In der Urlaubsregion gilt „Tourismus für alle“ Das Ahrtal will mehr Barrierefreiheit

BAD NEUENAHR · In öffentlichen Gebäuden und im öffentlichen Raum ist sie seit jeher ein wesentlicher Bestandteil der Städteplaner: die Barrierefreiheit. In der Urlaubsregion Ahrtal wird sie nach dem gewonnenen Landeswettbewerb "Tourismus für alle" nun besonders vorangetrieben.

Gute Beispiele für Barrierefreiheit sind die gerade abgeschlossene Fugensanierung in der Ahrweiler Fußgängerzone, die Planungen für die Landesgartenschau mit Audioguides für gehandicapte Menschen, deren Mobilität auf dem Gelände garantiert sein muss, der WC-Umbau am Sinziger Schloss und der barrierefreie Zutritt zum Bad Bodendorfer Thermalbad.

Doch der gewonnene Landeswettbewerb des Wirtschaftsministeriums „Tourismus für alle“, der Bad Neuenahr-Ahrweiler, Sinzig und die Verbandsgemeinde Altenahr zu einer von zehn Modellregionen im Land mit Vorreiterrolle macht, bietet mit seinem exklusiven Zugriff auf zehn Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) viel Potenzial.

Um das wichtige Thema in der Urlaubsregion Ahrtal voranzutreiben – die Bedeutung wächst mit dem demografischen Wandel und der steigenden Zahl schwerbehinderter Menschen (7,3 Millionen im Jahr 2011) – ist seit November Maximilian Scholl beim Ahrtal-Tourismus aktiv. „Nach drei Jahren Vorarbeit wird es jetzt konkret“, freute sich Ahrtal-Tourismus-Geschäftsführer Andreas Wittpohl im Kreis der Bürgermeister Guido Orthen, Achim Haag und Andreas Geron.

Im Rahmen seiner umfangreichen Präsentation betonte Scholl mehrfach, dass aber nicht nur der Rollstuhlfahrer profitiere, sondern ebenso die Mutter mit Kinderwagen, der Senior mit Rollator oder der Alleinreisende, der mit schwerem Koffer sein Hotel betreten möchte: „Barrierefreie Reiseangebote sind unentbehrlich für zehn, notwendig für 40 und komfortabel für 100 Prozent der Bevölkerung.“ Doch es reichten nicht nur bauliche Veränderungen, sondern die Leitlinie „Gastfreundschaft für alle“ müsse in den Köpfen etabliert und gelebt werden. Die zehn Modellregionen im Land hätten zudem auch die Aufgabe, Angebote zu entwickeln, die andere Regionen adaptieren könnten, um zu profitieren.

Auf die gesamte sogenannte touristische Servicekette – von der Buchung und Anreise über Schlafen, Essen, Freizeit, Unterhaltung bis hin zu Assistenz, Abreise nebst positivem Feedback, wenn der Gast wieder zu Hause ist – will Scholl sein Augenmerk richten. Auf Bad Neuenahrs Tradition in der Behandlung von Diabetes oder Stoffwechselerkrankungen aufbauend, stellt die „Neue Ahrtaler Küche“ eine Säule dar. „Aus den Anfängen der Diätküche vor 100 Jahren sollen spezielle Angebote für Personen mit Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten entwickelt werden. Weine ohne Sulfite, aber auch Speisekarten für sehbehinderte Menschen wären perfekte Ergänzungen“, so Scholl. Es sollen keine Sonderräume für Behinderte geschaffen, sondern Inklusion gelebt werden.

Auf jeden Fall angeschafft werden laut Wittpohl Tandems für körperlich eingeschränkte, blinde und sehbehinderte Menschen: „Am Lenker des E-Bikes ein Guide, hinter ihm der Gast, bestückt mit einem Audioguide, der die Attraktionen im Ahrtal beschreibt.“ „Wenn die Betriebe nicht mitziehen, hilft die Förderung nichts“, hofft Orthen auf große Beteiligung. „Auch unser Sinziger Schloss ist wegen seiner Stufen für Bürger nicht erreichbar“, unterstrich Geron die Bedeutung des Umdenkens.

Da nicht alles umsetzbar sei – der Bahnhalt Ahrweiler Markt wird schon durch seine steile Zuwegung nie barrierefrei werden, ebenso wenig, wie es der Rotweinwanderweg sein kann – und es auch immer ein gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis geben müsse, wünschte Achim Haag dem neuen Koordinator Maximilian Scholl eine glückliche Hand bei seiner „großen Aufgabenkette“.

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