Diskussion um Infrastruktur Seniorengerechtes Wohnen oder Discounter in Grafschaft?

GRAFSCHAFT · Kommunalpolitiker aus Grafschaft sind in der Zwickmühle. Zwei wichtige Projekte schließen sich möglicherweise gegenseitig aus. Die seniorengerechte Wohnanlage soll auf einem Grundstück errichtet werden, das wohl der einzige Alternativstandort für den Discounter Aldi ist.

 Uneins ist sich die Grafschafter Politik über den Standort des Einzelhandels: Im Dorf bleiben oder mit Aldi an den Kreisel ziehen, ist die Frage.

Uneins ist sich die Grafschafter Politik über den Standort des Einzelhandels: Im Dorf bleiben oder mit Aldi an den Kreisel ziehen, ist die Frage.

Foto: Martin Gausmann

Das geplante Einkaufszentrum am Innovationspark Rheinland beschäftigte den Grafschafter Haupt- und Finanzausschuss in seiner jüngsten Sitzung. Dabei wurde deutlich, dass die Kommunalpolitiker in einer Zwickmühle stecken, weil sich zwei wichtige Projekte möglicherweise gegenseitig ausschließen, zumindest aber direkte Auswirkungen aufeinander haben dürften.

Die gewünschte seniorengerechte Wohnanlage soll auf einem Grundstück im geplanten Baugebiet „Kreuzerfeld II“ in Ringen errichtet werden. Genau dieses Grundstück ist aber auch der wohl einzige Alternativstandort für den Discounter Aldi, wenn man gemeinsam mit Rewe doch noch von den Plänen Abstand nehmen sollte, am Beller Kreisel ein neues Einkaufszentrum zu errichten.

Bürgermeister Achim Juchem (CDU) erörterte die verzwickte Lage, als es um den Antrag der FWG ging, die Planungen zum Entwickeln von altersgerechten Wohnangeboten auf diesem bereits als Gemeinbedarfsfläche „Soziale Zwecke – Seniorenheim“ ausgewiesenen Grundstück konkret voranzutreiben. FWG-Fraktionschef Lothar Barth erklärte, die Umlegung des Baugebietes im Kreuzerfeld II sei weit fortgeschritten und Mittel für den Beginn der Erschließung im Haushaltsentwurf für 2020 eingestellt.

Deshalb beantragte die FWG, 10 000 Euro im Haushalt 2020 für eine externe Beratung zur zielgerichteten Entwicklung von altersgerechten Wohnangeboten auf dieser Gemeinbedarfsfläche einzustellen.

Juchem erinnerte daran, dass der Gemeinderat schon 2014 beschlossen habe, das fragliche Grundstück als Gemeinbedarfsfläche „Soziale Zwecke – Seniorenheim“ im Bebauungsplan auszuweisen und dies 2017 noch einmal bestätigt habe. Seither verhandle die Verwaltung im Rahmen eines Umlegungsverfahrens über den Erwerb der Flächen. Dafür seien auch Haushaltsmittel bereitgestellt worden, und die Verwaltung habe mittlerweile beim Katasteramt die „Zuteilung“ der Fläche beantragt. Mit dem bevorstehenden Abschluss des Umlegungsverfahrens könne die Gemeinde schon bald ins Eigentum der rund 5100 Quadratmeter großen Fläche kommen.

Doch mittlerweile habe sich die Sachlage verkompliziert. Ende 2018 habe der Discounter Aldi sein Interesse für einen Neubau gegenüber dem bisherigen Rewe-Standort in der Ringener Ortsmitte bekundet. Als einziges Grundstück hierfür komme eben jene Gemeinbedarfsfläche infrage. Käme dies zustande, wäre der geplante Umzug von Rewe an den Ortsrand wohl „gestorben“. Falls der Rat dies unterstütze, müsse der Bebauungsplan geändert werden, und die Gemeinde käme nicht mehr in den Genuss der Flächenzuteilung. Denn dies sei nur für eine sozialpolitisch bedeutende Gemeinbedarfsfläche möglich, nicht aber für eine Einzelhandelsfläche. Außerdem müsse dann ein neuer Standort für das altersgerechte Wohnen gesucht werden – nur wo?

„Wir müssen in der Sache vorankommen“, bemerkte Richard Horn (FWG) und bedauerte, dass man nun mal keine andere Fläche zur Verfügung habe. Klaus Huse (CDU) begrüßte den Antrag, „denn wir sind gefordert, Wohnangebote für Senioren zu schaffen.“ Allerdings wusste Ortsvorsteher Lothar Barth (FWG): „Uns fehlt die Vision, was genau dort entstehen soll.“ Er könne sich durchaus vorstellen, im Erdgeschoss einen Discounter und in den Obergeschossen eine Wohnnutzung zu haben. Deshalb plädierte er für eine Machbarkeitsstudie.

Hartmut Wüst (FDP) wiederum konnte nicht so recht verstehen, weshalb man gegen ein Einkaufszentrum mit Rewe und Aldi und weiteren Angeboten am Beller Kreisel sei. Für Hubert Münch (SPD) schien ohnedies klar zu sein: „Wenn man sich im Kreuzerfeld auf seniorengerechtes Wohnen festlegt, ist das Einkaufszentrum leichter durchzusetzen.“ Das sah auch Mathias Heeb (Grüne) ähnlich. Letztlich stimmte der Ausschuss einmütig für den Antrag der FWG, allerdings bei fünf Enthaltungen von SPD, Grünen und Lothar Barth. Das letzte Wort hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstag, 3. Dezember, ab 18 Uhr im Ringener Rathaus.

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