Bauern und Winzer in Dernau Folgen der Dürre an der Ahr erst 2019 spürbar

DERNAU · Bei der Generalversammlung des Kreisbauern- und Winzerverbandes zieht Präsident Franz-Josef Schäfer vor rund 180 Mitgliedern Bilanz des trockenen Sommers: Zuckerrübenertrag katastrophal, Getreideernte durchschnittlich, Weinlese hervorragend.

 Sie war besser als die Landwirte aufgrund der Trockenheit befürchtet hatten: Die Getreideernte auf der Grafschaft.

Sie war besser als die Landwirte aufgrund der Trockenheit befürchtet hatten: Die Getreideernte auf der Grafschaft.

Foto: Martin Gausmann

„Die bäuerliche Kultur wird in einigen Jahren verschwunden sein“, befürchtete Präsident Franz-Josef Schäfer bei der Generalversammlung des Kreisbauern- und Winzerverbandes im „Culinarium“ der Dagernova in Dernau. „Niemand wird diese Entwicklung aufhalten, weil es niemandem etwas wert ist“, sagte er vor etwa 180 Mitgliedern und Gästen. Schäfer nannte auch die Gründe dafür: „Umweltschützer und Teile der Gesellschaft werden zwar die Entwicklung zur industrialisierten Landwirtschaft beklagen und weitergehende und schärfere Verordnungen fordern und bekommen. Und genau damit werden sie den Trend zu noch größeren und noch effizienteren Betrieben beschleunigen. Wenn dann die viel gepriesene Digitalisierung in voller Konsequenz Einzug hält und eine Vielzahl von autonomen Robotern, von Satelliten gelenkt und von Algorithmen gesteuert, unsere Felder bestellt, wird es zu spät sein.“

Auch der Klimawandel mache der heimischen Landwirtschaft zu schaffen, so Schäfer weiter. 2018 sei zwar nicht der heißeste Sommer aller Zeiten gewesen, aber doch ein außergewöhnlich trockener. „Was für die einen ein Jahrhundertsommer war mit tropischen Temperaturen, war für unseren Berufsstand eine Herausforderung – wobei Licht und Schatten nah beieinanderlagen.“ So seien diejenigen mit einem blauen Auge davongekommen, die über bessere Böden verfügten und das Glück eines lokalen Regengusses hatten. Ohnehin sei der Kreis Ahrweiler bei Weitem nicht so betroffen gewesen wie andere Landesteile. Die Winzer beispielsweise durften sich nach dem Jahrhundertsommer über einen sonnigen und trockenen Herbst freuen und so viele Trauben wie nie zuvor in hervorragender Qualität lesen.

Tierfutter könnte knapp werden

„Auch die Getreideernte in unserer Region war durchschnittlich, viel besser als bei dieser Trockenheit zu erwarten gewesen wäre.“ Die Zuckerrüben hingegen hätten den ertraglichen Höhenflug der vergangenen Jahre mit einer jähen Bauchlandung beendet. Schlechte Erträge und niedrigste Weltmarktpreise für Zucker machten der ehemaligen „Königin der Feldfrüchte“ zu schaffen und den Anbau unrentabel. „Fraglich ist, wie der Anbau unserer wichtigsten Ackerkulturen Raps und Zuckerrüben weitergehen wird. Nach dem Wegfall wichtiger Insektizide droht das Ende der heimischen Produktion und eine Abwanderung der Zuckererzeugung nach Brasilien und der Ölproduktion zu den Palmölplantagen Südostasiens“, befürchtet Schäfer.

Nicht ohne süffisant anzufügen: „Die brennenden Regenwälder Amazoniens und Südostasiens schauen wir uns betroffen in den Nachrichten an – ansonsten freuen wir uns über niedrige Nahrungsmittelpreise.“ Ohnehin befürchtet er, dass die Auswirkungen der letztjährigen Dürre erst in diesem Jahr voll durchschlagen werden, wenn Futtervorräte zur Neige gingen und teures Futter zugekauft werden müsse.

Ein weiterhin aktuelles Thema bleibe die Afrikanische Schweinepest, hier habe sich seit dem Ausbruch in Belgien die Situation deutlich verschärft. „Aktuell wandert der Erreger von Belgien in Richtung französische Grenze“, wusste der Bauernchef.

Das zentrale Projekt auf Kreisebene sei die „Artenreiche Wiese – Lebensraum für Biene, Schmetterling und Co.“, an dem sich auch der Bauernverband gerne beteilige. „Wir alle sind angehalten, Lebensräume für Insekten zu schaffen und zu erhalten. Im Kreis Ahrweiler gibt es mehr als 1500 Hektar Vertragsnaturschutz – ein Anfang ist also gemacht“, freute er sich.

Dank an Landwirte für Vertragsnaturschutz

„Wir sehen in dem Projekt eine hervorragende Möglichkeit, die Attraktivität unserer einzigartigen Landschaft im Interesse der kommenden Generationen, des Natur- und Umweltschutzes und der Lebensqualität nachhaltig und dauerhaft zu steigern“, ergänzte Landrat Jürgen Pföhler in seinem Grußwort: „Das Förderprogramm steht und fällt dabei mit den Antragsstellern.“ Deshalb rief er alle Landwirte dazu auf, mitzumachen und die neu geschaffenen Fördermöglichkeiten rege zu nutzen.

Er dankte jenen Landwirten, die sich schon seit Jahren für den Vertragsnaturschutz entschieden hätten und damit bereits einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten leisteten. „Allein im Jahr 2018 wurden insgesamt 324 Anträge gestellt und hierfür ein Betrag von rund 283 000 Euro ausgezahlt. Ein solches Engagement verdient Dank und Anerkennung“, so Pföhler.

Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz, nannte den Berufsstand des Landwirtes „unabdingbar zur Volksernährung, für den ländlichen Raum und für die Sicherung des Friedens in der Welt“. Allerdings sei die Stimmung besser als die Lage, denn Klimawandel, Märkte und Politik führten zu Verunsicherung. „Der Berufsstand steht heute vor der Herausforderung, allen Befindlichkeiten einer übersättigten Bevölkerung gerecht zu werden“, schüttelte er den Kopf: „Die Parameter sind aus dem Lot geraten.“

Gastredner Sönke Hauschild vom Bauernverband Schleswig-Holstein referierte über „Bauern unter Beobachtung: Wie gehen wir damit um?“. Er schilderte seine Erfahrung als Interessenvertreter der Agrarbranche mit Facebook & Co. und stellte dar, wie eine faktenbasierte Darstellung über das Wirken der heimischen Landwirtschaft funktioniert.

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