Ein Hauch von Weihnachten im Hochsommer Collegium Musicale in Maria Laach

MARIA LAACH · Im Rahmen des Rhein-Vokal-Festivals trat am Sonntag das Collegium Musicale Estland unter der Leitung von Endrik Üksvärav in der Abteikirche Maria Laach auf. Mit großer Stimmgewalt und einem Programm aus über 400 Jahren Musikgeschichte lockten die Sänger zahlreiche Besucher, welche die Bänke der Kirche bis über den letzten Platz hinaus füllten.

 Das Collegium Musicale aus Estland beeindruckte in der Abtei Maria Laach.

Das Collegium Musicale aus Estland beeindruckte in der Abtei Maria Laach.

Foto: Martin Gausmann

Neben Klassikern der westlichen Musik widmet sich das Collegium Musicale Estland besonders den Komponisten seines Heimatlandes.

Wie ein Glitzer aus dem Himmel schwebten die Frauenstimmen auf die schlagartig stillen Zuhörer hernieder. Heinrich Schütz' Motette „Die mit Tränen säen“ von 1648 konnte kaum passender an den Beginn des Konzerts gestellt sein. Sonor antworteten die Männer und zur Wendung „und kommen mit Freuden“ gewann die Komposition merklich an Fahrt.

Klangfülle und Durchdringungskraft sollten für den Rest des Abends nicht weichen. Kaum ein Husten oder Räuspern störte die geistliche Atmosphäre. Zwischen Innigkeit und Emotionalität siedelte sich das „Ave Maria“ von Pärt Uusberg an, dessen „Misere“ aus dem Jahr 2008 von chromatischer Schwebe hin zu waschechter Filmmusik schreitet, um dann wieder in verhallender Schwebe zu vergehen.

Klangfülle und Durchdringungskraft

Wie für den Kirchenraum geschaffen, ergoss sich die Renaissance-Musik des „O Magnum Mysterium“ von Tomás Luis de Victoria. In bewusstem Kontrast dazu stand der Romantik-Komponist Rudolf Tobias. Inbrünstig kam das „Loblied“ daher, von tiefer Zerknirschtheit berichtete das „Bußlied“.

Längstes Stück des Abends war die „Missa brevis“ von Erkki-Sven Tüür aus dem Jahr 2013. Mit Anklängen an den Musikfilm „Koyaanisqatsi“ erhebt sich das „Kyria“ aus den Bässen empor und strahlt im „Christe“ zu einer großen Emphase auf. Das „Gloria“ entspinnt sich als flotter Dialog. Das gekürzte „Credo“ stellt programmatisch das Einzelbekenntnis in den Mittelpunkt und umspielt in immer komplexerer Polyphonie die Muttergottes. Nach der Himmelsszene des „Sanctus“ erreicht die Messkomposition im „Agnus Dei“ wieder den Boden des Gebets.

Wie ein Hauch von Weihnachten wirkten die beiden Werke Arvo Pärts. Der 2010er „Alleluia Tropus“ besingt auf Kirchenslawisch die Taten des Heiligen Nikolaus und die beiden deutschsprachigen Magnificat-Antiphonen besingen als schlichte, aber tiefgründige Kleinode liturgisch die letzte Woche vor dem Weihnachtsfest. Auch John Taveners „The Lamb“, eine Kombination aus schlichter Melodie und komplexer Stimmführung, verbindet Krippe und Kreuz miteinander, um in einer leuchtend-harmonischen Christologie zu münden.

„Das Milchstraßenschiff"

Urmas Sisasks „Heliseb väljadel“ und Tõnu Kõrvits „Linnuteelaev“ – zu Deutsch „Das Milchstraßenschiff“ – beschwören dunkel-nordische Atmosphäre hinauf. Ersteres auf geistliche Art mit der stetigen Wiederholung des „Ave Maria“, letzteres mit einem großen Nachthimmelpanorama. Pünktlich zur hereinbrechenden Dämmerung erklang „Bogoroditse Djevo“, eine geistliche Abendmusik aus der Feder Sergej Rachminows und das „Nachtlied“ von Max Reger.

Noch ein letztes Mal ließ sich das Publikum beim Luftholen merklich Zeit, um dann in großen Applaus auszubrechen. Mit Bravo-Rufen und stehenden Ovationen erklatschte es sich eine liebliche Zugabe.

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