Denkmäler Nur zwei Gebäude in Ahrweiler überlebten Krieg und Fremdnutzung

KREIS AHRWEILER · Die ehemaligen Synagogen von Ahrweiler und Niederzissen sind heute Kultur- und Begegnungsstätten.

 Die ehemalige Synagoge von Ahrweiler.

Die ehemalige Synagoge von Ahrweiler.

Foto: Martin Gausmann

Nur zwei Synagogen im Kreis Ahrweiler haben den Naziterror und den Zweiten Weltkrieg überstanden: Ahrweiler und Niederzissen. Beide Gebäude wurden nach dem Krieg Nutzungen zugeführt, die jedoch nichts Heiliges an sich hatten. Die 1894 eingeweihte Ahrweiler Synagoge wurde zum Düngemittellager der Raiffeisengesellschaft, in ihr Niederzissener Pendant zog eine Schmiedewerkstatt ein. Die Gebäudesubstanz aber blieb.

1976 kam in Ahrweiler von Jugendlichen nach einer Israelreise die Idee auf, die Synagoge zum Kulturzentrum zu machen. Der Stadtrat sprach sich 1978 für den Erhalt des Gebäudes aus und 1981 wurde das ehemalige Gotteshaus vom inzwischen gegründeten Bürgerverein Synagoge gekauft. Neun Jahre dauerten in der Folge die Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten, die der Bürgerverein in enger Abstimmung mit dem damaligen Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz innen und außen durchführen ließ.

Dies unter besonderer Berücksichtigung der ursprünglichen Malerei und Farbgebung, wie bei dem Sternenhimmel über dem Betraum. Am 27. Mai 1990 war das Werk vollendet. Seitdem wird das Gebäude für Konzerte, Lesungen, Vorträge und Kunstausstellungen genutzt. Außerdem beheimatet es eine Dauerausstellung zur Geschichte der Synagoge und der jüdischen Gemeinde Ahrweiler. Weiter befindet sich in der Synagoge eine Bibliothek mit mehr als 1000 Büchern zum Judentum. Schmuckstück ist der Original-Thoravorhang, der in den 1880er Jahren von jüdischen Kurgästen in Bad Neuenahr der Ahrweiler Gemeinde gestiftet wurde und der 1989 bei einem Frankfurter Antiquitätenhändler wieder aufgetaucht war. Der Händler hat den Vorhang damals der Kreisstadt überlassen.

Es sollte noch etliche Jahre dauern, bis sich auch an der Niederzissener Synagoge, die bereits 1844 geweiht worden war, etwas tat. Durch die Nutzung als Schmiede nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gebäude in einem verrußten und heruntergekommenen Zustand. Was keiner wusste: Auf dem Speicher hatten Gebetbücher, Dokumente, Gebetsriemen und Utensilien der jüdischen Gemeinde, von Zugriffen verschont, die Jahrzehnte seit 1938 nahezu unversehrt überstanden. Erst vor zehn Jahren wurden sie entdeckt, und es war der damalige Ortsbürgermeister Richard Keuler, der, nachdem er im Gemeinderat massive Überzeugungsarbeit hatte leisten müssen, alle Hebel in Bewegung setzte, um aus dem einstigen Gotteshaus in Zusammenarbeit mit dem Landeskonservator wieder ein Schmuckstück zu machen.

Nach dreijähriger Sanierung wurde die ehemalige Synagoge 2012 mit einem Festakt als Erinnerungs- und Begegnungsstätte eröffnet. Die wissenschaftlich aufgearbeiteten Genisa-Funde sind in Vitrinen zu sehen.

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