Einsatz in Afrika Grafschafter Ehepaar engagiert sich in Ruanda

GELSDORF · Judith Cramer und Axel Bornemann helfen mit, bilaterale Betriebs- und Lernpartnerschaften in Afrika aufzubauen. Die Grafschafter engagieren sich in einem Projekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

 Axel Bornemann (4.v.r.) mit den Tischlern, ihrem Vorgesetzten Joseph (5.v.l.) sowie Übersetzer Robert (3.v.r.) und dem Finanzchef Emmanuel (3.v.l.).

Axel Bornemann (4.v.r.) mit den Tischlern, ihrem Vorgesetzten Joseph (5.v.l.) sowie Übersetzer Robert (3.v.r.) und dem Finanzchef Emmanuel (3.v.l.).

Foto: Privat

Lehmböden, die nicht plan sind. Maschinen, die es kaum würdig sind, so genannt zu werden. Werkzeuge, deren Einsatz lebensgefährlich ist. Dazu offen verlegte 380-Volt-Starkstromleitungen.

Das ist die eine Seite der Medaille, die der Gelsdorfer Schreiner Axel Bornemann (49) bei seinem zweiwöchigen Besuch in Ruanda zu Gesicht bekam. Bedingungen, unter denen ein Arbeiten in Deutschland unvorstellbar wäre. Die andere Seite: Junge, freundliche, wissbegierige Menschen im „St. Joseph Integrated Technical College“ in Kigali-City, die dem Grafschafter Handwerker während seines 14-tägigen Aufenthaltes aufmerksam zuhören. Die raus aus dem Tagelöhner-Niveau wollen hinein in einen guten Beruf mit Perspektive.

Den Boden bereitet für seinen Aufenthalt im rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda hat Bornemanns Ehefrau Judith Cramer (47), Schreinermeisterin im gemeinsamen Betrieb „Holzwerk“ in Gelsdorf. Sie erhielt vor einem Jahr den Impuls, an einem Projekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (siehe Infokasten) in Kooperation mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) teilzunehmen. Gesucht: Meisterinnen aus dem Elektro-, Heizungs- und Sanitärbereich, aber auch Bauexpertinnen und eben Schreinerinnen. Ziel: Lern- oder Betriebspartnerschaften finden und Ideen zur Zusammenarbeit entwickeln. Nur wenige Wochen später saß Cramer mit sechs Frauen und GIZ-Mitarbeitern im Flieger nach Kigali, gebrieft mit vielen Infos des Botschafters der Republik Ruanda, der zum Kennenlernen nach Berlin eingeladen hatte. In einer Woche besuchten sie diverse Berufsbildungszentren mit angegliederten Werkstätten.

„Ruanda kennt nicht unser duales System“, so Cramer im GA-Gespräch. „Es gibt in der Schule die geballte Ladung Theorie, aber in der Praxis leider oft nur Theoretiker, die selbst noch nie in dem Beruf gearbeitet haben und daher nicht für die praxisnahe Ausbildung der jungen Menschen geeignet sind.“

So ist in dem afrikanischen Land, in dem das Durchschnittsalter bei 19 Jahren liegt, die Dienstleistung gefragt, aber es fehlt an Know-how und verbindlichen Standards. „Entweder haben die Menschen Geld und schicken ihre Kinder auf die Uni, was zu viele Akademiker hervorbringt. Oder aber sie bleiben immer auf dem Level des Tagelöhners ohne große Zukunftschancen. Die Mitte dazwischen, der man einen soliden Beruf ermöglicht, die fehlt.“

Hatte Cramer nach ihrer Rückkehr zwar viele neue Eindrücke, aber keine konkrete Idee im Gepäck, so fokussierte sie sich nach dem Nachtreffen ihrer Gruppe auf die praktische Berufsberatung in Workshops, die vor der Berufswahl-Entscheidung stattfinden. „Kurzzeiteinsätze, um diese Ideen in die Tat umzusetzen, werden akzeptabel honoriert. Was auch sein muss, wenn jeweils einer von uns in der Zeit in unserer Möbeltischlerei ausfällt“, so die Schreinermeisterin. Cramer wird Ende Mai alleine erneut für zwei Wochen aufbrechen, um 150 Kilometer westlich von Kigali sechs Workshops in einem Holzkompetenzzentrum auf einem Schulgelände mit Werkstätten abzuhalten.

Sie trifft in der ländlichen Region, in der „Kinyarwanda“ gesprochen wird und sie mit Englisch nicht weit kommt, mit Unterstützung diverser Assistenten wie Übersetzer auf 94 Schüler im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren. Mit den Älteren wird sie eine Garderobe bauen, mit den Jüngsten ein Holzbrettspiel. Fasziniert ist Cramer, „die mit Afrika nie irgend etwas zu tun hatte“, von der Offenheit und Herzlichkeit der Menschen.

„Man muss bedenken, dass die heute 13 Millionen Einwohner 1994 einen Völkermord erlebten, dem rund eine Million Menschen zum Opfer fielen.

Die Bürger der Republik Ruanda, das fest in autokratischer Hand ist, zeigen gute Ansätze für eine Versöhnungskultur und haben beispielsweise einen 60-prozentigen Frauenanteil im Parlament. Da können wir uns eine Scheibe von abschneiden.“

Auch ihr Mann, der von Gelsdorf aus in Deutschland parallel Netzwerke mit Handwerkskollegen knüpft und versucht, in Kigali eine Fertigungseinheit aufzubauen, mit der man produzieren und Geld einnehmen kann, geht den Weg weiter mit. „Die Menschen arbeiten unter wahnsinnig gefährlichen Bedingungen. Viele Produktionsschritte werden auf dem Boden hockend verrichtet oder die Arbeiter nutzen Glasscherben zur Oberflächenbearbeitung. Ich versuche, neue Maschinen zu organisieren. Sie sollten am besten mechanisch betrieben sein, mit wenig Elektronik“, so Bornemann.

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