Zukunftsperspektiven der Gemeinde Berg Alle kämpfen für die Zwergschule in Berg

BERG · Bürgermeister Erwin Kessel möchte die Gemeinde Berg für junge Familien unbedingt attraktiv erhalten. Deshalb müsse die kleine Vischeltal-Schule dringend weiterbestehen.

 Die Vischeltal-Schule in Berg ist eine Zwergschule. Genossen die Mini-Schulen in Rheinland-Pfalz bislang „Artenschutz“, stehen sie für die Landesregierung nun auf dem Prüfstand.

Die Vischeltal-Schule in Berg ist eine Zwergschule. Genossen die Mini-Schulen in Rheinland-Pfalz bislang „Artenschutz“, stehen sie für die Landesregierung nun auf dem Prüfstand.

Foto: Martin Gausmann

Die Zukunft der Gemeinde Berg ist eng verknüpft mit der eigenen Grundschule. Davon ist Bürgermeister Erwin Kessel überzeugt. „Junge Familien, die sich angesichts unserer niedrigen Grundstückspreise ein Bild von der Gemeinde machen wollen, fragen nach schnellem Internet, Kindergarten und Schule – in dieser Reihenfolge. Wir haben alles“, berichtet er. Ohne diese Angebote sieht er kaum Aussicht auf Entwicklung für das Gemeinwesen mit aktuell 1285 Einwohnern in den drei Dörfern Berg, Freisheim und Krälingen sowie den Flecken Häselingen und Vellen und dem früheren geistigen Mittelpunkt Vischel zwischen Wald und Weiden mit Burg, Kirche, Friedhof, Forstverwaltung sowie einem Wohnhaus und einer Ferienwohnung.

Kessel spricht über die Betreuungsangebote in Kita und Schule, die auf den Bedarf berufstätiger Eltern zugeschnitten sind. Er führt die gute Zusammenarbeit zwischen beiden Einrichtungen an sowie Angebote von Englisch und Musik schon für die ganz Kleinen. Während ältere Bürger oft in die umliegenden Städte abwandern, siedeln sich junge Familien gern an, hat er festgestellt. „Im Moment wird jeder Schuppen zu Wohnraum umgebaut, darum will die Gemeinde Bauland durch Abrundungen an den Ortsrändern ausweisen.“ Oft lassen sich auch erwachsene Kinder in Berg nieder, wenn sie dort ein Grundstück geerbt haben, berichtet Kessel.

Keine Alterntive im Dorf

Während die Kita in ihrem Bestand nicht gefährdet ist, sorgt sich die Gemeinde um den Fortbestand der Vischeltal-Schule mit ihren zwei Kombi-Klassen, die zahlenmäßig unter der rheinland-pfälzischen Norm liegen. Angesichts unzumutbar langer Schulwege zur Grundschule in Altenburg sieht Kessel keine Alternative zur Schule im Dorf. Müssten die Sechsjährigen doch andernfalls mit dem Linienbus um 6.41 Uhr in Krälingen aufbrechen, später in Hilberath umsteigen und wären bei planmäßiger Fahrt um 7.36 Uhr, nach 55 Minuten, am Ziel. Der Rückweg könnte je nach Ende des Unterrichts beziehungsweise der Betreuung bis zu 83 Minuten dauern, rechnet Kessel vor und weiß, dass damit die gesetzlichen Vorgaben weit überschritten wären. Dorf, Eltern, Verbandsgemeinde und die Politik im Kreis wollen weiter für den Erhalt der Schule kämpfen.

Bei der Ausweisung von Gewerbeflächen im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Altenahr ist Berg leer ausgegangen. Allerdings freut sich die Gemeinde über Gewerbesteuer-Einnahmen durch Handwerksbetriebe und Selbstständige. „Wir bleiben eine ländliche Gemeinde, der Zuzug soll sich in Grenzen halten“, sagt Kessel. Durch Ansiedlung von Haribo in Ringen rechnet er aber mit weiteren Anfragen. Insgesamt arbeiten Berger meist in Rheinbach, Meckenheim und Bonn.

