Gelsdorf Peter Ackermann ist seinem Heimatdorf treu geblieben

GELSDORF · Zugegeben: Als Kind konnte er noch den Dilledopp über die Hauptstraße peitschen und sein Hüppekästchen vor die Haustür malen. Als Heranwachsender kam er leicht zu den Treffs mit seinesgleichen, auf der Bank an der Kreuzung oder auf dem Geländer vom Bach. Peter Ackermann (78) ist seinem Heimatdorf Gelsdorf treu geblieben. An die alten Zeiten denkt er gerne, zurückhaben möchte er sie aber nicht. "Jetzt ist Gelsdorf schön und gepflegt", sagt er.

 Blick von oben: Gelsdorf heute mit der Kirche Sankt Walburga und der Burg dahinter.

Blick von oben: Gelsdorf heute mit der Kirche Sankt Walburga und der Burg dahinter.

Foto: MARTIN GAUSMANN

Der Vater war Bahnbeamter, von einem kinderlosen Onkel erbte Ackermann den landwirtschaftlichen Betrieb und wurde Bauer. Er erinnert sich an die Zeit nach dem Krieg, als im Dorf einige 100 Kühe gehalten wurden. Die Milch wurde von der Molkerei Vettelhoven abgeholt, als die geschlossen wurde von der Bonner Molkerei. Von den einst 15 Höfen sind zwei geblieben. Viele Bauern haben auf Obst umgesattelt, einer auf Chicorée. Ackermann, in dessen Haustür ein Sämann und zwei Garben geschnitzt sind, hat sich zur Ruhe gesetzt.

Von den Lebensmittel- und Tante-Emma-Läden zur Versorgung der nach dem Krieg 800 Gelsdorfer besteht keiner mehr. Der Metzger ist weg, jüngst hat die letzte der drei Bäckereien geschlossen. Und eine Autowerkstatt hat den letzten der einst drei Tanzsäle, den bei der Gaststätte "Zur Tant?", bezogen. Immerhin öffnet die "Tant?" noch am Wochenende. Die Tanzmusik zu Kirmes und Karneval spielt neuerdings im neuen Feuerwehrhaus Richtung Gewerbegebiet. Der Malerbetrieb und die Schmieden haben zugemacht. Aber es gibt zwei neue Tischlereien, eine Schreinerei, einen Fensterbauer und einen Heizungsbauer.

Mit Kindergarten und Schule waren die Gelsdorfer immer gut versorgt. Peter Ackermann zeigt ein Foto, auf dem er als Zweijähriger, richtig brav, mit seiner Kindergartengruppe fotografiert worden ist. Die betreuende Franziskanerin sitzt mit strenger Miene dabei. Kloster und Pfarrhaus sind Geschichte, wenigstens wird noch jeden Sonntag in Sankt Walburga eine Messe gelesen, früher waren es zwei, und trotz der mittlerweile 1400 Einwohner bekommt man "gut Platz". Nur: Die Plätze in Sankt Walburga werden nicht mehr verpachtet. "Ich hatte meinen auf der Empore 50 Jahre lang, bis einer unserer Pfarrer das abgeschafft hat, es sei nicht mehr zeitgemäß", erzählt Ackermann.

Aus dem Alltag herausgerissen wurden die Gelsdorfer etwa, wenn der Bischof zur Visitation mit dem Pferdewagen über das Kopfsteinpflaster rollte. Erst seit den 1950er Jahren, als auch der Kanal gelegt wurde, gab's Asphalt. Entsorgt wurde bis dahin in Sickergruben, mit dem Kanal zunächst in den Bach, der in die Swist mündete. Seit 1909 war eine zentrale Wasserversorgung aus Quellen am Waldrand vorhanden.

Eine Bürgermeisterei hat der einst selbstständige Ort nicht mehr. Seit 1974 gehört er zur Gemeinde Grafschaft, einer Flächengemeinde. Für die Schule, die Ackermann noch in der "Burg" besuchte, steht ein Neubau gleich neben dem neuen Kindergarten. Wurden Katholiken einst rund um die Kirche beerdigt, die Evangelischen da, wo jetzt das "alte" Feuerwehrhaus steht, so gibt's jetzt einen gemeinsamen Friedhof. Nur der jüdische Friedhof ist geblieben.

Ackermann war Wehrführer und kennt noch die DKW-Spritze, die auf einem Handwagen zum Einsatzort gerollt werden musste. Wenigstens gab es ausreichend Hydranten, berichtet er. Jetzt hat Gelsdorf eine modern ausgerüstete und gut ausgebildete Feuerwehr und dank der Jugendfeuerwehr keine Nachwuchssorgen, sagt Ackermann. Mit den Kameraden der Bundeswehr-Feuerwehr verstünden sich die Gelsdorfer gut.

Dass es keine Geschäfte mehr gibt, stört Ackermann wenig. Die meisten Einwohner führen zu Supermärkten in Meckenheim. Die Senioren nutzten den Verkaufswagen, der wöchentlich durch die Straßen fährt. Früchte und Säfte gibt es "jede Menge" in den Hofläden der Obstbauern.

Gewachsen ist Gelsdorf durch das Gewerbegebiet, teils auch durch die Bundeswehr. Viele Einwohner arbeiten beim BKA in Meckenheim. Traf man sich früher zum Klaaf in den Läden, so ist das nur noch nach der Messe möglich, aber auch da kommt es selten zum Gespräch zwischen Alteingesessenen und Neubürgern.

Für Ackermann ist es schön, dass seine Schulfreunde geblieben sind. Wie in alten Zeiten werden Fußballturniere ausgetragen und Junggesellenfeste veranstaltet, vor Ostern werden die Mädchen versteigert, eine Maikönigin ermittelt, und die Junggesellen stellen den großen Maibaum auf. Sie halten noch zusammen, berichtet Ackermann. Es gibt noch den Turnverein für die Frauen und den Kirchenchor. "Ich bin zufrieden und werde nicht weggehen", resümiert er.

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