Dentist aus Bad Neuenahr-Ahrweiler setzte Zahn nicht wieder ein Zahnarzt muss für fehlerhafte Behandlung zahlen

KREISSTADT · Der folgenschwere Fahrradunfall, bei dem ein damals neunjähriges Mädchen gleich zwei Schneidezähne verlor, passierte vor fast sechs Jahren, und erst jetzt ist der Rechtsstreit gegen den damals tätigen Zahnarzt abgeschlossen

Das Landgericht Koblenz hat den Dentisten aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, zu dem das Kind damals im Notdienst von den Eltern gebracht wurde, nicht nur zu rund 1500 Euro Schadensersatz und 2500 Euro Schmerzensgeld plus Zinsen verurteilt, sondern auch zur Übernahme sämtlicher Folgekosten der damals fehlerhaften Behandlung.

Denn dass der Zahnarzt das Mädchen direkt nach dem Sturz falsch behandelte, steht für die 10. Koblenzer Zivilkammer fest. Das teilte der Bonner Anwalt Ludwig Klassen, der die heute 14-Jährige und deren Eltern vertrat, mit.

Es geschah am Nachmittag des 28. Mai 2010, einem Freitag, wie Anwalt Klassen schilderte: Die kleine Anna stürzte mit ihrem Fahrrad und schlug mit dem Gesicht so heftig auf den Lenker auf, dass zwei Schneidezähne beschädigt wurden. Während einer aus dem Kiefer herausbrach und am Unfallort verloren ging, blieb der andere noch völlig gelockert im Kiefer stecken.

Und nachdem die Eltern ihr Kind im Krankenhaus hatten röntgen lassen und erfahren hatten, dass kein Knochen gebrochen war, brachten sie Anna zum Notdienst-Dentisten. Und der, so stellte nun vor Gericht ein zahnmedizinischer Sachverständiger fest, machte gravierende Fehler: Anstatt die Möglichkeit zu prüfen, den ausgeschlagenen Zahn zu reimplantieren und genau das dann auch zu tun, zog er den Zahn einfach nur. Über andere Therapiemöglichkeiten informierte er die Eltern nicht.

Der Hauszahnarzt, den die Eltern mit ihrer Tochter sofort am Montag danach aufsuchten, äußerte sein Unverständnis darüber, dass der Kollege den lockeren Zahn einfach gezogen hatte und schickte die Eltern mit dem Kind in die Bonner Zahnklinik.

Hänseleien und Nachversorgung

Und hier erfuhren die Eltern, wie schwierig eine prothetische Versorgung war angesichts des Alters des Kindes und des zu erwartenden Wachstums. Und angesichts der Größe der Lücke wurde beschlossen, an die Stelle der Schneidezähne Milcheckzähne zu transplantieren, um einen Kieferabbau zu verhindern und den Platz für spätere zahnärztliche Versorgung zu erhalten. Unter Vollnarkose wurde die Transplantation vorgenommen, doch die Milcheckzähne hielten nicht.

In der Folgezeit hatte Anna viel auszuhalten: Sie musste nicht nur immer wieder zur Versorgung und Behandlung zum Zahnarzt, sondern auch die Hänseleien anderer Kinder ertragen wegen ihrer großen Zahnlücke.

Und dafür, so befanden ihre Eltern, sollte der Zahnarzt zahlen. Sie verklagten ihn und bekamen nun Recht. Denn die Zivilkammer war mit dem Gutachter einer Meinung und befand in ihrem Urteil: Der Zahnarzt hat schon einen groben Behandlungsfehler begangen, als er es versäumte, einen genauen Befund zu erheben und zu prüfen, ob die Wurzel des noch vorhandenen Zahns intakt war und auch all anderen Gegebenheiten vorhanden waren, um den Zahn zu reimplantieren.

Denn eine Reimplantation sei nach Auffassung des erfahrenen Gutachters gerade aufgrund des jugendlichen Alters des Mädchens erfolgversprechend gewesen. Dem Sachverständigen zufolge sei "nicht zu implantieren die schlechteste aller Möglichkeiten" gewesen. Und wenn der Dentist selbst diese Maßnahme nicht hätte durchführen können, hätte er die kleine Patientin an entsprechende Spezialisten verweisen müssen. Dass er statt dessen einfach den Zahn entnommen habe, sei nicht verständlich. Wie Anwalt Klassen mitteilte, hat der Zahnarzt das Urteil angenommen.

Aktenzeichen: LG Koblenz 10 O 133/11

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