Wohnungsbau in Bad Neuenahr-Ahrweiler Mietwohnungen sind in Bad Neuenahr rar

BAD NEUENAHR · Es wird zwar kräftig gebaut in Bad Neuenahr, doch fast immer handelt es sich dabei um Eigentumswohnungen. Sozialer Wohnungsbau findet in der Kurstadt so gut wie nicht statt. Politiker von SPD und FWG schlugen deshalb die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft vor.

In der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler wird seit Jahren mächtig gebaut. Es gibt Zuzugsdruck, die Kur- und Badestadt an der Ahr gilt als feine Adresse. In allen Winkeln entstehen attraktive Wohnblocks, hochwertig ausstaffiert und in gepflegtem Ambiente. Fast immer handelt es sich um Eigentumswohnungen. Quadratmeterpreise von 4000 Euro sind dabei alles andere als eine Seltenheit. Bezahlbarer Mietwohnungsbau hingegen ist rar gesät. SPD und FWG schlugen daher die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft vor, die gegensteuern soll. Der Haupt- und Finanzausschuss lehnte das ab.

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist der Mietwohnungsbau privatwirtschaftlich nicht zu realisieren. Im Hinblick auf den aktuell großen Bedarf nach preisgünstigem Wohnraum ist ein Suchen und Hoffen auf private Investoren nicht sachgerecht. Ohne ein – auch finanzielles – Engagement der Kommune ist das Ziel, Menschen preiswerten Wohnraum anzubieten, in absehbarer Zeit nicht zu erreichen“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Werner Kasel.

Auch die Stadtverwaltung sieht die Notwendigkeit und Herausforderung. An die Gründung einer städtischen Gesellschaft als Steuerungsinstrument, gar als Investorin, sei jedoch nicht zu denken. „Wir sind personell schon jetzt am Ende der Fahnenstange“, so Bürgermeister Guido Orthen. Nicht zuletzt habe man die Bewältigung der Landesgartenschau im Rathaus vor der Brust. Außerdem: Es handele sich um ein bundesweites, gesellschaftspolitisches Problem, das kommunal und lokal nicht gelöst werden könne.

Handlungsrahmen für private Investoren verbessern

In der Tat: Bundesweit ist ein Wohnungsneubaubedarf bis 2020 von jährlich 400 000 Wohnungen prognostiziert. Gleichzeitig haben sich Bund und Land in den vergangenen Jahrzehnten aus einer sozial verantwortlichen Wohnungsbauförderung verabschiedet, mit der Folge, dass der Bestand an mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen stark rückläufig ist. Dies gilt auch für Bad Neuenahr-Ahrweiler. Orthen: „Zur Lösung des Problems müssen daher gerade die politischen Ebenen beitragen, die auch die bestehende Problematik maßgeblich mitverantworten.“

Insbesondere gelte es, den Handlungsrahmen für private Investoren deutlich zu verbessern. Die Stadt könne lediglich neues Bauland entwickeln und sinnvolles Baulandmanagement als Garant einer zügigen Bebauung betreiben. Diejenigen, die bauten und in ihr Eigenheim zögen, hinterließen in der Regel schließlich eine freie Mietwohnung. „Soweit die Stadt Flächen aktivieren kann, die nicht ausschließlich zur Gegenfinanzierung anderer Projekte bestimmt sind, sollte zwingend erwogen werden, Grundstücke und größere quartiersgeeignete Flächen dem privaten Mietwohnungsbau zur Verfügung zu stellen“, sagte Orthen.

Die Richtlinien der Stadt für die Bewertung und Veräußerung unbebauter und bebauter städtischer Grundstücke und die Einräumung von Erbbaurechten sollten kurzfristig überarbeitet werden und in Bezug auf die aktuellen Erfordernisse – auch mit Blick auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums – ergänzt werden. Vorstellbar sei auch, dass die Stadt in bestimmten Bereichen, in denen sie Wohnbaugrundstücke veräußere, die Bauwilligen vertraglich verpflichte, neben dem eigenen Wohnraum zugleich zusätzlichen Mietwohnraum zu schaffen.

Finanzielle Herausforderung ist Hauptproblem

Ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung Attraktivierung des Mietwohnungsbaus sei die Zuordnung der Stadt in die „Fördermietenstufe 4“. Die derzeitige Zuordnung in die Stufe 3 sei nicht in Ordnung. Das Land hatte eine Höherstufung und damit mehr Geld für Mietwohnungsbau allerdings mit Hinweis auf die demografische Entwicklung abgelehnt. Begründung: Es werde davon ausgegangen, dass die Bevölkerung in der Kreisstadt abnehme. Eine Prognose, die verwundert. 2008 hatte die Stadt 27 427 Einwohner, inzwischen sind es 28 700. Von Rückgang keine Spur. Alles deutet vielmehr auf eine gegenteilige Entwicklung.

Hauptproblem jedoch dürfte die finanzielle Herausforderung sein, die mit der Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft einherginge. „Wir können künftige Generationen finanziell nicht überbelasten. Die Gründung einer solchen Gesellschaft bedürfte der Zahlung einer Stammeinlage, der Bereitstellung erheblicher Finanzmittel zur Deckung der Investitionen für Planung und Bau von Wohnungen oder für den Ankauf von Grundstücken und zur Deckung der Verluste“, sagte Bürgermeister Orthen. Man könne doch „klein anfangen und mit einem Häuserblock beginnen“, warf SPD-Sprecher Kasel ein.

CDU-Fraktionssprecher Christoph Kniel sagte: „Privat vor Staat.“ Die Praxis zeigt allerdings, dass mit dieser Formel dem Gemeinwohl nicht gedient ist. Grund: fehlende Rendite. Mit dem Bau von Eigentumswohnungen – frei von staatlichen Zwängen und Reglementierungen – lässt sich aus Bauträgersicht schneller und sicherer Geld verdienen. Gegen die Stimmen von SPD und FWG sowie bei Enthaltung der Wählergruppe Jakobs und der Grünen wurde der Antrag auf Gründung einer stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft abgelehnt. Der Handlungsbedarf indes bleibt.

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