Vierstimmig in Dur und Moll 260 Jahre Freude am Singen in Sinzig

SINZIG · Die Männerchöre Cäcilia Sinzig und Eintracht Bad Bodendorf kooperieren seit 2016 als Chorgemeinschaft. Jetzt feiern die Chöre ein Doppeljubiläum: Der MGV Cäcilia Sinzig wird 160, der MGV Eintracht Bad Bodendorf 100 Jahre alt.

1859 gegründet, ist der Männergesangverein (MGV) Cäcilia in Sinzig nach dem MGV Loreley Dernau von 1857 der zweitälteste Gesangverein im Ahrkreis und gehört zu den traditionsreichsten Vereinen Sinzigs. 2016 schlossen sich die dezimierten Sinziger Sänger mit dem MGV Eintracht Bad Bodendorf zusammen und pflegen unter Chordirektor Bardo Becker bewusst den vierstimmigen Männergesang. Die Chorgemeinschaft begeht in diesem Jahr ein Duo-Jubiläum: 100 Jahre MGV Eintracht Bad Bodendorf und 160 Jahre MGV Cäcilia Sinzig.

So fing es in Sinzig an: Sangesfrohe Sankt Hubertus-Schützen gründeten 1859 den Verein und probten unter Direktor Schiltz in Seul‘s Häuschen an der heutigen Landskroner Straße. 1907 nahm der Chor mit 22 Sängern und Dirigent Jakob Lohmar beim Sängerwettstreit in Horchheim teil, errang einen dritten Preis beim Wettsingen und einen zweiten im Ehrensingen. Die Gründungsmitglieder Johann Josef Schneider, Christian Kronenthal und Johann Josef Bermel erlebten 1909 noch die 50-Jahr-Feier mit der Fahnenweihe. Dass damals zum Jubiläum mit Präsident Josef Klemmer und Chorleiter Jakob Lohmar 52 Vereine mit über 800 Sängern feierten, zeigt, wie groß die Begeisterung war.

Während des Ersten Weltkrieges ruhte der MGV. Doch schon im September 1919 bot er sein erstes Konzert nach dem Krieg. Von "75 aktiven Sängern", berichtete die Sinziger Zeitung damals. Das Weihnachtskonzert 1922 im Helenensaal war trotz der Inflation so überfüllt, dass man es Anfang 1923 wiederholte. Einen Höhepunkt der Vereinsgeschichte bescherte das Wertungssingen des Gaues Rhein-Ahr in Sinzig mit 19 Vereinen aus dem Kreis Ahrweiler am 9. und 10. Juli 1932. Das Ergebnis: Goldklasse für den MGV Cäcilia Sinzig unter Chorleiter Bezolt.

Vereinsführer bestimmt

Im Zuge der NS-Gleichschaltung wurde 1933 ein "Vereinsführer" bestimmt. Da seit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Männer fehlten, sang man gemischt. Sogar ein "Sinziger Frauenchor 1942" entstand. 90 Sinziger Sängerinnen und Sänger traten bei einer Großveranstaltung für die Verwundeten der Lazarette in Niederbreisig auf.

Dank der Frauen gab es auch 1943 und 1944 Konzerte, bis mit dem Einmarsch der Amerikaner im März 1945 das Vereinsleben verboten wurde. Nach der Neugründung 1946 fand im Folgejahr das erste Konzert überwältigenden Anklang. Die Cäcilia spendete einen Konzert-Überschuss der Stadt und 1950 einen Konzert-Reinerlös für die Renovierung der Pfarrkirche Sankt Peter. "Mir senn widde do" gaben die Cäcilianer 1949 als Motto des Karnevals aus, an dem sie lange aktiv mitwirkten. Zur ersten Auslandsfahrt starteten sie 1955 mit 72 Teilnehmern nach Luxemburg.

Zahlreiche, stets mit Auftritten verbundene Fahrten führten 1985 ins Zillertal, 1989 nach Paris, zur Partnerstadt Hettange-Grande, später nach Emden, Ostfriesland, Erfurt, Weimar, auch zum Südwestfunk in Baden-Baden, Graubünden, Rimbach, Rothenburg ob der Tauber, Reil an der Mosel, Sausenheim, Pfalz, zuletzt 2007 zum Orgelmuseum in Windesheim sowie an Nahe und Mosel.

1956 machte der Südwestfunk Tonaufnahmen vom Chor, die am Ostermontag gesendet wurden. Der MGV begeisterte bei einem Konzertabend mit dem bekannten Bass-Sänger Kenneth Spencer. Ganz groß wurde 1959 das 100-Jährige unter dem Vorsitz Alfons Deckers mit drei Veranstaltungen im Helenensaal begangen. Höhepunkte waren die Einweihung der neuen Fahne, entworfen von Vizedirigent Franz Steinborn, und die Überreichung des Ehrenschildes des Landes Rheinland-Pfalz. Das Jubeljahr endete mit einem Festkonzert unter Mitwirkung des Stabsmusikkorps der Bundeswehr. Zudem wurde dem MGV Cäcilia 1959 in Worms die "Zelter-Plakette" durch den Kultusminister Eduard Orth verliehen.

Projekte in Eigenleistung

Von 1967 bis 1995 hatte der MGV neben dem Vorstand wieder einen Präsidenten: Direktor Josef Felten, der den Bau des Feltenturms und der Cäcilia-Hütte, zukünftig Vereinslokal und Probenraum (eingeweiht 1976), initiierte und finanziell unterstützte. Die Bauleitung für Turm und Hütte hatte das spätere Ehrenmitglied Bauingenieur Hermann Terporten. Beide Projekte entstanden überwiegend in Eigenleistung der Sänger und unterstützt durch den Cäcilia-Vorsitzenden Bauunternehmer Peter Schäfer.

Wochenends und feiertags übernahmen bis Sommer 2004 Vereinsmitglieder die Hütten-Bewirtschaftung, danach externe Pächter. Nach dem Brand und Einweihung des Neubaus (Januar 2019) ist Beatrix Freund Hüttenwirtin. Der Feltenturm motivierte 1972 zur bis heute fortgeführten Tradition des Turmfestes am Muttertag. Der MGV Cäcilia trat auf bei Geburtstagen, Hochzeiten, Jubiläen, Beerdigungen, Gottesdiensten, Freundschaftssingen bei Nachbar-Chören und Maiansingen. Daneben bot er immer wieder besondere Konzerte, verstärkt durch Solisten und Orchester.

Nach dem Jubiläumskonzert in 2009 ließ sich das Nachwuchsproblem nicht länger verdrängen. Der Chor hatte nur noch 20 Sänger. Dennoch errang er 2011 beim Volkslieder-Leistungssingen in Plaidt eine Silbermedaille. Um singfähig zu bleiben, musste er sich neu orientieren. Der MGV-Vorsitzende Michael Griehl befand 2016, der gemeinsame Auftritt mit dem MGV Eintracht Bad Bodendorf am Volkstrauertag weise den Weg in die Zukunft. Die beiden Vorstände empfahlen, nur noch gemeinsam zu proben und aufzutreten und wuchsen zur Chorgemeinschaft zusammen.

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