Solidarität unter Nachbarn Lebensmittel werden in Ahrweiler bis vor die Haustür gebracht

Ahrweiler · In Zeiten von Corona wird Solidarität groß geschrieben. Nachbarn im Kreis Ahrweiler wollen sich Unterstützung bieten und kaufen für ihre Nachbarn ein.

Nachbarschaftshilfe ohne Kontakt: Einkäufe vor die Tür stellen, klingeln und wieder weggehen.

Nachbarschaftshilfe ohne Kontakt: Einkäufe vor die Tür stellen, klingeln und wieder weggehen.

Foto: Martin Gausmann

Die Corona-Krise verunsichert die Menschen. Selbst Wissenschaftler schätzen die Lage von Tag zu Tag neu ein. Da sind es gute Nachrichten, wenn auch im Kreis Ahrweiler Einrichtungen, Jugendorganisationen von Parteien, Firmen und Einzelpersonen initiativ werden, mit der Absicht, diejenigen, die es besonders nötig haben, im Alltag zu unterstützen. Der General-Anzeiger nennt einige Beispiele.

„Seid Ihr etwas älter, habt Ihr Vorerkrankungen oder gehört Ihr zu den Risikomenschen und möchtet Euch nicht diesem Coronavirus aussetzen und gesund bleiben? Wir erledigen gerne Ihren Einkauf, machen gerne kleinere Besorgungen für Sie, damit Sie glücklich und gesund bleiben.“ Mit diesem Angebot (0 26 42/9 82 50) wandte sich Thomas Milbradt in den sozialen Medien an alle Sinziger Bürger. Der General-Anzeiger fragte nach und wurde die Vorgeschichte gewahr: Milbradt, Geschäftsführer der TSS Autoteile Sinzig, berichtet, wie er erschrak, als seine Eltern im Alter um die 80 ihm ganz stolz erzählten, sie seien den ganzen Tag einkaufen gewesen. Er dachte sich, „das kann es nicht sein, dass die Gefährdetsten, die Älteren, dieses Risiko eingehen“.

Unternehmen helfen

Daher sein Aufruf, der auch potenzielle Helfer anspricht. „Es haben sich schon 50 Leute gemeldet, die bereit sind, eingesetzt zu werden“, sagt Milbradt. Er stehe dafür in Verbindung mit dem Ortsvorsteher von Westum, Mario Wettlaufer, und dieser mit Bürgermeister Andreas Geron. Die Aktionen müssen schließlich koordiniert werden. Zudem will Milbradt sicherstellen, „keinem Lebensmittelhändler in die Quere zu kommen“.

Was seinen eigenen Betrieb angeht, sagt der Leiter der Lkw-Reparaturwerkstatt: „Unser Lager ist auf der Autobahn.“ Er meint damit die rollenden Zulieferer aus dem Ausland. Für ihn ist absehbar: „Die Auslieferung wird zurückgehen; meine 30 Angestellten, die ohne Ersatzteile nicht arbeiten können, will ich nicht nach Hause schicken, sondern sinnvoll beschäftigen.“ Nachdrücklich stellt Milbradt für das Hilfsangebot fest: „Ich will keinen Euro daran verdienen“.

Bei dem Sinziger Geschäftsmann haben sich Denis und Michael Holzem von Holzem Bedachungen mit Sitz in Heimersheim die Anregung für ihren gleichgearteten sozialen Einsatz geholt. Sie wollen mit dem gesamten Team für Bürger der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler Einkäufe und Besorgungen organisieren und so „einen kleinen Beitrag der Hilfe zu dieser Katastrophe beitragen“ (0 26 41/20 71 39). Hilfestellung für alleinstehende Senioren oder risikogefährdete Mitmenschen auf der Grafschaft bieten die Mitglieder des DRK Grafschaft an. Einwohner der Zielgruppe, „die zurzeit ihre Wohnungen nicht verlassen können oder dürfen“, können sich telefonisch unter 026 42/93 51 22 oder per Mail vorsitz@drk-grafschaft.org bei dem Vorsitzenden Jürgen Peckart melden.

Auch der DRK Ortsverein Bad Breisig will für die Bürger der Verbandsgemeinde Bad Breisig da sein und zwar mit einem Einkaufsservice für alle, „die zur Zeit nicht vor die Tür können oder dürfen“. Wer Bedarf hat, wendet sich unter 0 26 33/47 02 99 an den Vorsitzenden Karl-Heinz Bernardy.

Auf die Problematik rund um das Thema „Corona“ reagiert man im Remagener Ortsteil Oedingen mit der Gründung der Whats App-Gruppe „Wir sind Oedingen“. Ortsvorsteher Olaf Wulf berichtet, es habe sich eine Gruppe Freiwilliger gebildet, um im Ort lebende Personen zu unterstützen, „welche krankheits- oder altersbedingt, alleinstehend ohne familiäres Umfeld, in irgendeiner Form Hilfe benötigen.“ Vom „einfachen Einkauf“, bis zur „Organisation vielfältiger Art“ reiche die Hilfe (Infos ☏ 0 26 42/90 30 73). Zudem rät Wulf, sich am Ortskasten in der Ortsmitte zu informieren. Der Ortsvorsteher Remagens, Wilfried Humpert, macht auf das online-Werkzeug www.nebenan.de aufmerksam, das im Caritas-Projekt „Leben und Älterwerden in Remagen“ thematisiert und im Vorjahr auch für die Bürger von Remagen freigeschaltet wurde.

Registrierte Bewohner könnten ganz einfach mit der Hausgemeinschaft, der Nachbarschaft oder auch über die Grenzen der Nachbarschaften hinaus miteinander kommunizieren. Stündlich würden auf dem Portal nebenan.de in Remagen neue Hilfsangebote engagierter Einwohnern eingestellt.

Plattform für Nachbarn

Da aber „nur“ 310 aktive Remagen-Nachbarn auf dem Portal registriert seien, appelliert Humpert an die Remagener Bürger, sich auf www.nebenan.de/hood/remagen anzumelden oder sich von bereits aktiven Nachbarn einladen zu lassen, als Teil „einer großen Gemeinschaft, die in schwierigen Zeiten zusammenhält.“

Ebenso sind zahlreiche Einzelpersonen entschlossen, in ihrem Umfeld den gefährdeten Mitmenschen zu helfen, gesund durch die Krise zu kommen. Um nur drei aufzuführen: Eine Studentin des Rhein-Ahr-Campus in Remagen geht für ihre Vermieterin einkaufen. Eine schulische Integrationskraft aus Sinzig kümmert sich im Freundeskreis um die Kinder Berufstätiger, weil ihre Arbeit während der Schulschließung ohnehin ruht. In Heimersheim versichert ein Ehepaar, das mit der betagten Nachbarin gerne einen Schwatz hält und ihr im Winter den Schnee vom Bürgersteig schippt, jederzeit Erledigungen für sie zu übernehmen.

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