Ratsentscheidungen in der Corona-Krise Stadtrat Bad Neuenahr-Ahrweiler überträgt Kompetenzen

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Der Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler hat wegen der Corona-Pandemie unter außergewöhnlichen Bedingungen getagt und beschlossen: Der Stadtrat überträgt Kompetenzen auf den kleineren Haupt- und Finanzausschuss.

Unter Wahrung von räumlichen Abständen und ausstaffiert mit Mundschutz tagten die Mitglieder des Bad Neuenahrer Stadtrates.

Unter Wahrung von räumlichen Abständen und ausstaffiert mit Mundschutz tagten die Mitglieder des Bad Neuenahrer Stadtrates.

Foto: Martin Gausmann

Bereits an den drei Eingangsportalen war schnell klar: Weder die Ratsmitglieder, die Verwaltungsmitarbeiter noch die Zuhörer erwartete eine normale Ratssitzung in Bad Neuenahr. Es galt sich mit Name und Anschrift in Listen einzutragen, Hände wurden desinfiziert, Mundschutzmasken wurden ausgeteilt. Im Ratssaal waren die Beratungstische so aufgestellt, dass die Mandatsträger ausreichenden Abstand voneinander hatten. Ein Stadtrat im Ausnahmezustand.

Entsprechend war die Thematik, die im Mittelpunkt der Beratungen stand: Der Stadtrat, höchstes Gremium einer Kommune und nach der Gemeindeordnung mit einer „Allzuständigkeit“ ausgestattet, sollte nach dem Vorschlag der Stadtverwaltung vorübergehend – nämlich bis Ende Juli – Entscheidungsbefugnisse auf den kleineren Haupt- und Finanzausschuss delegieren.

Mit dieser Selbstbeschränkung des Rates soll schnelle Handlungsfähigkeit in der Krisenzeit gewährleistet sein: Ein – mit Verwaltungsvertretern – 18-köpfiger Ausschuss könne in der Phase der Versammlungsverbote unter Wahrung aller Hygiene- und körperlicher Abstandsgebote besser und schneller agieren. Von vier Mandatsträgern abgesehen, sah dies auch die breite Mehrheit des Stadtparlamentes so. Die Kompetenzübertragung auf den Hauptausschuss wurde also vollzogen. Die Demokratie, die ihre Wurzeln im Lokalen hat, werde darunter nicht leiden, befand der Rat.

Linke, AfD und Wählergemeinschaft Jakobs sehen das anders

Das sahen Linke, AfD und die Wählergemeinschaft Jakobs anders: Sie sind im Hauptausschuss nicht vertreten. Zwar können sie an Sitzungen teilnehmen, haben aber kein Stimmrecht. „Das ist nicht im Sinne der Wähler“, so Marion Morassi (Linke) und Rainer Jakobs (Wählergruppe) im Gleichklang.

Bürgermeister Guido Orthen verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass mit einer Kompetenzübertragung mehr Demokratie praktiziert werde als mit Eilentscheidungen der Verwaltung, die ohne kommunalpolitische Beteiligung nach der Gemeindeordnung möglich wären. Zudem besitze der Stadtrat jederzeit ein Rückholrecht. Bedeutet: Das höchste Gremium der Stadt kann seine alleinige Entscheidungsgewalt wieder an sich ziehen.

„Es geht um ein Mehr an Schutz für menschliche Gesundheit und vielleicht Leben“, sagte Orthen. Und: „Ich bin kein Kind von Traurigkeit. Aber die Lage ist ernst.“ Das unterstrichen auch die Vertreter von CDU, SPD, Grünen, FWG und FDP. „Die Übertragung von Entscheidungsgewalt auf den Hauptausschuss bietet eine gute Lösung für schnelle Handlungsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtsituation“, befand Christoph Kniel (CDU).

Es gelte, staatliches Handeln und demokratische Strukturen in Funktion zu halten, ergänzte SPD-Fraktionschef Werner Kasel. Der Vorschlag der Verwaltung sei alternativlos. „Wir bleiben so beratungs- und entscheidungsfähig“, meinte Wolfgang Schlagwein von den Grünen. Rolf Deißler (FDP) warnte vor einem kommunalpolitischen Stillstand. Die Handlungsfähigkeit bleibe so gewährleistet.

Die Vertreterin der Linken, Marion Morassi, unterstrich indes, sie halte einen Stadtrat durchaus für „systemrelevant“. Die Sitzung zeige ja, dass der Stadtrat durchaus in der Lage sei, zu tagen.

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