Initiative "Bahnfahren ist in Oberwinter wie Lottospielen“

OBERWINTER · Die Initiative Bahnhof Oberwinter fordert die Reaktivierung alter Gleiswege, damit schnelle Fernzüge den Nahverkehr überholen können.

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Foto: Konrads

Sie sprechen von einem „Fiasko“, von „unzumutbaren Verspätungen“, von „unterirdischem Service“ und von „miserablen Leistungen“: Bahnnutzer in Oberwinter sind sauer. „In der Tat ist Bahnfahren im Rheintal zum Lotteriespiel geworden“, erklärt Ingo Konrads, der Sprecher der Initiative Bahnhof Oberwinter. Regelmäßig stelle sich die Frage: „Kommt der Zug oder kommt er nicht?“

Dass es sich dabei nicht um eine vorübergehende Erscheinung eines kleinen Provinzbahnhofs an der Rheinstrecke handelt, machten jüngst veröffentlichte Statistiken deutlich. Von Februar bis Juni waren die Ankünfte und Abfahrten an den Bahnhöfen Mainz, Kaiserslautern und Koblenz untersucht worden.

45 Prozent der Fernzüge kommen zu spät in Koblenz an

Demnach verspäteten sich rund 15 Prozent der Züge um mehr als fünf Minuten. Absolutes Schlusslicht in Sachen Pünktlichkeit ist in Rheinland-Pfalz der Bahnhof Koblenz: Fast 45 Prozent der Züge des Fernverkehrs kommen hier zu spät an, berichtet Konrads. Kein Wunder, denn die linke Rheinstrecke gilt als völlig überlastet. Konrads spricht von hausgemachten Problemen.

„Während es früher die Möglichkeit gab, dass der Fernverkehr den Nahverkehr oder Güterzüge einfach überholte und damit für eine hohe Pünktlichkeit der Verbindungen gesorgt hat, ist das heutzutage nicht mehr so einfach“, meint Philipp Rosenthal von der Initiative. „Denn um Kosten zu sparen, wurden an vielen Stellen einfach Weichen und Gleise herausgerissen, was sich nun rächt.“ Bahnkritiker Robert Schittko ergänzt: „Man muss sich die Bahnstrecke im Rheintal wie eine Bundesstraße vorstellen, auf der sich langsame und schnelle Fahrzeuge nur eine Fahrspur in jede Richtung teilen. Überholmöglichkeiten gibt es nur wenige. Das muss unweigerlich zu Konflikten und Verspätungen führen.“

Früher gab es auch in Oberwinter die für einen flüssigen Betrieb so wichtigen Überholgleise. „Der Nahverkehr konnte darauf sozusagen rechts ranfahren und dem Fernverkehr Platz machen“, so Schittko. Die Forderung der Initiative Bahnhof Oberwinter: Die alten Gleiswege sollen reaktiviert werden, damit schnelle Züge eine Überholmöglichkeit bekommen.

Reaktivierung des Gleises würde entlasten

Tatsächlich prüft nach Informationen der Bahnhofinitiative die DB AG die Machbarkeit schon länger. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen bestätigte gegenüber der Initiative, dass eine Reaktivierung zugunsten der Verkehrsqualität klar befürwortet würde. Derweil treibe aber die DB Station & Service AG über ihr Bahnhofsmanagement die Vorbereitung für den Umbau des Bahnhofs Oberwinter so voran, dass 2020 die Möglichkeit, Überholgleise zu verlegen, endgültig verbaut werde. Los geht es im Januar 2020 mit dem Abriss der Bahnsteigüberdachungen. Im August sollen dort, wo ehedem die Gleise lagen, jeweils zwei rund 100 Meter lange Betonrampen als neue Bahnsteigzugänge in den Boden kommen.

„Wenn das alles so durchkommt und die zusätzlichen Gleise nicht mehr gebaut werden können, wird sich der Bahnhof Oberwinter einreihen in die lange Liste der Fehlplanungen. Es werden letztlich Steuergelder in Millionenhöhe verbraten, ohne dass sich die Situation im Rheintal verbessert“, schimpft Philipp Rosenthal. Deshalb fordert die Initiative eine Neuplanung und Neubewertung der Situation. Bei einem wachsenden Schienenverkehr sei das Zubetonieren einstmals mit Sinn und Verstand errichteter Bahngleise sicher keine zukunftsfähige Lösung.

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