Wettlauf um ein FOC Es kann nur ein Outlet-Center in der Region geben

GRAFSCHAFT · "Grafschaft wäre der bessere Standort, Königswinter hat aber im Moment offenbar die besseren Realisierungschancen." Wenn es um Factory Outlet Center (FOC) geht, dann gilt Joachim Will von der Wirtschafts-, Standort- und Strategieberatungsfirma Ecostra als absoluter Fachmann.

Will ist sich sicher: "Entweder es wird ein Outlet Center in Königswinter oder auf der Grafschaft geben. Beide nebeneinander werden nicht funktionieren." Das Projekt im Siebengebirge und das im Nordzipfel des Kreises Ahrweiler zielen gleichermaßen auf Potenziale in der Region. Will spricht von einem "Wettlauf".

Nicht nur auf der Grafschaft gibt es bekanntlich konkrete Pläne zur Errichtung eines Designer- oder Factory-Outlets. In Montabaur und im kleinen Bad Münstereifel sind FOCs bereits im Bau, in Königswinter wird aktuell darüber diskutiert, ob man die zusehends verödende Innenstadt mit einem Outlet-Center retten kann.

Für Ecostra-Geschäftsführer Will ist klar: "Es gibt Überlappungen im Einzugsgebiet. Deshalb gibt es sowohl für den Investor in Königswinter als auch für die Investoren auf der Grafschaft einen dringenden Handlungsbedarf." Denn es werde nur ein FOC in der Region geben können. Soll heißen: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

In Königswinter sehe der Investor gute Chancen, sich durchzusetzen. Grund: Auf der Grafschaft kommt es bei Grundstücksankäufen zu Verzögerungen, da die Verkäufer - in der Regel Landwirte - "Mondpreise" für ihre Areale haben wollten. Will: "Die müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass ihre Grundstücke für immer Feld, Wiese und Acker bleiben, wenn das FOC nicht kommt."

Die Investoren, Neinver und MAB Development, sehen die Gesamtentwicklung in der Region gelassen. Das Unternehmen erklärte auf GA-Anfrage: "Aufgrund unserer Expertise und Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit bei einer Vielzahl ähnlicher Projekte entwickeln konnten, wurden von uns im Vorfeld intensive Standort- und Wettbewerbsanalysen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse all dieser Studien unterstreichen das große Potenzial des Standorts auf der Grafschaft."

Zum aktuellen Stand sagte Neinver-Direktor Sebastian Sommer: "Wir befinden uns weiterhin in guten Gesprächen und sind zuversichtlich, dass wir demnächst auch für die noch fehlenden Grundstücke eine Einigung erzielen werden. Anschließend werden wir mit der Gemeinde Grafschaft die weiteren Schritte in die Wege leiten, um das Outlet-Center zu realisieren." Noch in diesem Jahr wolle man sich um das Planungsrecht bemühen. Das weitere noch zu lösende Problem: die Nachbarschaft.

Wenn es um Outlet-Center geht, dann ist es insbesondere der Einzelhandel, bei dem sich Untergangsstimmung breit macht und der mit Hilfe der Kommunalpolitik vehement gegen Ansiedlungen auf der grünen Wiese vorgeht. So beispielsweise in Bad Neuenahr, dem für die Grafschaft "zuständigen" Mittelzentrum. Bürgermeister und Stadtrat hatten sich schützend vor die örtliche Geschäftswelt gestellt und dem FOC-Projekt in der Nachbarkommune eine deutliche Absage erteilt.

Unnötigerweise, wie Will sagt. Bad Neuenahr, so steht es in einem bereits vor Jahren präsentierten Ecostra-Gutachten, werde ohnehin nur profitieren können, da Touristen auf der Durchreise das Angebot, eine Shopping-Pause neben der Autobahn einzulegen, gern wahrnähmen und in der Regel zu einem Abstecher in eine attraktive Stadt wie Bad Neuenahr-Ahrweiler bereit seien. Zudem bedienten FOCs ganz andere Zielgruppen als herkömmlicher Einzelhandel, der außerdem über andere Warensortimente verfüge.

Ecostra hat erst jüngst erneut untersucht, welche Auswirkungen FOCs auf den Einzelhandel haben. Dies am Beispiel des im Sommer 2012 an den Start gegangenen FOC Soltau. 20 Jahre hatte man bis zum Bau des Centers mit dem Einzelhandel gestritten. Die Kaufleute in Soltau und Celle hatten Angst, dass ein FOC die Kundschaft abspenstig machen würde. Das Gegenteil sei bislang der Fall, stellt Will fest. "Das FOC ist ein Glücksgriff für die Stadt", jubelte plötzlich der Soltauer Bürgermeister in der Presse.

Negative Auswirkungen auf das Angebot und die Versorgungsfunktion des Einzelhandels habe es übrigens nirgendwo gegeben. Bei keinem FOC in Deutschland könne festgestellt werden, dass es zu einer Verödung der Innenstädte gekommen wäre. Statt dessen hätten sich die auf Designerware spezialisierten Shops als Jobmotoren erwiesen. So seien beispielsweise mit dem FOC Zweibrücken 1000 neue Arbeitsplätze entstanden, berichtet Will.

Anders als in Soltau oder Zweibrücken ist das Konzept in Bad Münstereifel. Dort wird nicht auf der grünen Wiese gebaut, sondern mitten in der Innenstadt. 10 000 Quadratmeter Verkaufsfläche sind in der Entstehung. Insgesamt entstünden bis 2015 in der Stadt 600 Vollzeitarbeitsplätze, so die Betreiber. Ob Bad Münstereifel den Grafschafter Plänen gefährlich werden kann, hängt nach Ecostra-Meinung in erster Linie davon ab, welche Marken im Angebot sein werden und ob an Sonntagen geöffnet sein wird. Will: "Das sind entscheidende K.o.-Kriterien."

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