Demokratie ist Angebot und Aufgabe Kundgebung gegen rechte Gewalt in Altenahr

ALTENAHR · Im Treppenhaus des Altenahrer Rathauses zeigten ausdrucksstarke großformatige Schwarz-Weiß-Porträts des berühmten litauischen Fotografen Antanas Sutkus Überlebende des Mords an den litauischen Juden durch die Nazis.

 Bei der Kundgebung gegen rechte Gewalt vor dem Altenahrer Rathaus sprach Marcell Heinsch.

Bei der Kundgebung gegen rechte Gewalt vor dem Altenahrer Rathaus sprach Marcell Heinsch.

Foto: Martin Gausmann

„Unsere Demokratie ist nicht nur Angebot, sondern auch Aufgabe“, stellte Marcell Heinsch von der „Mittalahrinitiative gegen rechte Gewalt“ am Montagabend bei der Kundgebung vor dem Altenahrer Rathaus fest. Die Tatsache, dass sich dort viele Menschen drängten, wertete er als „deutliches Zeichen, dass unsere Demokratie lebt“. Mit Heinsch moderierte Jana Fuhrmann das Gedenken an die Pogromnacht vor 80 Jahren. Nach der Kundgebung eröffnete der Kulturverein Mittelahr im Rathaus eine Ausstellung mit Bildern und Texten über die Judenvernichtung im Baltikum, die bis zum 2. Dezember bleibt. Die Künstlerin Roswitha Dasch bot mit ihrem Kollegen Ulrich Raue einen tiefgehenden Blick auf die Vernichtung der Juden durch die Nazis im Wilnaer Ghetto.

„Antisemitismus ist noch immer vertreten, es war lange ein Tabuthema“, stellte Heinsch bei der Kundgebung fest. Aber Gewalt und rechte Ansichten sollten keinen Platz mehr bekommen. Angst vor Flüchtlingen und soziale Ungerechtigkeit seien Nährboden für Rechtsradikalismus. „Lasst dem Hass keinen Platz, lasst uns für ein buntes Deutschland stehen“, beschloss er seine Begrüßung. „Die Demokratie braucht alle, die diese Staatsform wünschen, achten und ehren, egal welcher politischen Partei, Religion und Hautfarbe“, führte Verbandsbürgermeister Achim Haag aus. Sehr anschaulich trug Andreas Zedler von der Flüchtlingshilfe Altenahr Helmut Wöllensteins „Märchen vom Auszug aller Ausländer“ vor. Es veranschaulicht, wie viel aus anderen Ländern und Erdteilen bei uns verwurzelt ist. Im Märchen brechen alle Weihnachtsleckereien auf in ihre Herkunftsländer, auch Kaffee und Schokolade. Die Gänse fliegen zurück nach Polen, Teppiche und Seidenhemden in den Orient, Autos lösen sich in Einzelteile auf.

„Die Opfer wollen Antworten haben: Wie geht ihr damit um?“, führte Pfarrer Axel Spiller zurück zum traurigen Anlass. „Gedenken, den Blick offenhalten und dem Schmerz Raum geben“, gab er selbst zur Antwort. Mit einem Zitat aus Bertolt Brechts Theaterstück Arturo Ui beschloss Markus Noack die Liste der Vortragenden. Das Jugendbüro hatte bunte Luftballons vorbereitet, die mit Wünschen der Versammelten auf Kärtchen in den schwarzen Himmel aufstiegen.

Im Treppenhaus des Rathauses zeigten ausdrucksstarke großformatige Schwarz-Weiß-Porträts des berühmten litauischen Fotografen Antanas Sutkus Überlebende des Mords an den litauischen Juden durch die Nazis. Bebilderte Texte über die Massaker jagen dem Betrachter Schauer über das Ausmaß menschlicher Grausamkeiten über den Rücken. Eindrücklich veranschaulicht wurde dies durch den einstündigen Part der beiden Künstler in Rezitation, Gesang, Violine und Klavier. Sie engagieren sich in Wilna für Überlebende.

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