Schriftsteller aus dem Kreis Ahrweiler Autoren aus Ahrweiler veröffentlichen Bücher über das Dritte Reich

KREIS AHRWEILER · Matthias Bertram hat ein Buch zum Lager „Rebstock“ verfasst. Und Hasso Pacyna erinnert an junge Luftwaffenhelfer im Zweiten Weltkrieg. Der Autor gehörte nach eigenen Worten damals selbst zu den deutschen „Kindersoldaten“. Zwei interessante Bucherscheinungen im Kreis Ahrweiler.

 Eine riesige Fotografie erinnert an den Wänden des einstigen Regierungsbunkers in Marienthal an das Lager "Rebstock".

Eine riesige Fotografie erinnert an den Wänden des einstigen Regierungsbunkers in Marienthal an das Lager "Rebstock".

Foto: Günther Schmitt

Im November wurde die Gedenkstätte für das Lager „Rebstock“ in Marienthal eingeweiht. Im Januar endete ein Faktencheck in der ehemaligen Synagoge mit einem Patt zwischen Initiator Wolfgang Gückelhorn und dem Ahrweiler Heimatforscher Matthias Bertram. Es ging um Fragen wie „War 'Rebstock' ein KZ, ein Vernichtungslager, gab es Hinrichtungen?“. Gückelhorn pro, Bertram kontra. Aufgeführte „Fakten und Zahlen“ wurden angezweifelt. Der Rat von Moderator Dieter Burgard, Bürgerbeauftragter des Landes und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der NS-Gedenkstätten, an Bertram: „Schreiben Sie ein Buch.“

Das hat Bertram getan. Das Werk liegt druckfrisch vor. Titel: „Untertageverlagerung Geheimkommando 'Rebstock', Menschen und Fakten, Erinnerungskultur in Deutschland“. Bertram: „Es geht dabei um den Umgang mit historischer Wahrheit, Meinungsmache interessierter Kreise und die Leichtfertigkeit, mit der regierungsamtliche Institutionen populistische Thesen und Behauptungen ungeprüft übernehmen.“ Starker Tobak, der sich auch gegen die von der Landeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Blätter zum Lager „Rebstock“ wendet. Deren Autor ist Gückelhorn. Bertram, gebürtiger Dernauer Jahrgang 1950, geht darin Fragen nach wie „Wer plante eine Fertigungslinie für den Bau der V1 im Ahrtal?“ oder „Gab es überhaupt getötete Häftlinge im Ahrtal? Was sagten die ehemaligen Häftlinge selbst zu diesen und anderen Behauptungen?“

Bertram will zeigen, „wie schwierig Erinnerungskultur in Deutschland heute sein kann und wie leichtfertig mit Ereignissen der Geschichte umgegangen wird“. Bei seinen Recherchen stützt sich Betram auf Berichte von Zeitzeugen, auch aus Israel, und führt Protokolle von insgesamt drei staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren an. In Letzteren werden Positionen wie „Hunderte Menschen seien verschwunden, erschossen oder erhängt worden“ negiert. So soll das Buch nach Bertrams Auffassung „einer Versachlichung, aber auch einer Richtigstellung der kontroversen 'Rebstock'-Diskussion dienen“.

Das Buch: „Untertageverlagerung Geheimkommando 'Rebstock', Menschen und Fakten, Erinnerungskultur in Deutschland, 154 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 978-3-95631-656-2.

„Luftwaffenhelfer: Eine aussterbende Generation“ ist der Titel des neuen Buches von Hasso Pacyna. Der frühere Chefredakteur einer landwirtschaftlichen Wochenzeitung ist Jahrgang 1928 und lebt seit fünf Jahren in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Er selbst gehörte nach eigenen Worten zu den deutschen „Kindersoldaten“, einer Generation, die verführt, missbraucht und auch geopfert wurde. Als 15-Jähriger bekam der Berliner Gymnasiast seinen Gestellungbefehl, „Hundemarke“ und Uniform mit dem „LH“-Abzeichen für Luftwaffenhelfer am Revers. Er legt die Buchstaben aber auch als „Letzte Hilfe“ aus, denn es waren Kinder wie er, die an Flakgeschützen ausgebildet wurden und ihre Geschosse in die Bomberpulks der Alliierten am Himmel schossen. Es waren Kinder und Jugendliche, die bei ihrem Einsatz, zu dem sie durch halb Deutschland immer wieder versetzt wurden, getötet oder zum Krüppel wurden.

So bei einem Angriff, den der Kindersoldat erlebte und der ihm bis heute in Erinnerung ist. Die Befehlsstelle, der seine Flak-Stellung unterstellt war, bekam einen Volltreffer. Der Angriff forderte acht Tote.

In den Trümmern fand Hasso Pacyna, zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt, das Bein eines Kameraden und Freundes. Er brachte es zum Sammelpunkt. „An dem Tag war meine Kindheit zu Ende„, sagt Hasso Pacyna. Für ihn endete der Zweite Weltkrieg am 6. Mai 1945, als seine Einheit bei Magdeburg kapitulierte. Es folgten sechs Wochen britische Kriegsgefangenschaft, Heimkehr zur Familie in Höxter und die bittere Erkenntnis, dass der schriftliche „Reifeprüfungs-Ersatz“ der Berliner Treitschkeschule mit dem Hakenkreuz nicht das Papier wert war, auf dem er stand. Pacyna gab nicht auf, machte sein Abitur nach, erwarb 1954 an der Uni Bonn den Abschluss Diplomlandwirt und promovierte mit 30 Jahren in Agrarwissenschaft.

Das Buch: „Luftwaffenhelfer: Eine aussterbende Generation“, 130 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-00-058577-7.

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