Jazz & friends im Theatersaal des Augustinums Baden im Rhythmus des Jazz

BAD NEUENAHR · Als erstes Konzert der Reihe "Hautnah - Jazz & friends" haben Gitarrist Ignaz Netzer und Pianist Thomas Scheytt den Weg in die Seniorenresidenz Augustinum gefunden. Eigentlich für das Foyer vor dem großen Saal geplant, musste das Konzert aufgrund des großen Andrangs in den Saal verlegt werden.

 In die Jazz-Epochen vor dem Zweiten Weltkrieg haben die Musiker Thomas Scheytt (Piano) und Ignaz Netzer (Gitarre) ihr Publikum beim Gastspiel im Theatersaal des Augustinums in Bad Neuenahr entführt.

In die Jazz-Epochen vor dem Zweiten Weltkrieg haben die Musiker Thomas Scheytt (Piano) und Ignaz Netzer (Gitarre) ihr Publikum beim Gastspiel im Theatersaal des Augustinums in Bad Neuenahr entführt.

Foto: Martin Gausmann

Jedoch nicht auf die Bühne, sondern direkt davor. So entstand ein unmittelbarer und enger Kontakt zwischen Musikern und Publikum entstehen konnte. Was braucht es für einen gelungenen Jazz-, Blues- und Boogie-Woogie-Abend? Zwei hervorragende Instrumentalisten ohne jegliche Star-Allüren, ein musikalisches Programm zwischen fetzigen Rhythmen und ruhigen bis nachdenklichen Balladen und ein begeisterungsfähiges Publikum. Alles dies kam beim Konzert der beiden Ausnahmekünstler im Augustinum zusammen.

Scheytt spielte die ersten Bassläufe und Netzer begrüßte seine Zuhörer mit einem schmissigen "Good evening, Augustinum", was noch auf ein verhaltenes Echo stieß. Doch spätestens mit der Netzers leicht übergewichtiger Katze gewidmeten Eigenkomposition "Moby's Boogie Woogie" war das Eis zwischen Publikum und Musikern gebrochen. Es wurde geklatscht, mit den Füßen gewippt und mit den Köpfen genickt - Swing erfüllte den Saal. Das Publikum klatschte sich bei "Let the Good times roll" - von Netzer liebevoll mit "Lass die Sau raus" übersetzt - dermaßen in Ekstase, dass es dafür der Unterstützung durch die Musiker nicht mehr bedurfte. Diese genossen ihr Bad im Rhythmus des Publikums, bevor sie das Stück wieder aufnahmen.

Musikalisch haben sich die beiden Schwaben auf eine Epoche spezialisiert, die lange Zeit in Vergessenheit geraten war, nämlich den Blues aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Davon zeugt auch die Kombination Gitarre und Klavier, die nach dem Krieg durch die großen Jazz-Kapellen ersetzt wurde. So durfte ein Klassiker von Bessie Smith natürlich nicht fehlen: der 1936er "Backwater Blues", in dem die Ereignisse eines Mississippi-Hochwassers verarbeitet werden.

Neben den fetzigen Kompositionen bot der Abend zur Abkühlung auch zahlreiche nachdenkliche Stücke. "How long must this story go on" dachte musikalisch über die dunkle Seite zu ausgedehnten Rotwein-Konsums nach. In "Ain't Nobody's Business", einer Komposition von Porter Grainger und Everett Robbins von 1922, besang Netzer die Freiheit, der zu sein, der man sein möchte. Der "Ticino Boogie" entführte die Zuhörer mit großem Gitarrenhall in die Schweizer Berge.

Plötzlich ließ Netzer seine Mundharmonika aufheulen und es folgte ein kurzer, intensiver Musikmoment. Netzers Kopf bebte unter dem, was er auf dem Instrument vollführte und Scheytt hatte sichtlich Mühe, in diese Improvisation einzustimmen. Nachdem er sich gefasst und orientiert hatte, bewies aber auch er, mit welcher Leichtigkeit er Kapriolen auf seinem Instrument zu schlagen weiß. Klatschen war dem Publikum nicht mehr genug: Jetzt musste eine flotte Sohle aufs Parkett des Theatersaals gelegt werden. Kein Wunder, dass das Publikum die Musiker am Ende des Konzerts nur widerwillig gehen ließ.

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