Zum 200-jährigen Jubiläum des Kreises Ahrweiler „Andere beneiden uns um unsere Region“

Ahrweiler · Landrat Jürgen Pföhler spricht im Interview zum 200-jährigen Jubiläum des Kreises Ahrweiler über das Arp Museum, den Berlin/Bonn-Beschluss und die Haribo-Ansiedlung.

Landrat Jürgen Pföhler

Landrat Jürgen Pföhler

Foto: AW Press

200 Jahre Kreis Ahrweiler. Vom Sibirien Preußens, in dem aus der Not heraus Winzer die erste Genossenschaft weltweit gründeten, zum Musterländle mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten im Land. Wo sehen Sie den Kreis heute?

Jürgen Pföhler: Unser wunderschöner Kreis gehört zu den starken Regionen mit hoher Lebensqualität. Mit unserem Schulbauprogramm, der Ehrenamts- und Vereinsförderung gehören wir zu den innovativsten Landkreisen in Rheinland-Pfalz. Unser breit aufgestellter Mittelstand ist ein Garant für Wirtschaftswachstum und zukunftssichere Arbeitsplätze. In vielen Bereichen sind wir Vorreiter. Beim Bürgerservice, der Kinder- und Familienfreundlichkeit, beim Umwelt- und Klimaschutz, im Sozialbereich und der Verkehrsinfrastruktur hat der Kreis große Fortschritte gemacht. Kurzum: Wir sind eine Region, um die uns viele andere beneiden.

Sie sind in der 200-jährigen Kreisgeschichte der erste urgewählte Landrat. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Pföhler: Seit dem Jahr 2000 haben die Bürger mir inzwischen dreimal ihr Vertrauen als Landrat ausgesprochen. Ein Amt, das ich mit viel Herzblut und Engagement ausübe. Das Motto meiner Wahl 2015 lautete „Weiter Kreis Aufwärts“. In diesem Sinne will ich unseren Kreis nach vorne bringen und die Zukunft gemeinsam mit den Menschen erfolgreich gestalten. Dies war und ist mein Amtsverständnis. Über 1000 Termine nehme ich im Jahr wahr. Mein Ziel ist dabei, Ansprechpartner aller Bürger zu sein. Nach meiner Meinung muss ein engagierter Landrat unter den Menschen sein. Deshalb besuche ich immer, wenn mein Kalender es zulässt, unsere Mitbürger, die vielen ehrenamtlich Tätigen und unsere Vereine. Vor Ort und im persönlichen Gespräch lässt sich oft vieles besser erfahren oder regeln als vom Schreibtisch aus.

Zu Beginn waren ja die Auswirkungen des Berlin/Bonn-Beschlusses abzufedern …

Pföhler: Es war der große Verdienst meines verstorbenen Vorgängers Landrat Joachim Weiler, dass es ihm gelungen ist, dass auch unser Kreis vom Berlin-/Bonn-Ausgleich profitieren konnte. Er hat die Weichen zum Beispiel für den Rhein Ahr Campus in Remagen, den Innovationspark Rheinland in der Gemeinde Grafschaft, die Europäische Akademie in Ahrweiler und wichtige Gewerbegebiete gestellt. Meine Aufgabe bestand in erster Linie darin, diese Projekte weiterzuentwickeln und weitere Ausgleichsgelder in den Kreis zu holen. Hierbei kam mir natürlich meine Erfahrung als Bonner Ministerialbeamter zugute. Ein dickes Brett war beispielsweise das Arp Museum, als das Land eigentlich kein Interesse mehr am Bau des Museums hatte. Die Initiative des General-Anzeigers, der Kontakt zum New Yorker Stararchitekten Richard Meier aufnahm, war sehr hilfreich und für mich Anlass, mich beharrlich für den Bau dieses Museums einzusetzen. Es hat sich gelohnt. Heute haben wir ein kulturelles Highlight mit internationaler Ausstrahlungskraft.

Ein anderes Projekt von internationaler Ausstrahlung ist sicher die Ansiedlung der Firma Haribo.

