arbeiten des heute 95-Jährigen aus. Denn Routh, in New Orleans geboren, hatte in der bekannten New Yorker Art Students League Malerei studiert und war künstlerisch tätig, bevor er als Grafikdesigner beim Flughafen von Atlanta wirkte.

Dazwischen lag der Zweite Weltkrieg und Routh? Einsatz in der "Ordnance Ammunition Group", einer Artillerie-Nachschubkolonne, gegründet vor der Invasion der Normandie. Die Logistikeinheit hatte die Kommunikation über Funk sicherzustellen sowie Waffendepots und Versorgungspunkte nahe der Kampflinie einzurichten. Wenige Tage, nachdem die 9. US-Panzerdivision am 7. März 1945 die intakte Ludendorffbrücke erobert, erreicht der junge Sergeant mit seiner Einheit Remagen.

Sie beziehen Quartier in einem teilzerstörten historischen Gebäude mit Stallungen, Wirtschaftsgebäuden und Wassergraben, in dem Vieh und Möbel schwammen. Vom Schlafzimmer aus, so Routh in seinen Aufzeichnungen, blickt er auf den Strom und die noch vorhandene Rheinbrücke. Beeindruckt ist er von "a beautiful paneled library", einer wundervoll getäfelten Bibliothek, mit faszinierendem Bücherbestand.

Er staunt über alte Manuskripte in gotischer Schrift und die zahlreichen Folianten. Bei erneutem Betreten sind die Bücher fort und die Regale mit Militärbedarf gefüllt. Draußen brennen die Bücher. "Einen einzigen Band konnte er retten", erklärt Patricia Kirk-Trimble, als sie ihr wertvolles Mitbringsel überreicht. Hans Peter Kürten und Stadtarchivar Kurt Kleemann, die bis dahin nicht wissen, um was es sich handelt, schlagen die in Pergament eingebundene Preziose auf und lesen: "De Boecken der belydenissen van S. Augustyn". Es ist das berühmte Werk des heiligen Augustinus, Theologe, Philosoph und einer der vier großen abendländischen Kirchenväter, gedruckt in Antwerpen 1635.

"Wir sind glücklich darüber, dass jemand aus Amerika nach so langer Zeit eine Verwandte schickt, um das Buch heimkehren zu lassen", sagte Kürten gerührt. Als Dank erhielt Patricia Kirk-Trimble, die ihrerseits die Begegnung an historischer Stätte als "an honour", eine Ehre, empfand, den Brückenstein Nummer 5215. Kürtens erfolgreiche Idee, Originalbrückensteine anzubieten, ermöglichte es 1980 das Friedensmuseum zu eröffnen. Seither haben es rund 690 000 Menschen besucht. "Aber dies ist der erste Stein, der verschenkt wird", betonte Kürten.

Woher genau das Buch stammt, will Historiker Kleemann herausfinden. Bislang hat er keine Vermutung, auf welchem Besitz sich die Bibliothek befunden haben kann: "Ein Gebäude mit Wassergraben ist mir nicht bekannt". Da Routh? Bericht die Schilderungen verschiedener Gebäude enthält und von Vorkommnissen in Remagen und Rheinbach die Rede ist, kann Kleemann indes auch eine Verwechslung nicht ganz ausschließen.

Augustinus von Hippo

Der Kirchenlehrer und Philosoph Augustinus von Hippo, geboren am 13. November 354 in Tagaste, Numidien, heute Souk Ahras in Algerien, gestorben 430, hinterließ zahlreiche Schriften. Am bekanntesten sind "Der Gottesstaat" und die "Bekenntnisse", Augustinus? Lebensgeschichte als Entwicklung hin zu Gott.

Die in Remagen überreichte Ausgabe hat 415 Seiten, sowie handschriftliche Einträge. Die einzige Illustration bezieht sich auf eine Legende, in der Augustinus am Meeresufer wandelt und einen Knaben sieht, der Wasser in eine Sandgrube schöpft. Befragt, was es tue, antwortete das Kind: Dasselbe, wie du! Du willst die Unergründlichkeit Gottes mit deinen Gedanken ausschöpfen - ich versuche, das Meer auszuschöpfen!

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