Mails haben die bunten Karten fast abgelöst Veränderte Osterbräuche im Kreis Ahrweiler

KREIS AHRWEILER · Ostern, das hohe Fest der Auferstehung Christi, wird heute zunehmend vom Konsum beeinflusst. Früher aber kennzeichneten es maßgeblich Religion und Bräuche.

 Unerwartetes Treffen mit dem Osterhasen. Illustrator Fritz Baumgarten gestaltete die Karte 1925.

Unerwartetes Treffen mit dem Osterhasen. Illustrator Fritz Baumgarten gestaltete die Karte 1925.

Foto: Ginzler

Viele kreisen um das Ei als Symbol neuen Lebens. Seit dem 12. Jahrhundert gehörte die Eierweihe zur Festliturgie. Pastor und Küster kamen in der Eifel ins Haus, um Brot, Salz, Wasser und Eier zu segnen und erhielten Eier zum Lohn. Wer war einst um Ostern nicht alles der Eier wegen unterwegs: Einige brachten sie als Naturalzins dem Lehnsherrn, andere empfingen sie für Dienste und wieder andere als Geschenk. Spätestens ab dem 15. Jahrhundert bekam der Pfarrer „Beichteier“ und „Kommunionseier“.

In Wershofen bei Adenau galt 1847: „Der Pfarrer erhält von jedem Kommunikanten zwei Eier, sodann auch zwei Eier von einer jeden Haushaltung. Die ersteren werden Beichteier, die letzteren Weihwassereier genannt. Der Küster bekommt von jeder einzelnen Haushaltung ein Ei“. Auch die Messdiener nahmen Eier ein, wenn sie das Taufwasser in die Häuser brachten.

Um Eier bittend ging vor Ostern auf der Grafschaft und an der Unterahr ein Bruder des Remagener Klosters Apollinarisberg mit einem Helfer von Tür zu Tür. Die Kinder erwarteten ein Eiergeschenk von ihren Paten. Und in Wershofen gaben die Mädchen dem Burschen, der sie am Ostersonntag ersteigert hatten, einige Eier.

Wenn die Glocken von Gründonnerstag bis zur Ostermesse schwiegen, zogen Ministranten und Jungen mit Holzklappern durch den Ort. In Sinzig-Westum sangen sie an Gründonnerstag- und Karfreitagmittag: „Et es at Mittach, dat Hohn hätt jelach, et leit noch kei Ei im Schaaf“, außerdem: „Oh, du armer Judas, du hast den Herrn verraten und dafür musst du jetzt braten.“ Meist folgte ein Heischegang um Eier. Laut Ottmar Prothmann forderten indes die Kinder in Oeverich Trockenobst: „Bauze, Bauze, Berrebauze (Birnenschnitte), Bauze, Bauze, Appelschnauze.“ Im Eifeldorf Pomster ertönte: „Eier, Geld und Speck heraus, sonst kommt der Wolf ins Haus und frisst euch alles heraus, heraus, heraus.“ Heute noch oder wieder unterwegs sind die Klapperkinder im Kreisgebiet etwa in Walporzheim, Hönningen, Ahrbrück, Gimmigen, Kirchdaun und Waldorf.

Die Feier um Osterfeuer und Osterwasser begannen vor 1950 am Karsamstag. Aus einem Feuerstein musste der Küster den Funken fürs „reine Licht“ des Osterfeuers schlagen. In Westum, so Heinz Schmalz, säuberten bis zur Wasserversorgung 1905 die Junggesellen am Ostersamstag die Dorfbrunnen, um am Ostertag einwandfreies Quellwasser bereitzuhalten. Die Segnung von Tauf- und Weihwasser, auch Osterwasser genannt, das Mensch, Tier und Haus vor Unheil bewahren soll, erfolgt seit geänderten Vorschriften vor der Auferstehungsmesse.

Auch an der Ahr kündigte man hohe Feiertage mit dem Anschlagen unbewegter Kirchenglocken an. Das Dingeln, Dengeln oder Beiern schlief vielfach ein, als in den Weltkriegen die Glocken eingezogen wurden. Heute wird der Brauch jedenfalls wieder oder noch in Ahrweiler, Bachem, Dernau und Lantershofen geübt. Das einst im Rheinland und Kreis Ahrweiler so beliebte „Eierkippen“ betrieben im Siedlungsgebiet Ahrbrück die jungen Männer. Hartgekochte Eier schlugen sie Spitze an Spitze: Wessen Ei heil blieb, durfte das gegnerische einheimsen. Die Jüngeren maßen sich im Eier-Weitwurf. Beide Spiele sind bis in die 1960er Jahre gespielt worden. Anstelle der Eierspiele trat in manchen Orten das Ostereierschießen auf Palmsonntag.

Waren Zins-, Beicht-, Weihwasser- und Klappereier roh und ungefärbt, durften die Geschenk-Ostereier hübsch bunt sein. Der Osterhase brachte sie in Köln seit 1880, erschien aber in kleinen Orten nicht vor den 1930ern. Zu der Zeit wurden auch bereits im Heimersheimer Kindergarten Osternester gebastelt und dort und in den Familien Eier gesucht. Am Ostersonntag genossen die Menschen im Landkreis früher nach dem langen Fasten neben reichlich Eiern oft Lammfleisch. Und bis heute schmeckt ihnen das Osterlamm als Gebäck, das die Kölner schon im 16. Jahrhundert aßen.

Bunt ging es nicht nur bei den Eiern zu, sondern auch bei den Ostergrüßen, die in Zeiten vor SMS und E-Mail postalisch ihre Adressaten erreichten. Offenbar galt: je witziger, charmanter und possierlicher, umso besser. Um 1900, als die Bildpostkarte boomte, und in den Folgejahrzehnten tummeln sich auf den Osterkarten Eier, Küken und Osterhasen in Fülle. Wonnige Kinder und schöne Frauen gesellen sich dazu und, weil Ostern in den Frühling fällt, auch Frühblüher wie Veilchen, Weidenkätzchen, Vergissmeinnicht. Abenteuerliche Konstellationen zeigen Eierkutschen, gezogen von Küken oder Hasen, Gewehre schulternde Küken auf einem Eierberg sowie Hasen, die Eier von einem Baum pflücken. In einem Riesenei sitzt ein Baby oder ihm entsteigt eine elegante junge Dame. Ganz in die vermenschlichte Welt der Osterhasen verlegte der sehr produktive Ansichtskartenkünstler Carl Robert Arthur Thiele (1860 bis 1936) das Geschehen.

Einmal präsentierte er sogar eine Hasenfahrt per Zeppelin, der natürlich mit Eiern dekoriert war. Der Leipziger akademische Maler und Illustrator Fritz Baumgarten (1883 bis 1966), Gestalter von weit über 500 Werken für Kinder, lieferte ebenfalls zahlreiche Entwürfe für Postkarten, heute begehrte Sammlermotive.

Darunter sind Begegnungen zwischen Kindern mit dem Eier tragenden Osterhasen oder der Osterhasenfrau mitten in der Stadt, erkennbar an Plakatwand und Litfaßsäule. Na klar: Der Osterhase hatte als Kulturfolger immer schon die Nase vorn.

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