Ahr-Thermen in Bad Neuenahr Hausverbot für den Ex-Vorstand

BAD NEUENAHR · Mittwochmittag, 12 Uhr. Ende einer Dienstzeit in Bad Neuenahr: Die Belegschaft der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) ist bereits darüber informiert, dass Christoph Reinicke nicht mehr ihr Chef ist und dass dessen Schreibtisch geräumt ist.

Es herrscht eine gedrückte, beklemmende Stimmung. Wie berichtet, hat der zum 1. Dezember vom Ahrweiler Amtsgericht eingesetzte Insolvenzverwalter Jens Lieser den 60-jährigen Kaufmann aus Kiel, der seit 2014 alleinverantwortlich die Geschicke der Aktiengesellschaft leitete, am Dienstagabend "freigestellt". Für ihn sei dies sehr überraschend gewesen, so Reinicke noch am gleichen Abend zum GA.

Überrascht zeigte sich auch der Aufsichtsrat von Liesers Entscheidung. Professor Otto Adelberger, Aufsichtsratsvorsitzender der Aktiengesellschaft und Sprecher der "Interessengemeinschaft" (IG), die 52 Prozent der Anteile hält: "Offiziell weiß ich von nichts. Aktienrechtlich ist eigentlich der Aufsichtsrat für Entlassungen von Vorständen zuständig." Er prüfe nun, ob Liesers Handeln im Insolvenzrecht statthaft sei. Vorher wolle er sich zu dem Vorgang nicht äußern.

"Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine arbeitsrechtlichen Fragen öffentlich diskutieren, zumal es sich um Personalangelegenheiten handelt, die auch der Verschwiegenheit unterliegen. Selbstverständlich werden wir die damit zusammenhängenden Fragen rechtlich prüfen. Dies wird auch einige Zeit in Anspruch nehmen", erklärte Jens Lieser gestern auf die Frage des GA, ob seine Kündigungsentscheidung am Aufsichtsrats vorbei überhaupt statthaft sei. Zur Entscheidung teilte er lediglich mit: "Der Gläubigerausschuss hat gestern beschlossen, Herrn Reinicke ab sofort als Vorstand der AGBN freizustellen." Lieser sei diesem Votum des Gläubigerausschusses gefolgt. Dessen Beschlüsse wolle er nicht kommentieren. Das übernahm gestern stattdessen Reinicke: "Ein Gläubigerausschuss kann einen Vorstand gar nicht entlassen."

Unzulässig sei auch das von Lieser ausgesprochene Hausverbot, zumal die Kündigung offiziell erst zum 31. Januar ausgesprochen worden sei. Reinicke: "Ich werde aber das Hausverbot akzeptieren, bis ein Richter etwas anderes sagt." Derweil habe er sein Büro im benachbarten Hotel "Giffels Goldener Anker" aufgeschlagen. Nicht räumen werde er hingegen die von ihm genutzte AGBN-eigene Wohnung in der Villa Sibilla, obwohl er dazu aufgefordert worden sei. Schließlich werde die Kündigung ja erst Ende Januar wirksam. Reinicke sehe sich zudem weiterhin als "Organ der AGBN". Daran ändere die arbeitsrechtliche Kündigung durch Lieser nichts.

Christoph Reinicke arbeitete bis 1993 für die Kaufhalle AG in Köln, unter anderem als Personaldirektor und als Vorstandsvorsitzender der firmeneigenen Betriebskrankenkasse. Ab 1994 war er selbstständiger Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Gesundheits-, Qualitäts- und Personalmanagement. Mitte 2013 startete er in Bad Neuenahr zunächst als Berater der AGBN, dann als Nachfolger von Gert Zimmermann als Vorstand.

Die Stadtverwaltung teilte auf Anfrage mit: "Die Entscheidung, die der Gläubigerausschuss und der Insolvenzverwalter jetzt getroffen haben, ist nur konsequent. Im Übrigen hat sich unsere Annahme bestätigt, dass Jens Lieser als bestellter Insolvenzverwalter die aktuellen Herausforderungen schnell erkannt hat." Die Stadt werde, soweit dies erforderlich sei, den jetzt eingeschlagenen Weg des Insolvenzverfahrens in kooperativer Weise begleiten.

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