Pföhler: In der Tat, es handelt sich um die größte Firmenansiedlung im Kreis und Bundesland. Unser Kreis hat sich gegen andere attraktive Mitbewerber aus Nordrhein-Westfalen durchgesetzt. Dies ist ein starkes Signal auch für weitere Investoren, sich im nördlichen Rheinland-Pfalz anzusiedeln.

Wie sehen Sie die Zukunft des Nürburgrings?

Pföhler: Der Nürburgring ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und Publikumsmagnet. Wichtig ist jetzt, dass alle Beteiligten den Blick nach vorne richten, an einem Strang ziehen und wieder attraktive Großveranstaltungen an den Ring holen. Die berühmteste Rennstrecke der Welt braucht wieder gute Nachrichten.

A1 und die Umgehung Lohrsdorf sind im neuen Bundesverkehrswegeplan enthalten. Da waren dicke Bretter zu bohren.

PFÖHLER: Ich habe mich vom ersten Tag meiner Amtszeit an für beide Projekte eingesetzt. Jetzt haben wir es zusammen mit vielen hoch engagierten Mitstreitern vor Ort endlich geschafft, im Planungsprozess deutliche Fortschritte zu machen. Allerdings wird es immer noch Jahre dauern, bis die Projekte gebaut sind. Ich halte es für sehr bedauerlich, dass wichtige Infrastrukturprojekte bis zu ihrer Realisierung in Deutschland teilweise Jahrzehnte brauchen.

An welchen Themen bohren Sie aktuell?

Pföhler: Nahverkehrsplan, Vereins- und Ehrenamtsförderung, Kreisfinanzen, energetische Sanierung der Schulen, Sozialprojekte und die wieder aufgeflammte Bonn-/Berlin-Diskussion, um nur einige zu nennen. Das Spektrum der Aufgaben ist groß und wechselt ständig. Das ist für mich besonders reizvoll.

Was wollen Sie am Ende Ihrer Amtsperiode 2024 dem Kreis hinterlassen?

Pföhler: Eine vorausschauende Politik, welche die längerfristigen Entwicklungen des ganzen Kreises fest im Blick hat, hat für mich oberste Priorität. Wir müssen bereits heute die Weichen für die kommenden Jahrzehnte stellen. Das Leben in unseren Dörfern und Städten soll auch in Zukunft für alle Generationen attraktiv bleiben. Das gilt für sämtliche Bereiche und Lebensphasen. Wichtig ist, dass wir im gesamten Kreisgebiet gleichwertige Lebensverhältnisse haben, insbesondere in unseren Dörfern. Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, die Menschen, die Städte und Gemeinden und den Kreis weiter zusammenzuführen und nicht auseinander zu dividieren. Der Kreis ist mehr als die Summe aller Einzelinteressen. Der Wettbewerb der Regionen und Wirtschaftsstandorte wird nicht weniger. Meine Vision ist, dass unsere Heimat auch in Zukunft wirtschaftlich, sozial und ökologisch an der Spitze steht.

Und was wünschen Sie sich anlässlich des Jubiläums für die Bürger im AW-Land?

Pföhler: In diesen unruhigen Zeiten ist es wichtig, dass wir uns auf die demokratischen Grundwerte Frieden, Freiheit und Toleranz besinnen. Ich wünsche mir, dass unsere Mitbürger sich aktiv dafür einsetzen. Denn Demokratie lebt vom Mitmachen, damit unsere Heimat auch für die kommenden Generationen lebens- und liebenswert sein wird. Eine Schlüsselrolle kommt dem bürgerschaftlichen Engagement zu. Tausende Mitbürger setzen sich ehrenamtlich in den Feuerwehren und anderen Rettungsorganisationen, den sozialen und kirchlichen Einrichtungen sowie den Schützen-, Sport-, Heimat-, Musik- und Traditionsvereinen ein. Sie fördern unsere Orte, das Miteinander und die Gemeinschaft. Dieses Engagement ist im Wortsinne „unbezahlbar“. Das Ehrenamt ist das Fundament unseres gesellschaftlichen Lebens!

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