Sorge um heimische Wirtschaft Bürgermeister von Ahrweiler schreibt Brandbrief nach Mainz

Bad Neuenahr. · Die heimische Wirtschaft befindet sich in einer bedrohlicher Situation. Guido Orthen, Bürgermeister der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, fordert in einem Brandbrief an den Mainzer Wirtschaftsminister einen Schutzschild für die vielen gesundheits- und erholungsorientierten Einrichtungen an Rhein und Ahr.

Ein Bild aus besseren Tagen: Bürgermeister Guido Orthen sorgt sich um die Ahr-Thermen und die heimische Wirtschaft.

Ein Bild aus besseren Tagen: Bürgermeister Guido Orthen sorgt sich um die Ahr-Thermen und die heimische Wirtschaft.

Foto: Martin Gausmann

Die heimische Wirtschaft steht kurz vor dem Kollaps. Einen eindringlichen Brief hat daher Guido Orthen, Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, an den rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Volker Wissing gesendet. In seiner Funktion als Vorsitzender der Sektion Heilbäder und Kurorte geht Orthen in seinem sechsseitigen Schreiben auf die gravierende Situation der Heilbäder und Kurorte, der Reha-Kliniken sowie des Beherbergungsgewerbes und der Gastronomie im Zuge des Corona-Managements ein und hat einen Forderungskatalog zusammengestellt.

„Die Existenz einer Vielzahl von Einrichtungen und Betrieben in unseren Orten ist bedroht“, erklärte Orthen. Aufgrund der Schließung vieler gesundheits- und erholungsorientierter Einrichtungen wie Thermen, Kurmittelhäuser, Trink- und Wandelhallen und ausfallender Veranstaltungen kämen enorme Fixkosten zusammen. Gleichzeitig entfielen die korrespondierenden Einnahmen aus Gästebeitrag, Tourismusbeitrag und Eintrittsgeldern. Darüber hinaus sei die Infrastruktur in Kurorten teurer als in anderen Orten. Die ambulanten Vorsorgemaßnahmen seien völlig zum Erliegen gekommen.

Vor dem Hintergrund, dass die Heilbäder und Kurorte mit 20 Prozent aller landesweiten Übernachtungen einen wesentlichen Anteil der Tourismuswirtschaft ausmachen, schlägt Orthen Maßnahmen im Rahmen eines Schutzschildes vor: Das Land soll 50 Prozent der entgangenen Einnahmen aus Gäste- und Tourismusbeitrag übernehmen, sich an den hohen Fixkosten der kurörtlichen Einrichtungen, insbesondere der Thermen und Schwimmbäder, beteiligen und die Wiederöffnung dieser Einrichtungen unter Schutzauflagen ermöglichen.

Für die Vorsorge- und Reha-Kliniken forderte Orthen eine Änderung der aktuellen politischen Rahmenbedingungen dahingehend, dass die Pauschalvergütung für leer stehende Betten erhöht wird und dass notwendige Operationen wieder aufgenommen werden können, um den Rehabilitationsbetrieb wieder zu aktivieren.

Gastronomie und Beherbergungsgewerbe hält der Kreis­stadt-Bürgermeister nicht nur für wesentliche Standbeine der rheinland-pfälzischen Wirtschaft. „Sie bringen gerade in den touristischen Regionen und Orten unseres Landes Wertschöpfungsketten in Gang, die für andere Branchen wie Weinwirtschaft, Einzelhandel, Handwerk und Kultur von eminenter Bedeutung sind“, schrieb er.

Die Hilfen des Bundes für diese Betriebe hält Orthen für „nicht hinreichend“. Um massenhafte Betriebsaufgaben von Familienunternehmen zu verhindern, sei eine „angemessene, auskömmliche sowie nicht rückzahlbare finanzielle Soforthilfe unabdingbar“. Und dies nicht nur für Betriebe mit bis zu zehn beziehungsweise 30 Mitarbeitern, sondern auch für Unternehmen mit mehr als 30 Mitarbeitern. Auch eine Mehrwertsteuersenkung nicht nur auf Speisen, sondern auch auf Getränke hält er für erforderlich.

Zum Thema „Wiederöffnung der Gastronomie und der Übernachtungsbranche“ sagte Orthen: „Die Schutzstandards sind mittlerweile eingeübt. Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, dass weiterhin wesentliche Betriebe ihrer Arbeit nicht nachgehen können.“

Er appelliert an Wissing: „Geben Sie unseren Betrieben eine klare Marschroute für einen Wiedereinstieg in die Arbeit. Entwickeln Sie mit Ihrem Haus einen klaren Zeitplan mit – selbstverständlich – den Gefahren des Virus Rechnung tragenden Schutzbestimmungen, damit Gastronomie, Hotellerie, Ferienwohnungsbetreiber, Jugendgästehäuser, Campingplatzbetreiber, die Winzerschaft und nicht zuletzt Vorsorge- und Reha-Kliniken in unserem Land eine Perspektive erhalten.“

Guido Orthen wünscht sich ein rechtes Maß an Vorsicht, aber auch Mut von den Entscheidungsträgern. „Angst war und ist kein guter Ratgeber für politische Entscheidungen.“

Orthen zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass er mit seinen Vorschlägen und Forderungen im rheinland-pfälzischen Wirtschafts-Ministerium offene Türen einrennt und es in Kürze konkrete Maßnahmen geben werde.

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