Eiskalt im Abgang Thriller-Serie "Weinberg" spielt an der Ahr

Köln/Mayschoß · Nicht die Filmstudios in Hollywood oder Babelsberg in Berlin, sondern die idyllische Gemeinde Mayschoß an der Ahr diente als Kulisse für eine neue Thriller-Serie. Den Ort freut's - auch wenn ihn die Macher als Dorf voller Schrecken inszenieren.

Weindörfer präsentieren sich gern als Hort urdeutscher Romantik: Pausbäckige Winzer, holzvertäfelte Gaststube, lachende Wandersleute. Von diesem Idyll ist in der Serie "Weinberg", die zum Teil in Rheinland-Pfalz gedreht wurde, nur noch die Kulisse übrig geblieben. Das Dörfchen Kaltenzell liegt in der TV-Serie zwar wie für ein Tourismus-Prospekt drapiert zwischen steilen Weinbergen, und im Tal plätschert die Ahr. Dennoch stellt sich beim Zuschauen kein Gefühl der Behaglichkeit ein. Eher der Beklemmung. Und das liegt nicht nur an dem Blut, das aus einer Leiche auf dem Weinberg tropft.

Kaltenzell heißt eigentlich Mayschoß: Die rheinland-pfälzische Gemeinde diente den Machern des Pay-TV-Sender TNT Serie, der unter anderem über den Abo-Anbieter Sky zu empfangen ist, als Kulisse für die Thriller-Serie. "Wir hoffen, dass nur positive Signale für den Ort damit verbunden sind", sagte Ortsbürgermeister Hans-Ulrich Jonas (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem dank der lockenden Landschaftsaufnahmen. "Für einen Weinort ist das gute Werbung", findet auch der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, Matthias Baltes.

Die von TNT eigenproduzierte Serie bewegt sich in ihrer ganzen Inszenierung auf die internationalen Vorbilder wie "Breaking Bad" oder "Game of Thrones" zu. Und schafft das Kunststück, dabei sehr deutsch zu bleiben.

Die Hauptrolle spielt Friedrich Mücke (34), aufstrebender Repräsentant der jungen Schauspielerriege im Land. Er erwacht an einem Herbsttag zwischen Rebstöcken. Von oben tropft Blut auf ihn, tiefrot wie ein kräftiger Spätburgunder. Er sieht die Leiche einer jungen Frau mit Krone - der Krone einer Weinkönigin, wie er später herausfindet. Wie er in den Weinberg gelangt ist, weiß "Der Held" (so der Rollenname) aber nicht mehr. Sein Gedächtnis ist weg.

Unten im Dorf wimmelt es vor dubiosen Gestalten. Das sind: ein intriganter Gastwirt (Arved Birnbaum), der in Personalunion auch Bürgermeister ist, ein etwas arg frömmelnder Ladenbesitzer (Arnd Klawitter) mit selbstbepinselten Heiligenfiguren und ein in sich gekehrter Junge (Jonah Rausch). Nur der Psychologin, gespielt von Gudrun Landgrebe (65), scheint der Held ohne Namen vertrauen zu können. Und über allem wabert in Kaltenzell ein wohl endloser Nebel.

"Weinberg" wirft all die Zutaten aus der deutschen Weinbau-Biederkeit in einen Mixer und macht daraus einen Alptraum. In Kaltenzell ist irgendwie alles aus der Zeit gefallen. Menschen telefonieren noch mit grünen Schnur-Telefonen und tragen Krawatten, die schon in den 80ern nicht mehr modisch waren. All das wirkt aber nicht vertraut, sondern beängstigend. Denn dahinter scheint kalte Brutalität zu lauern.

"Diese biedere Landidylle oder alte Telefone - das ist ja auch Klischee", sagt Baltes. "Wir finden hier auch Gott sei Dank keine tote Weinkönigin in den Bergen", scherzt er. Trotz düsteren Themas käme die Natur gut zur Geltung, findet Baltes, der bereits den Trailer zur Serie gesehen hat. Wie das Weinfest auf dem Festplatz nachgestellt wurde, hat er miterlebt. Die Dekoration sei sehr schön gemacht gewesen. "Aber der typische Weinfestbesucher sieht nicht so altbacken aus. Das ist natürlich etwas überspitzt."

Der Sender nennt "Weinberg" eine "Drama-Serie im Stile eines Psycho-Thrillers". Einige Beobachter wollen bereits Parallelen zu David Lynchs Kult-Mystery-Serie "Twin Peaks" erkannt haben, die in einem Holzfällerstädtchen im amerikanischen Nordwesten spielte. Ganz so weit ist noch nicht. Dafür ist "Weinberg" hier und da noch etwas zu sehr auf den Effekt hin erzählt. "Hart oder weich?", fragt die attraktive Wirtin lasziv den Helden. Und meint natürlich nicht ihn, sondern sein Frühstücksei.

Unterm Strich ragt "Weinberg" aber aus der deutschen Serien-Landschaft heraus. Auch wenn der Spätburgunder danach nicht mehr so schmeckt wie vorher.

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