Kita-Kind stirbt in Bad Breisig Prozess soll Tod des dreijährigen Ramsan aufklären

Sinzig · Der Prozess um das tote Kind in einer Bad Breisiger Kita wird fortgesetzt. Die Frage, warum Ramsan die Kita verließ, ist nach wie vor ungeklärt.

 Kita-Prozess im Sinziger Amtsgericht: Der Aktenberg von Richter Guido Schmitz wird immer höher.

Kita-Prozess im Sinziger Amtsgericht: Der Aktenberg von Richter Guido Schmitz wird immer höher.

Foto: Martin Gausmann

Wer die Zeugenaussagen an den bislang vier Verhandlungstagen verfolgt hat, der ist nicht in der Lage, sich blind in der Bad Breisiger Kita „Regenbogen“ zu bewegen. Aber er könnte inzwischen, selbst wenn er nie dort gewesen ist, einen groben Grundriss des Gebäudes zeichnen. Die langjährige Leiterin dieser kommunalen Einrichtung muss sich derzeit vor dem Amtsgericht Sinzig verantworten. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger werfen ihr vor, Dienstpflichten verletzt und dadurch mit verursacht zu haben, dass ein Dreijähriger die Kita am 8. Mai 2017 unbemerkt verlassen konnte, auf ein Nachbargrundstück lief, dort unglücklicherweise in einen Teich stürzte, das Bewusstsein verlor und trotz Wiederbelebungsversuchen einige Stunden später starb.

Wer den Aussagen des runden Dutzends Zeugen aufmerksam folgte, die bislang vernommen wurden, der wäre auch in der Lage, den Gebäudegrundriss zu beschriften, also einzutragen, wo sich Flure, Treppen und Foyer, wo sich Toiletten, Waschräume, Küche, Cafeteria und wo sich Turnhalle, Nestbereich, Bau- und Rollenspielraum befinden.

Ablauf des Unglücks ist weiter unklar

Er könnte Auskunft auch darüber geben, wo sich Türen befinden, wohin sie führen und ob und wann sie während eines normalen Kita-Tages geöffnet, geschlossen, kindergesichert oder verschlossen sind. „Aufmerksame Zuhörer sind in der Lage, das Geschehen am Unglückstag bis zum Auffinden des ertrunkenen Kleinen fast schon auf Sekundenbruchteile genau zu protokollieren“, formulierte Richter Guido Schmitz zugespitzt.

Trotzdem tappen er und Staatsanwältin Vanessa Leibrock, die Vertreter der als Nebenkläger auftretenden Eltern und die Verteidigerin nach wie vor im Dunkeln, was die Frage betrifft, wie Ramsan das Gebäude unbemerkt verlassen konnte. Schlüpfte er durch den Haupteingang oder nahm er den Weg durch den unbeleuchteten Personalflur? Gelangte er durch die zum Außenspielplatz führende Tür im Parterre oder die Tür im Obergeschoss nach draußen, die über eine Außentreppe ebenfalls auf den Spielplatz führt?

Aussage unter Tränen

Bewegend war am Donnerstag vor allem die Schilderung der für Lebensmitteleinkauf und Küche zuständigen Kita-Mitarbeiterin. Unter Tränen beschrieb sie, wie sie während der bereits angelaufenen Suchaktion auf die Idee kam, dass Ramsan auf das Nachbargrundstück gelaufen sein könnte, wie sie dorthin lief, den kleinen Körper bäuchlings im Teich liegen sah und ihn mit Hilfe einer Kollegin barg. “Seitdem kann ich nicht mehr ruhig schlafen”, klagte sie, habe sich in Behandlung begeben und müsse Medikamente nehmen.

Warum hat Ramsan wohl die Kita verlassen? Am Morgen des Unglückstages musste er getröstet werden; denn der Kleine weinte, weil er nicht im Bauraum spielen durfte. Soviel ist klar. Die Aussagen der Zeugen fügten sich nach und nach sogar zu einem kleinen Psychogramm des Jungen zusammen: Lebhaft war er und ein aufgewecktes Kerlchen – dabei auch charmant. Ramsan sei “gerne mal ausgerissen”, erinnerte sich ein Erzieher, und er habe sich auch „immer mal wieder versteckt“. War es etwa eine Trotzreaktion, dass er sich aus der Kita schlich?

Beim nächsten Termin soll ein Vater vernommen werden, der seinen zu dieser Zeit noch in der Eingewöhnungsphase befindlichen Sohn außerhalb der üblichen Abholzeit aus der Kita abholten – etwa zu der Zeit, als Ramsan verschwand.

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