Peter Wohlleben in Sinzig Die Natur mit anderen Augen sehen

Sinzig · Deutschlands bekannteste Förster Peter Wohlleben plädierte im Sinziger Rhein-Gymnasium für den „Lebensquell Wald“. Er war als Referent bei der Reihe „Forum Zukunft“ zu Gast in seiner alten Schule.

Er ist vermutlich Deutschlands bekanntester Förster, hat Bücher zum Naturschutz wie die Bestseller „Das geheime Leben der Bäume“ und „Das Seelenleben der Tiere“ geschrieben und führt heute den umweltfreundlichen Forstbetrieb von Hümmel in der Eifel. Peter Wohlleben, geboren 1964 in Bonn und aufgewachsen in Sinzig, begehrter TV-Gast, Redner und Seminarleiter, sprach im Rhein-Gymnasium vor rund 350 begeisterten Zuhörern über den „Lebensquell Wald“.

Ein Willkommen an „seiner“ ehemaligen Schule entboten Schulleiter Jens Braner und Pädagoge Klaus Karpstein im Rahmen der Reihe „Forum Zukunft“, die als Referenten bereits Persönlichkeiten wie Franz Alt, René Böll und Ignatz Bubis gesehen hat.

Indem er ein vom Schüler Peter und seinem Bruder geschaffenes Emblem der Eine-Welt-AG hochhielt, belegte Karpstein Wohllebens frühes Engagement. Ursprünglich wollte der Referent, dessen erste Berufswünsche von Müllmann bis Wildhüter in Kenia reichten, der dann aber Forstwirtschaft studierte, „nie Bücher schreiben“, bis ihn die Leute nach seinen Waldführungen fragten, „wo kann man das nachlesen“.

Wer einen Utopisten mit unhaltbaren Vorstellungen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Neunzig Prozent des Waldes könnten die Menschen nutzen. Wohlleben forderte bescheiden: „Man sollte wenigstens zehn Prozent der Fläche für sich sorgen lassen“.

So beschützt sich der Wald selbst am besten samt den in ihm lebenden Arten. Leidenschaftlich legte er indes dar, „wir grenzen uns zu sehr ab“, wenn wir uns als Krone der Schöpfung betrachten, Tiere hingegen „als Bioroboter, mit denen man alles machen kann“. Menschliche Gefühle seien vergleichbar mit den tierischen Instinkten, und auch Tiere verfügten über gehirnartige Zonen.

Das Publikum erfuhr von wissenschaftlich belegten, früher ungeahnten Fähigkeiten und „Empfindungen“ der Mitgeschöpfe: Krähen, die beim Wiederfinden versteckter Eicheln auf bis zu 10 000 Treffer kommen, Kolkraben, die Menschen beschenken, Pferde, die eine „Vorstellung von der Zukunft haben“, da sie sich im Alter ungern hinlegen, aus Furcht, es vielleicht nicht mehr hochzuschaffen.

Die faszinierenden Beispiele machten bei den Pflanzen, in unseren Augen oft die unterste Kaste, nicht halt. So unterstützen Bäume solidarisch die lebenden Stümpfe von vor Hunderten Jahren gefällten Nachbarn und auch junge Buchen werden von ihren Mutterbäumen über Wurzelverwachsungen mit Zuckerlösung „geradezu gestillt“.

Sie können ihren Nachwuchs gar von anderen Jungbäumen unterscheiden. Zudem kommunizieren Bäume nicht nur untereinander, sondern nutzen Pilze als „Botschafter“, was sie jedoch mit einem Drittel ihres Chlorophylls teuer zu stehen kommt.

„Wir brauchen nicht um den Orang-Utan in Borneo zu weinen“, sagte Wohlleben. Auch in hiesigen Wäldern lebten genug schützenswerte Tiere, denen wir durch weniger Einschlag helfen könnten. Wie aber den Holzbedarf befrieden? Auf diese Publikumsfrage antwortete Wohlleben: „Wir müssen beim Holzhunger auf die Bremse treten“.

Da der Referent auf sein Honorar verzichtete, sammelte das Gymnasium stattdessen Spenden für eine Schule in einem Armenviertel von Lima, die es seit Jahren unterstützt.

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