Bürgermeister Kessel war Bauplaner

Seit 26 Jahren ist Erwin Kessel (63) Bürgermeister, davor war er Beigeordneter. Insgesamt hat er sich 36 Jahre in besonderer Verantwortung für die Gemeinde eingebracht. „Schon im Jahr 2000 haben wir die Dachmarke ‚Vischeltal‘ eingeführt, sie steht für Kindergarten, Schule und die Mehrzweckhalle in Freisheim“, berichtet er. „Kanäle und Wasserleitungen sind erneuert, die Internetanbindung ist gut, die Straßen werden im kommenden Jahr ebenfalls komplett ausgebaut sein.“ Derzeit werden die Bagger erwartet für das Straßenstück vom Ortseingang aus Berg bis zum Ortsausgang Richtung Krälingen, das soll im kommenden Sommer erledigt sein.

„Ich bin in der Zeit immer mehr Bauplaner geworden“, amüsiert sich der Bürgermeister, er arbeitete bis zur Pensionierung als Diplom-Bankbetriebswirt. Abgeschlossen ist auch die Dorfmoderation, so dass Privatleute Zuschüsse für Sanierungen erhalten können. „Einen Dorfplatz wollten wir nicht bauen, wo sollte er auch hin“, stellt Kessel fest. Die 2010 begonnene Flurbereinigung befinde sich in der letzten Phase, berichtet er.

Nicht nur Straßen wurden in den 26 Jahren mit Kessel als Bürgermeister gebaut, es gab einen neuen Kindergarten, einen Anbau an die Schule, und die Vischeltalhalle wurde errichtet. Dagegen werden die kirchlichen Angebote angesichts des Priestermangels eher „zurückgebaut“. Nur noch unregelmäßig gibt’s Messen in der Pfarrkirche in Freisheim. „Man muss Kalender führen, wann mal ein Gottesdienst ist“, sagt Kessel. Wenigstens sind außer dem Naturfreundehaus in Berg noch ein paar Gaststätten da, die auch Auswärtige ansprechen.

Sportangebote in der Vischeltalhalle

Was das Vereinsleben betrifft, so bestehen Sportangebote in der Vischeltalhalle und in der Alten Schule in Berg. Der Hasenberger Frauenchor probt in der Schule in Krälingen. Zum Bedauern des Bürgermeisters hat der Sportverein Krälingen weder Vorstand noch Nachwuchs. Damit stellt sich die Frage, was aus den dortigen Sportanlagen werden soll.

Dagegen bespielt der Sportverein Grün-Weiß Berg-Freisheim den Sportplatz in Berg regelmäßig. Außer im Sport engagieren sich die Bürger in den Dorfvereinen in Berg und Freisheim, in der Prinzengarde, den Feuerwehren in Berg und Krälingen sowie der Blaskapelle „Die Vischeltaler“.

Die Halle in Freisheim ist gut ausgelastet, auch mit privaten Festen wie Hochzeiten und Kommunionfeiern. Seniorentage richtet die Gemeinde dort regelmäßig aus. Traditionen werden in allen Dörfern gepflegt, gleich vier Mal reitet Sankt Martin.

Wenn es auch kein Geschäft mehr gibt, ist eine Grundversorgung da. Regelmäßig fährt ein Bäcker durch die Dörfer, „rollende Märkte“ bringen frische Lebensmittel – auch das vom Land zur Verfügung gestellte Schulobst. Einkaufsmöglichkeiten nutzen die Berger außerdem meist in Rheinbach und Meckenheim. Dort nutzen sie auch die ärztliche Versorgung, außerdem machen einige Ärzte auch Hausbesuche auf dem Lande. Bürgermeister Kessel ist bis auf das Schulproblem zufrieden mit dem Stand der Dinge in seiner Gemeinde. Er weiß auch, dass sich die Bewohner wohl fühlen und gern miteinander feiern.

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