Konzert in Ahrweiler Brahms-Bass und Bravo-Rufe

AHRWEILER · Die japanische Geigen-Virtuosin Sayaka Shoji und junge Talente spielen in der ehemaligen Synagoge.

 AW Synagoge Villa Musica Sayaka Shoji

AW Synagoge Villa Musica Sayaka Shoji

Foto: Martin Gausmann

Romantik pur bot das Konzert der Stiftung „Villa Musica“ mit der japanischen Stargeigerin und Dozentin Sayaka Shoji in der ausverkauften ehemaligen Synagoge Ahrweiler. In aufsteigender Besetzungsgröße präsentierten sich alte Musikhasen an der Seite von Jungstipendiaten der Stiftung als organische Einheit, die das Publikum mit ihren tiefen Interpretationen begeisterte.

Unter den Augen der Ehrengäste des Abends, des japanischen Generalkonsuls Ryuta Mizuuchi und seiner Gattin Akemi begann das Konzert mit dem musikalischen Nachwuchs. Akihiro Takeda an der Violine, Julian Bachmann am Violoncello und Meri Tschabaschwili am Klavier boten eine Interpretation von Franz Liszts sinfonischer Dichtung „Orpheus“ in einer Bearbeitung von Camille Saint-Saëns.

Töne aus dem Nichts schlugen das eng gedrängt sitzende Publikum in ihren Bann, und der zweite Teil ergoss sich wie ein musikalischer Mahlstrom in die Synagoge. Mit Robert Schumanns Klavierquartett in Es-Dur op. 47 präsentierte sich erstmals der Star des Abends: Sayaka Shoji betrat den kleinen Bühnenraum mit ihrer originalen Stradivari aus dem Jahre 1729. Von Starallüren oder einem In-den-Vordergrund-Spielen konnte keine Rede sein. Sie nahm ihren Platz im Reigen der Musiker ein, was jedoch auch nicht bedeutete, dass sie nicht mit ihrem Instrument hörbar die Akzente setzte.

An der Viola präsentierte sich Stipendiatin Alba Gonzales. Nach dem ruhigen Prolog des Stückes, dessen Melodien noch häufig wiederkehren sollten, entstand eine zackige musikalische Treibjagd, die jedoch häufiger mal Luft holte, in denen das Publikum kurz vom Nicken und Füßewippen ausruhen konnte. Nicht so im zweiten Teil, einem Staccato-Wirbelwind, dem man fast schon einen jazzigen Drive unterstellen konnte.

So launig der zweite daherkam, so ergreifend war der dritte Satz mit seinen zahlreichen, durch die Instrumente wandernden Melodien. Das Finale gerierte sich als ausgelassene Erinnerung, die alle vorhergehenden Motive zusammenfasste.

Höhepunkt war das wuchtige Streichsextett Nr. 1 in B-Dur op. 18, mit dem 1860 der damals 26-jährige Johannes Brahms sein Debüt in diesem Kompositionssektor gegeben hatte. Der erste Satz, der in seiner Länge fast die Hälfte des gesamten Stückes ausmacht, schwelgte im Bass. Für Friedemann Jörns an der Viola und dem musikalischen Leiter der „Villa Musica“, Alexander Hülshoff, am Cello, die den Reigen der Musiker an diesem Abend komplettierten, waren dies offenbar die perfekten Tonlagen, um sich schnell warm zu spielen.

Mit viel Pathos kam der zweite Satz daher, so dass es fast schon einer Befreiung glich, als im dritten Satz die Bögen zu ausgelassenen ungarischen Weisen zu tanzen begannen. Doch auch der letzte Satz, ein Rondo, war wieder ganz dem Prinzip verschrieben, sich aus der Tiefe in melodische Höhen zu schrauben. Mit stehenden Ovationen, Bravo-Rufen und hörbarer Begeisterung feierte das Publikum die Musiker. Das Einzige, was am Ende fehlte, war eine Zugabe, die diesen perfekten Abend hätte abrunden können. Dennoch schien niemand nach diesem hochkarätigen Konzert unzufrieden nach Hause gegangen zu sein.

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