Von üppig bis reduziert Essener Künstler-Quartett zeigt Kunst in Remagen

REMAGEN · Ein Essener Künstler-Quartett ist mit Kunst in Kemenaten in Remagen zu Gast. Im Mittelpunkt stehen klare Sachen und Interpretationsspielräume.

 Ausstellung in Remagen: (von links) Jan Binder, Markus Koch, Fiona McLardy und Raimunde Grave.

Ausstellung in Remagen: (von links) Jan Binder, Markus Koch, Fiona McLardy und Raimunde Grave.

Foto: Martin Gausmann

Zusammengeballte Büstenhalter, aus denen grüne Plastikschläuche baumeln, gebügelte beschriftete Herrentaschentücher, an der Wand ausgebreitet zur Kreuzform, Malerei und ein frei hängendes wortreich besticktes Tuch – kann derart Disparates zu einer einzigen Ausstellung gehören?

Das muss bejaht werden. Die so sich zeigende Kunst stammt sogar von nur einer Künstlerin: Raimunde Grave. Sie, die Kollegen Jan Binder, Markus Koch sowie Fiona McLardy, zusammen die „Gruppe 5“ aus Essen, präsentieren im Künstlerforum Remagen ihre „Kemenate“-Ausstellung.

Alle vier erstellen darin ihre je eigene Kemenate, mitunter in recht privater Anmutung. „Ich liebe die Fülle“, erklärt Grave. Schmerz und Bindung befeuern ihr Schaffen. Sind ins BH-Objekt mit Schläuchen schmerzlich-schöne Erfahrungen, wie Geburt und Stillen, eingeflossen? „Dazu kann jeder seine eigene Geschichte finden“, sagt sie. Textiles und Worte sind oft der Stoff, aus dem sie schöpft. Wenn auf blütenweißem Gewebe „Strafe“ steht, auf dem Kinder-T-Shirt „Schweig“ und aus pinkfarbenem Tuch „Herzensgrüße aus der Dunkelheit“ aufsteigen, empfängt der Betrachter starke Impulse. In einer Raumecke versteckt Grave auch „Devotionalien“, die Locke eines ihrer Kinder etwa oder ein obskures Andachtskästchen mit Kreuzesnägeln und einem Plastik-Klickfernseher.

Auf andere Weise persönlich geht es bei Markus Koch zu. In seinem durch Tisch und Stuhl möbeltechnisch definiertem Raum gibt es eine delikate Fotoserie wundersam reduzierter Aufnahmen in seidigen Schwarz-Weiß-Abstufungen. Was der gebürtige Sauerländer jedoch in einem geliebten Bachtal mit familiär vielfältigen Bezügen aufnahm, wirkt lebendig in Form und Farbe. 

Vertraut mit dem Zen-Buddhismus, pflegt er zudem die asiatische Kunst, in der Natur Vorgefundenes zur meditativen Versenkung darzubieten, was ihm selbst mit einem Pflasterstein gelingt. Eine weitere Werkgruppe umfasst eigenwillige Abgüsse seiner Füße und in Beton gegossene Bücher. „Heute, wo Haltungen mehr zählen als Fakten, ist das Wissen eingeschlossen“, will Koch zeigen.

Großformatige Stadt- und Raumansichten steuert Fiona McLardy bei. Die Bilder in Öl und Ei-Tempera auf Leinwand halten den kleinen Flughafen in Mülheim an der Ruhr fest und ein wenig benutztes Innenhöfchen beim Klinikum Essen. McLardy verfremdet per Bündelung von Perspektiven, durch motivische Umkehrungen und Überlagerungen. Mit Leichtigkeit transportieren die grünlich-gelben luftig-flirrenden Bildwelten ihre Einladung „darin spazieren zu gehen“.

Jan Philip Binders Arbeit steht dagegen unter dem Eindruck der Street-Art. Seine Malerei prägen comic-artige Figuren. Grelle Farben dominieren und die Inhalte erscheinen verrätselt. Genau darin unterscheiden sie sich von den Darstellungen des Pop-Artisten Keith Haring. „Er wollte klare Sachen malen, ich will eher große Interpretationsspielräume eröffneten“, erläutert Binder.

Die Ausstellung in der Remagener Kirchstraße 3 ist bis 29. März, samstags und sonntags 15 bis 18 Uhr zu sehen.

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