Runder Geburtstag Gemeinde Grafschaft vor 40 Jahren aus der Taufe gehoben

GRAFSCHAFT · Sie wären gerne Kreisstädter geworden, die Lantershofener. Aber das ist 40 Jahre her. Genau so lange gibt es die Gemeinde Grafschaft. Damals ein Konstrukt aus eher zusammengewürfelten Dörfern, heute ein Erfolgsmodell, das im Jahr des runden Geburtstages einen Rückblick verdient.

Es war die Zeit der Gebietsreformen. In Mainz regierte Helmut Kohl, der schon damals für Zusammenschlüsse gut war. Bad Neuenahr-Ahrweiler war gerade mal ein Jahr "zwangsvereinigt", als Denkmodelle für die Dörfer der Grafschaft laut wurden. Denn die Verbandsgemeinde Ringen hatte mit gerade einmal 5916 Einwohnern keine echte Überlebenschance:

  • Modell 1: Angliederung der damals zwölf bestehenden Ortsgemeinden an die Verbandsgemeinde Altenahr.
  • Modell 2: Aufteilung auf die Städte Remagen, Bad Neuenahr-Ahrweiler und die Verbandsgemeinde Altenahr.
  • Modell 3: Zusammenschluss mit der Kreisstadt und Gründung einer Verbandsgemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler-Land.

All das passte auf der Grafschaft keinem. Doch Mainz sah 1970 den kompletten Anschluss der zwölf Gemeinden Bengen, Birresdorf, Eckendorf, Gelsdorf, Holzweiler, Karweiler, Lantershofen, Leimersdorf, Nierendorf, Ringen, Vettelhoven und Kalenborn an die neue Kreisstadt vor. Noch im selben Jahr kam es zu einem Vertrag zwischen der Verbandsgemeinde Ringen und der neuen Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dieser bejahte den Zusammenschluss nach der Kommunalwahl 1974.

Pustekuchen. Die Grafschafter wehrten sich. Das erste Widerstandsnest war Gelsdorf. Holzweiler folgte. Zum ersten Mal fiel das Wort Großgemeinde Grafschaft im Gelsdorfer Rat, wurde von den Dörfern aufgenommen und nach Mainz transportiert. Nur aus Kalenborn und Lantershofen kam ein Nein.

Die einen wollten nach Altenahr, was ihnen dann auch gelang, die anderen wollten eben Kreisstädter werden. Doch die hatten weder an dem direkt angrenzende Dorf noch den anderen Orten das geringste Interesse. Bad Neuenahr-Ahrweiler bangte unter seinem ersten Bürgermeister, Rudolf Weltken, um seine Finanzen.

Weltken und der Ringener Bürgermeister Otto Leininger intervenierten in Mainz. Kohl lenkte ein, und der 16. März 1974 ging als Gründungstag der Grafschaft in die Geschichte ein. Ein Umstand, der den Lantershofenern so gar nicht in den Kram passte. Fast das komplette Dorf boykottierte die Wahl zum ersten Grafschafter Gemeinderat. Nur 69 von 489 wahlberechtigten Bürgern gingen am 17. März 1974 zur Wahlurne.

Zeitsprung: Heute sind die Grafschafter eine eingeschworene Gemeinschaft. Und aus Boykotteuren sind engagierte Grafschafter geworden. Denn mit Thomas Schaaf (CDU) und Hubert Münch (SPD) stellt Lantershofen gleich zwei Fraktionschefs im Gemeinderat. Die kommunale Spitze hingegen verteilt sich "schön auf die Dörfer". Bürgermeister Achim Juchem wohnt in Birresdorf, sein Beigeordneter Michael Schneider in Gelsdorf und die Beigeordnete Helga Dohmganz in Nierendorf. Nur das Rathaus der Verbandsgemeinde Ringen wurde übernommen.

Aber mit neuem Geist, neuen Ideen und einem im Rat immer erkennbaren Wir-Gefühl. Deshalb soll der Geburtstag auch richtig gefeiert werden. "Das wird am ersten Juli-Wochenende sein." Mehr verrät Juchem noch nicht.

Grafschafter Zahlen

Einwohner 1970: 5916

Einwohner 2013: 10783

Gewerbegebiete 1970: 0

Gewerbegebiete 2013: 2

mit 1400 Arbeitsplätzen in Gelsdorf und 250 im Innovationspark. Letzteres wird sich durch Haribo deutlich nach oben hin verändern.

Kindertagesstätten: 6

Grundschulen: 3

Ortsbezirke: 11

Abstimmung über die Einheitsgemeinde 1974

Über die Bildung einer Einheitsgemeinde Grafschaft haben die einzelnen Gemeinderäte vor 40 Jahren abgestimmt. Hier die Ergebnisse.

Bengen: 2 x Ja, 3 x Nein, 1 x Enthaltung. Der Gemeinderat wünschte den Fortbestand der Verbandsgemeinde Ringen.

Birresdorf: 5 x Ja, 2 x Nein.

Eckendorf: einstimmig Ja.

Gelsdorf: einstimmig Ja.

Holzweiler: einstimmig Ja.

Karweiler: 6 x Ja, 4 x Nein.

Lantershofen: einstimmig Nein. Der Gemeinderat wünschte die Eingliederung in die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und hilfsweise den Fortbestand der Verbandsgemeinde Ringen.

Leimersdorf: einstimmig Ja.

Nierendorf: 5 x Ja, 1 x Enthaltung.

Ringen: 7 x Ja, 3 x Nein, 1 x Enthaltung.

Vettelhoven: einstimmig Ja.

VG-Rat Ringen: 14 x Ja, 3 x Nein (mit Kalenborn 9 x Ja, 7 x Nein).

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