Trinkwasserverunreinigung in Bad Neuenahr und auf der Grafschaft Entwarnung ist in Sicht

KREISSTADT/GRAFSCHAFT · "Wir müssen unseren Haushalt total neu organisieren. Die Situation nervt." Sabine Wach aus Birresdorf ist froh, wenn endlich Entwarnung gegeben wird und wieder frisches, sauberes Wasser aus den Wasserhähnen fließt. Das seit elf Tagen andauernde Abkochgebot strapaziert die Mutter eines vierjährigen Sohnes.

Damit steht sie nicht alleine da. Es ist nun fast zwei Wochen her, dass Verunreinigungen im Bad Neuenahrer und Grafschafter Trinkwasser festgestellt wurden. Wenngleich auch die Ursache inzwischen mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht, so lässt die Behebung des Schadens auf sich warten.

Kein Wunder: Mehr als 400 Kilometer Trinkwasserleitung müssen durchspült und desinfiziert werden. Zudem sind nach wie vor nicht alle gezogenen Proben einwandfrei. Auch am Montagabend konnte das Kreisgesundheitsamt keine Entwarnung und Aufhebung des Abkochgebotes vermelden.

Wenn sich der kleine Sebastian die Zähne putzt, dann steht Mutter Sabine Wach aufmerksam daneben. Nur abgekochtes Wasser darf auf die Zahnbürste des Vierjährigen. "Ohne Kontrolle kann das auch mal schiefgehen", weiß sie. In Sebastians Kindergarten hätten die Erzieherinnen den Kleinen das Dilemma erklärt. Allerdings werde inzwischen auf das nachmittägliche Schrubben der kleinen Milchzähne vollends verzichtet, um die Gefahr eines Bakterienbefalls zu vermindern.

"Trotzdem gibt es im Alltag unzählige Situationen, wo man ja dann doch mit dem verunreinigten Trinkwasser in Berührung kommt", so Sabine Wach. "Wenn man sich nach dem Toilettengang die Hände wäscht, hat man für die Hygiene nur wenig getan", erklärt sie. Die Zubereitung von Speisen sei ein großes Problem. Dass die für Samstag geplante Suppe "ins Wasser fiel", sei da noch das kleinste Problem.

Wach: "Man kann oftmals gar nicht so viel Wasser abkochen, wie man tatsächlich benötigt." In ihrem Drei-Personen-Haushalt könne das ja noch funktionieren, nicht aber in größeren Familien. Natürlich haben sich auch die Wachs in Birresdorf mit großen Wasserflaschen aus dem Discounter eingedeckt. Zwar arrangiere man sich mit der Situation, doch die Umständlichkeit, der Aufwand und die Sorge, es könne doch etwas passieren, gehe schon etwas an die Nerven.

"Alleine schon das Gefühl, dass man sich mit Fäkalien verunreinigtem Wasser duscht, trägt ja nicht gerade zum Wohlbefinden bei", so Sabine Wach. Und wie geht es mit dem Geschirrspülen? "Wir lassen ganz normal die Spülmaschine laufen", berichtet die Birresdorferin. Sie weiß, dass dabei nicht die E-coli-Bakterien abgetötet werden, weil dies erst bei einer Temperatur von 80 Grad erreicht wird. Ein Abkochen auch des Spülwassers bekomme die berufstätige Mutter aber nicht gestemmt.

Im evangelischen Kindergarten im Mehrgenerationenhaus in Bad Neuenahr kochen die Erzieherinnen ebenfalls mit Aufwand das Wasser ab, bevor es den Kleinen zum Zähneputzen zur Verfügung gestellt wird. Das funktioniere zwar, sei aber umständlich.

Keine Grenzwertüberschreitungen mehr

Bei der Trinkwasserverunreinigung gibt es seit Samstag erstmals keine bakteriellen Grenzwertüberschreitungen im gesamten Leitungsnetz mehr. Das hat das Gesundheitsamt am Montagabend gemeldet, nachdem die Laborergebnisse der Samstags-Proben ausgewertet waren. Die Laborproben von Sonntag und Montag lagen noch nicht vor.

Die Laborproben müssen zur Sicherheit noch an mehreren Tagen an allen der mehr als 50 Entnahmestellen den vorgeschriebenen Grenzwerten der Trinkwasserverordnung entsprechen.

Gleiches gilt für die Chlorung des 400 Kilometer langen Leitungsnetzes; sie muss in ausreichender Menge und Dauer flächendeckend nachgewiesen werden. Nur so kann ein Wiederaufkeimen der Bakterien vermieden werden.

Das bedeutet, dass das Gesundheitsamt frühestens in einigen Tagen grünes Licht geben und das Abkochgebot für die Bevölkerung aufheben kann. Bisher liegen mehr als 2200 Einzelergebnisse aus den Trinkwasserproben vor.

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