In der Wahlkabine Das Ausfüllen der Stimmzettel braucht seine Zeit

KREIS AHRWEILER · "Ganz schön viel Papier." Willi Busch aus Ahrweiler ist Briefwähler aus Überzeugung. Für ihn, einen von 246 Kandidaten auf der Kreistagsliste, stellt sich die Frage, die sich viele Wähler stellen: "Wie soll das einer in der Wahlkabine schaffen?" Denn je nach Kommune gibt es für die Wähler samt Europawahl bis zu sechs Stimmzettel.

 Nicht nur der Stimmzettel und Umschläge, auch der Farben gibt's gar viele.

Nicht nur der Stimmzettel und Umschläge, auch der Farben gibt's gar viele.

Foto: Günther Schmitt

Umgerechnet: ein Dreiviertel Quadratmeter Papier in den Farben von Rosa bis Blau, Grau oder Grün. Aufgedruckt: Hunderte von Namen in Listen fein säuberlich nebeneinander, wobei der Kreistagsstimmzettel mit 70 Mal 34 Zentimetern der größte ist.

Jungwähler in Rheinland-Pfalz profitieren durchaus von den Erfahrungen zu Hause. Denn wenn Sohn oder Tochter einmal den Berg an Wahlunterlagen auf dem Küchentisch gesehen haben, steht ihr künftiges Verhalten so ziemlich fest: Briefwahl statt Kabine.

Dass die Briefwahl immer mehr Gewicht bekommt, zeigt ein Blick auf die Kommunalwahlen der vergangenen 40 Jahre im Land. Gab es 1979 nur 10,1 Prozent Briefwähler, stieg die Zahl 1989 auf 17,8 Prozent, 1999 auf 19,5 Prozent, und 2009 waren es schon 28,9 Prozent. Die Statistiker des Landesamtes in Bad Ems rechnen mit einer weiteren Zunahme.

Denn auch die Wahlleiter in den jeweiligen Kreisen werben massiv für die Nutzung der Briefwahl. Der auf den ersten Blick unübersichtlich wirkende Wust an Unterlagen hat seinen Grund im Wahlsystem. Denn im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen können die Wähler in Rheinland-Pfalz nicht nur einer Liste ihr Kreuz geben, sondern auch von der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens Gebrauch machen.

"So kann jeder den wählen, den er kennt oder dem vertraut, von dem er weiß, dass er sich einsetzt", sind sich die Mandatsträger zwischen Rhein und Eifelhöhen durch die Bank einig. Und so kommt's, das auf der Gesamtheit der Stimmzettel zwischen 90 und 95 Kreuze möglich sind. Das eine Kreuz für die Europawahl nicht mitgerechnet.

Ein Selbstversuch zeigt, dass bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten und konzentriertem Wählen für das Ausfüllen aller Stimmzettel für den 25. Mai nichts unter zehn Minuten geht. Nur wer einfach Listen ankreuzt, ist schneller. "Auch ein Grund für Briefwahl", meint nicht nur Busch. Und: "Da kann man wählen, wenn man Zeit und Ruhe dafür hat. Das ist in Wahlkabinen schwierig."

Kleines Lexikon der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz

Listenwahl: Will ein Wähler nur einer Partei seine Stimme geben, kann er sein Kreuzchen in dem Kreis neben dem Parteinamen machen. Dann verteilen sich seine möglichen Stimmen auf jeden einzelnen Kandidaten auf der Liste.

Kumulieren: Der Wähler macht kein Kreuz neben dem Parteinamen, sondern kann seine oben auf dem Stimmzettel angeführten möglichen Kreuzchen auf die Kandidaten einer Partei verteilen. Dabei können bei einem Bewerber bis zu drei Kreuzchen gemacht werden. So kann zum Beispiel ein hinten Platzierter durchaus nach vorne kommen.

Panaschieren: Der Wähler kann ohne Rücksicht auf Parteien oder Gruppierungen quer durch alle Listen den Kandidaten entsprechend der vorgegebenen Höchstmenge an Stimmen bis zu drei Kreuzchen geben. Beispiel: Hat der Kreistag 46 Mitglieder, können auch 46 Kreuzchen gestreut werden.

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