Liebreizende Stiefschwestern Ballett "Aschenputtel" im Kurhaus Bad Neuenahr

BAD NEUENAHR · Die Ballettschüler bezaubern 1200 Zuschauer im Kurhaus in Bad Neuenahr mit ihrem Stück "Aschenputtel" voll Witz und Eleganz.

 „Tanz der Stiefschwestern“ auf der Kurhausbühne.

„Tanz der Stiefschwestern“ auf der Kurhausbühne.

Foto: Martin Gausmann

Auch wer dachte, er kennt „Aschenputtel“, wurde noch überrascht. So wie am Wochenende im Bad Neuenahrer Kurhaus hatte es wohl noch niemand gesehen, und wohl auch nicht gedacht, dass er dabei so oft schmunzeln und staunen würde. Ihre Version des Märchens der Gebrüder Grimm haben 165 Schüler des Remagener Ballett- und Tanzstudios Ballerina und weitere mehr als 40 Helfer hinter den Kulissen vor insgesamt rund 1200 Zuschauern bei zwei Aufführungen präsentiert.

In der Ballettfassung gab es für das Mädchen, das als Kind seine Mutter verliert und dann unter der bösen Stiefmutter und ihren zwei unerzogenen Töchtern leidet, aber doch noch seinen Prinzen findet, ein Happy End mit Waldhochzeit. Der Weg dahin fiel äußerst kurzweilig aus. Denn genregemäß kamen die Akteure ganz ohne Worte aus. Nicht aber ohne prächtige Bühnenbilder, zauberhafte Tanzeinlagen und witzige Ideen ging es im Kurhaus zu. Da flirteten Ahnen aus Bilderrahmen heraus winkend und mit zwirbelnden Haaren mit ihren Nachfahren. Eigentlich Herrscherinnen, wurden sie von Männern gemimt. Während davor in den Rollen des Prinzen und seines Freundes zwei junge Frauen brillierten: Nina Pollack und Johanna Pollmann. Auch bei der späteren Suche nach der richtigen Frau zum Schuh mogelte sich augenzwinkernd ein männlicher Anwärter dazwischen. Und selbst am Bühnenrand spielten sich komische Szenen ab, wenn sich etwa die Stiefmutter (Gundi Fischer) beim Königsempfang in die falsche Richtung verbeugte und es ihr außerdem ins Kreuz fuhr.

Neben modernem Tanz, Hiphop und Charaktertanz ließen vor allem die klassischen Ballettszenen, die in teils großen Formationen auf Spitze getanzt wurden, eintauchen in eine andere Welt. Sprünge, Hebungen, Drehungen und Anspannung vom Finger bis in die Fußspitzen inklusive. Elegant und synchron schwebten gleichsam die Feen im weißen Tutu über die Bühne. Ganz anders die Darstellung von Ruß und Asche mit über den Boden kriechenden schwarzen Gestalten. Eine viel beachtete Leistung lieferten auch die immer wieder auftauchenden Schicksalsgöttinnen ab, sowie die Stiefschwestern (Valentina Faiazza und Tabea Stroinski), die durch ihre flotten Einlagen irgendwie auch etwas Liebreizendes hatten. Wie einst Tom und Jerry, tollten als Katz und Maus Lea Behlau und Clara Rieck über Tisch und Bänke. Nicht zu vergessen das Aschenputtel selber, das als „kleine Ella“ erst von der zwölfjährigen Leonie Seul schon auf Spitze und im Spagat und dann von der 20-jährigen Cornelia Kirch graziös verkörpert wurde.

Der Grund für die Wahl des Stücks „Aschenputtel“, den Ballerina-Chefin und Tanzpädagogin Dorothée Humpert angab, erschien angesichts so zahlreicher Höhepunkte bei der Inszenierung logisch: „Weil sich in diesem Märchen außer der Hauptakteurin des Aschenputtels noch viele weitere wunderbare Rollen fanden.“ Die meisten Solistenparts hatte sie mit jungen Frauen besetzt, die bereits seit dem dritten Lebensjahr zum Ballett kommen, aber auch solchen, die schon seit drei Jahrzehnten dabei sind. Der ältester Darsteller indes war der 69-jährige Peter Subai, Ex-Profitänzer, der erst seit kurzem in Remagen wohnt.

Als jüngste kullerten die Vierjährigen in übergroßen grünen Hosen als Erbsen über die Bühne und streckten Arme und Beine. Leibhaftige Besen fegten sie auf anmutigste Art in raschelnden Baströcken hinweg. Und erst fünf- und sechsjährige Brieftauben oder siebenjährige Herzen ließen eben die des Publikums höher schlagen. Auch als aus einer Kleiderschleppe vor den Augen des Publikum auf einmal eine Kutsche entstand, gab es Zwischenapplaus. Noch mehr Beifall folgte am Schluss. Da hatten sich die fast anderthalbjährige Vorbereitungszeit und die Proben seit September mit rund 300 Stunden zusätzlich zur normalen Unterrichtszeit gelohnt.

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